89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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6342 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Zehetmair (Wissenschaftsministerium):<br />
Herr Präsident, Hohes Haus, Herr Kollege Boutter! Der<br />
Botanische Garten der Universität Würzburg besitzt eine<br />
1972 angelegte Systemanlage, die derzeit aus folgenden<br />
Gründen abgebaut wird:<br />
Erstens. Der wissenschaftliche Nutzen von Systemanlagen<br />
ist heute zunehmend umstritten. Traditionell dienen<br />
Systemanlagen in Botanischen Gärten dazu, Verwandtschaftsbeziehungen<br />
zwischen Pflanzenarten und ihre<br />
Stammesgeschichte sichtbar zu machen. Verschiedenartige<br />
Pflanzen werden dabei entsprechend ihrer systematischen<br />
Verwandtschaft angeordnet.<br />
Durch die modernen Methoden der Molekularbiologie<br />
werden heute laufend neue Erkenntnisse zu den stammesgeschichtlichen<br />
Zusammenhängen gewonnen.<br />
Diese Entwicklung vollzieht sich so rasant, dass jede<br />
Systemanlage innerhalb kurzer Zeit veraltet ist und<br />
allenfalls noch historischen Wert besitzt. Entsprechend<br />
ist die Würzburger Systemanlage inzwischen in der<br />
Lehre nicht mehr nachgefragt.<br />
Zweitens. Systemanlagen sind wegen der Vielseitigkeit<br />
ihrer Bestände äußerst arbeits- und pflegeintensiv. Die<br />
Würzburger Systemanlage bindet im Sommer zwei Gärtner.<br />
Im Rahmen des allgemeinen Stellenabbaus hat der<br />
Botanische Garten in den vergangenen fünf Jahren zwei<br />
Gärtnerstellen abgeben müssen. Dabei wurde der vergleichsweise<br />
hohe Anteil, den der Botanische Garten<br />
innerhalb der Fakultät für Biologie an technischen Mitarbeiterstellen<br />
besitzt, berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund<br />
und im Hinblick auf die gesunkene Bedeutung der<br />
Systemanlage für Forschung und Lehre hat die Leitung<br />
des Gartens entschieden, auf die pflegeintensive Anlage<br />
zu verzichten. Anstelle der Systemanlage wird künftig<br />
ein Staudengarten angelegt. Dieser wird nach Auffassung<br />
des Leiters des Botanischen Gartens für die Öffentlichkeit<br />
mindestens so attraktiv werden wie die bisherige<br />
Anlage.<br />
Die Staatsregierung sieht im Übrigen keine Möglichkeit,<br />
die im Rahmen des allgemeinen Stellenabbaus eingezogenen<br />
Gärtnerstellen wieder zu ersetzen.<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage? – Herr<br />
Kollege Boutter.<br />
Boutter (SPD): Herr Staatsminister, Sie haben soeben<br />
gesagt, dass die Anlage eines Staudengartens der<br />
Ersatz sein solle. An mich ist herangetragen worden,<br />
dass die Systemanlage nicht nur für die Lehre, sondern<br />
auch für die Besucher sehr hohen Stellenwert hatte, was<br />
insbesondere für Schulklassen und so weiter zutreffe.<br />
Deckt die Staatsregierung die Meinung, dass die Systemanlage<br />
auf Dauer verschwinden soll und ein Staudengarten<br />
ein adäquater Ersatz sein kann?<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Zehetmair (Wissenschaftsministerium):<br />
Herr Präsident, Hohes Haus, Herr Kollege Boutter, wir<br />
haben aufgrund Ihrer Anfrage noch einmal Rückfrage<br />
bei der Universität, der Fakultät und beim Leiter des<br />
Botanischen Gartens gehalten. Es handelt sich um eine<br />
wissenschaftliche Einrichtung, die vielen Menschen<br />
Freude macht und die wir auch nicht aufgeben. Da die<br />
Systemanlage als wissenschaftliche Anlage überholt ist,<br />
weil die Kurzlebigkeit von Erkenntnisprozessen immer<br />
knapper wird, kann der Wissenschaftsminister nicht eingreifen.<br />
Ich bin der festen Überzeugung, dass der Staudengarten<br />
den Leuten genauso gefallen wird. Fachleute<br />
sagen, dieser sei mindestens so attraktiv. Wie soll ich<br />
also eingreifen? – Ich denke, es ist sachgerecht.<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Zusatzfrage:<br />
Herr Kollege Boutter.<br />
Boutter (SPD): Herr Staatsminister, ich habe eine<br />
zweite Frage. Die Vorwürfe der Bevölkerung und der Mitarbeiterschaft<br />
der Universität lauten auch, dass beispielsweise<br />
in München an die hundert Gärtnerstellen<br />
geschaffen wurden und erhalten blieben, auf dem „flachen<br />
Lande“ die Stellen aber abgebaut würden. Wie<br />
beurteilen Sie die Tatsache, dass sich die Schere immer<br />
weiter öffnet?<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Zehetmair (Wissenschaftsministerium):<br />
Ich glaube, man kann klipp und klar sagen, dass sich die<br />
Schere nicht auseinanderentwickelt. Das Hohe Haus hat<br />
den Haushalt verabschiedet, nachdem ich gemäß Artikel<br />
6 b des Bayerischen Haushaltsgesetzes und dem<br />
20-Punkte-Programm verpflichtet bin, mit Ausnahme<br />
bestimmter Lehrstühle Kürzungen vorzunehmen. Wir<br />
haben erreicht, dass die Universitäten und Hochschulen<br />
im Rahmen ihres zu erbringenden Kontingents entscheiden<br />
können, woher sie die einzelnen Stellen nehmen. Es<br />
war die Entscheidung der Würzburger Universität und<br />
der einschlägigen Fakultäten, den Abbau der technischen<br />
Stellen vorzuschlagen und vorzunehmen. Sie<br />
könnten auch wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche<br />
Stellen opfern.<br />
Die Flexibilität gestaltet sich in München ebenso wie in<br />
Würzburg und anderswo. Es trifft nicht zu, dass München<br />
eine einzige neue Stelle schaffen konnte. Es gibt<br />
absolute Gleichbehandlung. Entsprechend der Größe<br />
der LMU muss diese absolut weit mehr Stellen einsparen<br />
als die im Verhältnis dazu kleinere Universität Würzburg.<br />
Ungeschoren kommt keiner davon. Es sei denn,<br />
der <strong>Landtag</strong> würde mir diese Kürzungen ersparen.<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der nächste Fragesteller<br />
ist Herr Kollege Hufe. Bitte schön.<br />
Hufe (SPD): Herr Staatsminister! Wie beurteilt die<br />
Staatsregierung die Forderung der neuen Nürnberger