Untitled - Elternverein Baden-Württemberg
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CURRICULUM - TRANSITION - Ausbildung zum/r Übergangsbegleiter/in für frühkindliche Bildungsprozesse - Socrates Grundtvig 1.1 Projekt<br />
6. Modul „Alte Werte - Neue Wege“<br />
zeigen und sie unbeschadet ihrer Unterschiedlichkeit<br />
in ihrem strukturellen Zusammenhang<br />
darstellen.<br />
Zuerst einmal kann traditionelle Allgemeinbildung<br />
nur von einer auf Grundfragen menschlichen<br />
Lebens beruhenden zweckfreien<br />
Bildung getragen werden. Teilhabe an der<br />
Kultur kann nicht auf unreflektierter Tradition<br />
beruhen. Sie bedarf vielmehr des Lernens, der<br />
Kenntnisse, der Reflexion – mithin der Bildung. 4<br />
Dementsprechend wäre es ein Irrtum zu glauben,<br />
Erziehung müsste vor allem Wissen vermitteln.<br />
„Viel wichtiger, und zunehmend<br />
wichtiger wird es jedoch, mit der Unwissenheit<br />
umgehen zu können.“ 5<br />
Ein zweiter Aspekt der formale Bildung<br />
gründet sich in folgenden drei Bereichen:<br />
î Techniken der Planung von systematischer<br />
Arbeit zu beherrschen,<br />
î Kompetenzen zur Bewältigung von Problemen<br />
zu besitzen und<br />
î über exemplarische, d.h. zentral wichtige<br />
Informiertheit zu verfügen.<br />
Weiter hat Bildung pragmatisch auf Verwendungsbezüge<br />
und Weltorientiertheit ausgerichtetet<br />
zu sein. 6 In diesem Zusammenhang darf<br />
die Bewährung im tätigen Leben als das Wahrheitskriterium<br />
der Bildung gelten.<br />
Ein vierter Aspekt liegt in einer sozial orientierten<br />
Bildung, die immer in der Spannung zwischen<br />
Tradition und Kritik bzw. Bewahrung und<br />
Weiterführung steht.<br />
Darüber hinaus hat (Allgemein)bildung sicherlich<br />
immer auf Selbstbeherrschung und ethische<br />
Entscheidungsfähigkeit zu achten und<br />
hinzuarbeiten.<br />
Zusammenfassend kann daher festgehalten<br />
werden, dass Allgemeinbildung ein Gedankengut<br />
einschließt, das man selten für direkten<br />
Nutzen einsetzt, das einem aber<br />
erlaubt, Detailkenntnisse von transienter<br />
Bedeutung im Tagesgeschäft vernünftig<br />
einzusetzen. Ähnlich lautet auch die durchaus<br />
brauchbare lexikalische Definition: „Allgemeinbildung<br />
ist jener Teil der Bildung, der<br />
allen zukommt oder zukommen sollte, um<br />
jedem eine selbstständige und mitverantwortliche<br />
Teilnahme am gesellschaftlichen<br />
II. Themen<br />
Leben zu ermöglichen. Ziel ist die umfassende<br />
Förderung der im Menschen liegenden<br />
praktischen, emotionalen und geistigen<br />
Fähigkeiten.“ 7<br />
Aus dem zuletzt gesagten ergibt sich nahezu<br />
zwingend, dass Allgemeinbildung (immer<br />
wieder) neu definiert werden muss. Eine Argumentation,<br />
die auch in den Überlegungen<br />
von Wolfgang Klafki (dem Doyen der wissenschaftlichen<br />
Beschäftigung mit Allgemeinbildung)<br />
immer wieder auftaucht. 8<br />
Schon 1980 formulierte übrigens Heinrich Roth<br />
auf dem Bildungskongress der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft 9 in seiner kritischen<br />
Bewertung der damaligen bildungspolitischen<br />
Situation: „Was Allgemeinbildung<br />
heißen kann, muss und wird neu entdeckt<br />
werden.“ 10<br />
Überaus detailreich analysiert Theodor Wilhelm<br />
seine Überlegungen zur Allgemeinbildung; sie<br />
setzt voraus,<br />
î dass man nicht alles zu wissen braucht,<br />
aber ein weiter Gesichtskreis zur Verfügung<br />
steht;<br />
î dass dieser Gesichtskreis auch die Zukunft<br />
umfasst und dass man sich für diese<br />
Zukunft verantwortlich weiß;<br />
î dass hochrangige berufliche Spezialisierung<br />
die Empfänglichkeit für anderes nicht<br />
verschließt;<br />
î dass das Bedürfnis, alles immer noch einmal<br />
zu überdenken, nicht erloschen ist,<br />
und dass man sich dazu die nötige Zeit<br />
nimmt;<br />
î dass man in der Lage ist, das Einzelne in<br />
den Zusammenhang des Ganzen zu stellen;<br />
î dass man über dem Sehen und Hören das<br />
Fragen nicht vergisst;<br />
î dass man sich nicht geniert, Nichtwissen<br />
zuzugeben;<br />
î dass man sich nicht zu gut ist, immer wieder<br />
zu den elementaren Fragen zurückzukehren;<br />
î dass man tolerant ist gegenüber der Meinung<br />
anderer, daher auch neugierig, sie<br />
zu erfahren;<br />
4 Fuhrmann, p. 28f.<br />
5 Treml, p. 536<br />
6 vgl. Messner, p. 403f.<br />
7 Bibliographisches Institut F. A. Brockhaus AG<br />
8 Ein unverzichtbares Element ist, dass sie jedem ermöglichen muss, selbstbestimmt leben zu können. Und prinzipiell muss es einen Kern geben, der alle<br />
verbindet.<br />
9 GEW = Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (im deutschen Gewerkschaftsbund)<br />
10 Roth, p. 7-11