Untitled - Elternverein Baden-Württemberg
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CURRICULUM - TRANSITION - Ausbildung zum/r Übergangsbegleiter/in für frühkindliche Bildungsprozesse - Socrates Grundtvig 1.1 Projekt<br />
3. Modul<br />
„Entwicklungspsychologische Ansätze”<br />
nen Gefühle. Alle ersten Erfahrungen sind körpernahe<br />
Vorgänge, die gesamte spätere Entwicklung<br />
des Selbstgefühls, des Selbstbewusstseins<br />
und des Selbstwertgefühls nehmen<br />
ihren Ursprung in diesen ersten Körpererfahrungen.<br />
Unsere frühesten Erinnerungen sind im<br />
Körper gespeicherte Erinnerungen und unser<br />
ursprüngliches Selbst ist zunächst immer ein<br />
Körperselbst. Aus ihnen heraus bilden sich<br />
nacheinander ein Körper-Ich und ein Körperschema<br />
heraus.<br />
Lignov beschreibt auch ein pränatales Körperselbst.<br />
Das Kind im Mutterleib spürt und hört<br />
den Herzschlag der Mutter und ihre Stimme,<br />
sowie die Stimmen anderer Menschen und<br />
Tiere. Es vernimmt Geräusche ihres Körpers<br />
beim Verdauen, Schnarchen, Lachen etc., es<br />
ist nicht beunruhigt, denn seine Anpassung<br />
haben diese mit berücksichtigt.<br />
Die aktuellen Forschungsergebnisse Alessandra<br />
Piontellis beweisen, dass es ein erstaunlich<br />
differenziertes vorgeburtliches Erleben gibt,<br />
bis hin zum Empfinden dafür, ob ein Kind richtig<br />
und willkommen ist oder nicht. Diese Studie<br />
erhärtet Sterns Grundannahmen zur differenzierten<br />
Lebenserfahrung des Säuglings.<br />
Stern misst dem Säugling bereits unmittelbar<br />
nach der Geburt verschiedene Fähigkeiten zu,<br />
die in seiner frühesten Wahrnehmungswelt für<br />
Ordnung sorgen: vor allem die amodale Wahrnehmung<br />
und das Eintauchen in die Vitalitätsaffekte.<br />
Säuglinge verfügen über eine angeborene<br />
generelle Fähigkeit, Wahrnehmungen<br />
oder Informationen, die über verschiedene<br />
Sinneskanäle aufgenommen werden, miteinander<br />
in Beziehung zu setzen und zu vergleichen.<br />
Dies bezeichnet Stern als amodale oder<br />
transmodale Wahrnehmung. Die exakte Beobachtung<br />
dieses Phänomens hat frühere Vorstellungen<br />
über angeborene Fähigkeiten des<br />
Säuglings revolutioniert. Der Säugling hat<br />
sogar Wahrnehmungserwartungen im Sinne<br />
von „Richtig“ oder „Nicht Richtig“.<br />
Er reagiert unmittelbar, wenn er etwas als nicht<br />
stimmig erlebt. Durch diese transmodale Wahrnehmungsfähigkeit<br />
des Säuglings, mit der er<br />
verschiedene Merkmale von Menschen und<br />
Dingen wie Form, Bewegung, Gestalt, Rhythmus,<br />
u.a. als global registriert, lebt er in der<br />
Einheit der Sinne. Sein Erleben ist von Ganz-<br />
II. Themen<br />
heit geprägt. Dies schließt auch sein Empfinden<br />
für kategoriale oder diskrete Affekte wie<br />
Freude, Trauer, Zorn, Angst, Ekel usw. ein.<br />
Er empfindet zusätzlich Erlebnisqualitäten, die<br />
Stern Vitalitätsaffekte nennt. Dies meint die Aktivierungs-<br />
oder Intensitätskonturen seiner<br />
Welt, die genaue Stärke oder feinfühliger noch,<br />
die Tönung und Farben seiner Empfindungen.<br />
Sein Gefühlsleben ist dadurch bereits in hohem<br />
Maße differenziert.<br />
Das auftauchende Selbstempfinden bedeutet,<br />
dass Säuglinge aufgrund sich wiederholender<br />
spürbarer Strukturen im Wahrnehmungs- und<br />
Affektbereich in sich und der Außenwelt zusammenhängende<br />
Gefüge, Regelmäßigkeit<br />
und gleichartige Konstellationen entdecken und<br />
dass dadurch ein Gefühl von auftauchender<br />
Ordnung entsteht. Diese Regelmäßigkeiten<br />
sind das Fundament des auftauchenden<br />
Selbstempfindens.<br />
Es gibt also keine anfängliche Hör-, Seh-, Körper-<br />
und Fühlwelt, die im Laufe der Entwicklung<br />
seiner Einheit koordiniert werden muss, sondern<br />
eine ganzheitlich erlebte Welt, die sich im<br />
Laufe der Erfahrungen in viele einzelne unterschiedliche<br />
Welten aufgliedert. Die früheste Erlebniswelt<br />
des Säuglings ist nicht undifferenziert<br />
oder chaotisch, sondern in einer empfundenen<br />
Ganzheit und Richtigkeit. Es bleibt außerhalb<br />
des bewussten Gewahrseins und ist<br />
absolut präreflexiv und bewegt sich auf der<br />
Ebene unmittelbaren Erlebens.<br />
Das frühkindliche Erleben ist einheitlicher und<br />
globaler. Den Säugling kümmert es nicht, in<br />
welchem Bereich seine Erfahrungen auftreten.<br />
Er nimmt Empfindungen, Wahrnehmungen, Aktionen,<br />
Kognitionen, innere motivationale und<br />
Verhaltenszustände unmittelbar wahr. Als Intensität,<br />
Form-, Zeitmuster, als Vitalitätsaffekte,<br />
kategoriale Affekte, Lust oder Unlust. Bis in die<br />
Grundelemente des frühkindlichen subjektiven<br />
Erlebens. Alle Erfahrungen werden zu strukturierten<br />
Konstellationen sämtlicher Grundelemente<br />
des subjektiven Erlebens umgeformt.<br />
Die Ergebnisse der Säuglingsforschung über<br />
die ersten Lebenswochen des Säuglings widerlegen<br />
auch die Vorstellung von der Existenz<br />
eines normalen infantilen Autismus wie ihn<br />
Margret Mahler konzipiert hat. Der Säugling ist