Untitled - Elternverein Baden-Württemberg
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CURRICULUM - TRANSITION - Ausbildung zum/r Übergangsbegleiter/in für frühkindliche Bildungsprozesse - Socrates Grundtvig 1.1 Projekt<br />
8. Modul „Netzwerkarbeit”<br />
Soziales Management: Vertrauen als Modus<br />
der Steuerung<br />
Beziehen sich Netzwerk-Figuren zunächst auf<br />
die interaktiven, auch inter-organisatorischen<br />
Außenrelationen im föderativen Verbund frei<br />
verbundener Akteure, so lässt sich dieses Relationsprinzip<br />
der föderativen Assoziation auch<br />
auf die inneren Relationsmuster von Kooperations-<br />
und Relationsprozessen übertragen.<br />
Dies wird gerade dann erforderlich, wenn die<br />
Komplexität des Wertens und Wissens sich<br />
nicht durch starre Schaltung und feste Koppelung<br />
reduzieren soll, sondern Lernprozesse der<br />
Reflexivität eröffnet werden müssen.<br />
Anders als in den geschlossenen „Apparaten”,<br />
worin sich die reduktiven Medien von Geld- und<br />
Machtbeziehungen durchschlagend („transitiv“)<br />
durchsetzen, können wir die Wirksamkeit offener<br />
Netze besonders beobachten im Dritten-<br />
Sektor selbstorganisierten Engagements, wo<br />
für die Bedürfnisse, aber auch die Handlungsbereitschaften<br />
aller Beteiligten ein besonders<br />
sensibles Wissen gefordert ist und zugleich für<br />
das dabei geforderte Engagement der Akteure<br />
ein reflexiver Umgang mit Wertfragen geboten<br />
ist.<br />
Eine Besonderheit des „Dritten Sektors“ ergibt<br />
sich auch aus dessen spezifischer Personalstruktur<br />
eines kooperativen Netzes von Hauptund<br />
Ehrenamtlichen, während die starre Schaltung<br />
bürokratisch geschlossener Apparate eher<br />
fest beamtetes oder angestelltes Personal voraussetzt,<br />
das sich voll in ihre Funktionsrollen<br />
einbinden lässt. Max Weber hat dies idealtypisch<br />
am bürokratischen Berufsbeamten verdeutlicht,<br />
dessen perfekte Berechenbarkeit von<br />
allen personalen Momenten abstrahieren muss<br />
und ohne alles persönliche Engagement und<br />
Interesse („sine ira et studio“) in klar vorgegebener<br />
Rollenspur zu spuren hat. So etwas<br />
schien – nach Max Weber – über ehrenamtliches<br />
„Honoratiorentum“ nicht durchsetzbar.<br />
„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ – diktierte<br />
zu gleicher Zeit W.I.Lenin das Kaderprinzip<br />
für Berufsrevolutionäre. Aber: Offene Netze<br />
können sich nicht wie Apparate voll verlassen<br />
auf die Kontrollsicherheit geschlossener Belegschaften.<br />
Vielmehr ist das Defizit an Präsenz-Kontrolle<br />
zu kompensieren durch<br />
vertrauensbildende Transparenz – auch über<br />
zeitliche und räumliche Distanzen. „Netzwerke<br />
bilden sich auf der Basis von konditionierter<br />
Vertrauenswürdigkeit. Sie ersetzen auf diese<br />
Weise die Sicherheit, die ein Organisationssystem<br />
in der Mitgliedschaft seiner Mitglieder<br />
findet.“ (Luhmann, Organisation und Entscheidung<br />
2000: 408)<br />
In den Netzwerken des „Dritten Sektors“ muss<br />
somit die Rücknahme funktionaler Kontrolle<br />
durch Vertrauen aufgewogen werden. Kritiker<br />
relativieren dies zwar als „funktionalen Dilettantismus“.<br />
Ehrenamtliche verstehen sich selbst wohl lieber<br />
im Sinne ihrer ital. Bezeichnung als „dilettanti“<br />
(von „dilettare“ = sich freuen). Dabei<br />
erscheint als Grund dieser Freude jene „extrafunktionale<br />
Freiheit“, über welche Autonomie<br />
zum Grund freien Engagements werden kann.<br />
Freiheit aber eröffnet sich eher in offenen Netzwerken<br />
als in geschlossenen Organisationen.<br />
Wo aber funktionale Kontrolle nicht greift, - oder<br />
auch in ihrer Komplexitätsverweigerung zu unbeweglich<br />
wird, muss Steuerung umgestellt<br />
werden von funktionaler Kontrolle auf personales<br />
Vertrauen.<br />
Netzwerke sind stärker auf Vertrauen angewiesen<br />
als Apparate; aber sie bieten zugleich auch<br />
soziale Arrangements, welche Vertrauen stärken<br />
und fördern können. Vertrauen gründet auf<br />
Vertrautheit und entsprechend fordern soziale<br />
Netze vertrauensbildende Nähe. Nähe ist gegeben<br />
in der sozialräumlichen Verbundenheit<br />
„vor Ort” (Kommunalität) oder in der bindenden<br />
Verbindlichkeit eines gemeinsamen Sinns<br />
(Konfessionalität, Pluralität), aber auch in der<br />
Betroffenheit gemeinsamer Problem- und Konfliktlagen<br />
(Solidarität).<br />
Als vertrauensbildendes Medium sozialer Vernetzung<br />
entwickeln sich gerade die informalen<br />
Beziehungen, wie sie sonst aus der funktionalen<br />
Organisation systematisch herausgehalten<br />
werden: „Denn der Begriff des Netzwerkes ist<br />
nicht vorweg schon durch formale Organisation<br />
definiert, sondern eher durch eine Art Vertrauen,<br />
das sich auf erkennbare Interessenlagen<br />
und wiederholte Bewährung stützt.<br />
Während die offizielle Darstellung der Organisation<br />
dazu tendieren wird, das formale Gerüst<br />
der Kompetenzen und Dienstwege dafür anzu-<br />
III. Methoden 167