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Untitled - Elternverein Baden-Württemberg

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68<br />

CURRICULUM - TRANSITION - Ausbildung zum/r Übergangsbegleiter/in für frühkindliche Bildungsprozesse - Socrates Grundtvig 1.1 Projekt<br />

3. Modul<br />

„Entwicklungspsychologische Ansätze”<br />

nen Gefühle. Alle ersten Erfahrungen sind körpernahe<br />

Vorgänge, die gesamte spätere Entwicklung<br />

des Selbstgefühls, des Selbstbewusstseins<br />

und des Selbstwertgefühls nehmen<br />

ihren Ursprung in diesen ersten Körpererfahrungen.<br />

Unsere frühesten Erinnerungen sind im<br />

Körper gespeicherte Erinnerungen und unser<br />

ursprüngliches Selbst ist zunächst immer ein<br />

Körperselbst. Aus ihnen heraus bilden sich<br />

nacheinander ein Körper-Ich und ein Körperschema<br />

heraus.<br />

Lignov beschreibt auch ein pränatales Körperselbst.<br />

Das Kind im Mutterleib spürt und hört<br />

den Herzschlag der Mutter und ihre Stimme,<br />

sowie die Stimmen anderer Menschen und<br />

Tiere. Es vernimmt Geräusche ihres Körpers<br />

beim Verdauen, Schnarchen, Lachen etc., es<br />

ist nicht beunruhigt, denn seine Anpassung<br />

haben diese mit berücksichtigt.<br />

Die aktuellen Forschungsergebnisse Alessandra<br />

Piontellis beweisen, dass es ein erstaunlich<br />

differenziertes vorgeburtliches Erleben gibt,<br />

bis hin zum Empfinden dafür, ob ein Kind richtig<br />

und willkommen ist oder nicht. Diese Studie<br />

erhärtet Sterns Grundannahmen zur differenzierten<br />

Lebenserfahrung des Säuglings.<br />

Stern misst dem Säugling bereits unmittelbar<br />

nach der Geburt verschiedene Fähigkeiten zu,<br />

die in seiner frühesten Wahrnehmungswelt für<br />

Ordnung sorgen: vor allem die amodale Wahrnehmung<br />

und das Eintauchen in die Vitalitätsaffekte.<br />

Säuglinge verfügen über eine angeborene<br />

generelle Fähigkeit, Wahrnehmungen<br />

oder Informationen, die über verschiedene<br />

Sinneskanäle aufgenommen werden, miteinander<br />

in Beziehung zu setzen und zu vergleichen.<br />

Dies bezeichnet Stern als amodale oder<br />

transmodale Wahrnehmung. Die exakte Beobachtung<br />

dieses Phänomens hat frühere Vorstellungen<br />

über angeborene Fähigkeiten des<br />

Säuglings revolutioniert. Der Säugling hat<br />

sogar Wahrnehmungserwartungen im Sinne<br />

von „Richtig“ oder „Nicht Richtig“.<br />

Er reagiert unmittelbar, wenn er etwas als nicht<br />

stimmig erlebt. Durch diese transmodale Wahrnehmungsfähigkeit<br />

des Säuglings, mit der er<br />

verschiedene Merkmale von Menschen und<br />

Dingen wie Form, Bewegung, Gestalt, Rhythmus,<br />

u.a. als global registriert, lebt er in der<br />

Einheit der Sinne. Sein Erleben ist von Ganz-<br />

II. Themen<br />

heit geprägt. Dies schließt auch sein Empfinden<br />

für kategoriale oder diskrete Affekte wie<br />

Freude, Trauer, Zorn, Angst, Ekel usw. ein.<br />

Er empfindet zusätzlich Erlebnisqualitäten, die<br />

Stern Vitalitätsaffekte nennt. Dies meint die Aktivierungs-<br />

oder Intensitätskonturen seiner<br />

Welt, die genaue Stärke oder feinfühliger noch,<br />

die Tönung und Farben seiner Empfindungen.<br />

Sein Gefühlsleben ist dadurch bereits in hohem<br />

Maße differenziert.<br />

Das auftauchende Selbstempfinden bedeutet,<br />

dass Säuglinge aufgrund sich wiederholender<br />

spürbarer Strukturen im Wahrnehmungs- und<br />

Affektbereich in sich und der Außenwelt zusammenhängende<br />

Gefüge, Regelmäßigkeit<br />

und gleichartige Konstellationen entdecken und<br />

dass dadurch ein Gefühl von auftauchender<br />

Ordnung entsteht. Diese Regelmäßigkeiten<br />

sind das Fundament des auftauchenden<br />

Selbstempfindens.<br />

Es gibt also keine anfängliche Hör-, Seh-, Körper-<br />

und Fühlwelt, die im Laufe der Entwicklung<br />

seiner Einheit koordiniert werden muss, sondern<br />

eine ganzheitlich erlebte Welt, die sich im<br />

Laufe der Erfahrungen in viele einzelne unterschiedliche<br />

Welten aufgliedert. Die früheste Erlebniswelt<br />

des Säuglings ist nicht undifferenziert<br />

oder chaotisch, sondern in einer empfundenen<br />

Ganzheit und Richtigkeit. Es bleibt außerhalb<br />

des bewussten Gewahrseins und ist<br />

absolut präreflexiv und bewegt sich auf der<br />

Ebene unmittelbaren Erlebens.<br />

Das frühkindliche Erleben ist einheitlicher und<br />

globaler. Den Säugling kümmert es nicht, in<br />

welchem Bereich seine Erfahrungen auftreten.<br />

Er nimmt Empfindungen, Wahrnehmungen, Aktionen,<br />

Kognitionen, innere motivationale und<br />

Verhaltenszustände unmittelbar wahr. Als Intensität,<br />

Form-, Zeitmuster, als Vitalitätsaffekte,<br />

kategoriale Affekte, Lust oder Unlust. Bis in die<br />

Grundelemente des frühkindlichen subjektiven<br />

Erlebens. Alle Erfahrungen werden zu strukturierten<br />

Konstellationen sämtlicher Grundelemente<br />

des subjektiven Erlebens umgeformt.<br />

Die Ergebnisse der Säuglingsforschung über<br />

die ersten Lebenswochen des Säuglings widerlegen<br />

auch die Vorstellung von der Existenz<br />

eines normalen infantilen Autismus wie ihn<br />

Margret Mahler konzipiert hat. Der Säugling ist

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