89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode 6387<br />
– Es sieht doch jeder, dass er gerade in ein Gespräch<br />
vertieft ist.<br />
Ich rufe auf:<br />
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück,<br />
Loscher-Frühwald, Ranner und anderer und Fraktion<br />
(CSU)<br />
Maßnahmen zur Entlastung des Milchmarktes<br />
(Drucksache 14/9444)<br />
(Unruhe)<br />
Milch ist ein sehr gesundes Lebensmittel. Ich bitte Sie,<br />
sich jetzt auf die Milch zu konzentrieren.<br />
Ich eröffne die Aussprache. Zu Wort hat sich Herr Kollege<br />
Zengerle gemeldet.<br />
(Herrmann (CSU): Warum steht da keine Milch auf<br />
dem Rednerpult? – Hofmann (CSU): Zuerst kommt<br />
der Käse!)<br />
Zengerle (CSU): Ich bedanke mich dafür, dass in diesem<br />
Hohen Hause auch das Thema Milch behandelt<br />
werden kann. Ich bedanke mich vor allem auch bei der<br />
Fraktion dafür, dass sie diesen Dringlichkeitsantrag<br />
unterstützt. Wir haben derzeit bei den Milchbauern und<br />
insgesamt in der Milchwirtschaft sehr viel Unruhe. Milch<br />
ist nicht nur ein gesundes Nahrungsmittel, sondern auch<br />
ein bedeutendes Produkt und natürlich ein Wirtschaftsfaktor<br />
in Bayern. 57000 bäuerliche Familienbetriebe<br />
erzeugen in Bayern über 7 Millionen Tonnen Milch.<br />
57000 Bauernfamilien erzielen ihr Einkommen damit<br />
aus der Erzeugung des Rohstoffes Milch. Über das<br />
Milchgeld wird ihre Arbeit entlohnt. 121 Verarbeitungsbetriebe<br />
mit ca. 14300 Mitarbeitern und einem Umsatz von<br />
7,2 Milliarden e zeigen, dass Milch in Bayern ein wichtiger<br />
Wirtschaftsfaktor ist.<br />
2001 hatten wir den sogenannten BSE-Effekt zu bewältigen.<br />
Die Verbraucher sind vom Fleisch abgekommen<br />
und haben in sehr großem Umfang Milchprodukte, vor<br />
allem Käse, gekauft und verzehrt. Dies hat dazu geführt,<br />
dass der Verbrauch von Milchprodukten um 20% angestiegen<br />
ist. Aufgrund vieler Maßnahmen kam in Bayern<br />
das Vertrauen zum Fleisch wieder zurück, der Absatz<br />
bleibt aber bei den Mengen, die sich im Lauf des Jahres<br />
2000 stabilisiert haben, und so wie es aussieht, wird<br />
nicht mehr verzehrt und gegessen.<br />
Ich möchte die Preisentwicklung für die Milcherzeuger<br />
einmal in Cent darstellen. Wir haben in Bayern eine sehr<br />
verzwickte Konstellation. Es gibt den bayerischen Erzeuger-Orientierungspreis,<br />
und dieser Orientierungspreis<br />
richtet sich nach Fetteinheiten und Eiweißgehalt. Ich<br />
möchte das jetzt nicht im einzelnen schildern. Danach<br />
jedenfalls wird dieser Preis aufgebaut. Im September<br />
2001 lag er bei 29,5 Cent. Er ist bis Aprils 2002 auf 27,2<br />
Cent zurückgegangen. Er beträgt jetzt also um 2,4 Cent<br />
weniger. Aufgrund einer bestimmten Marktsituation hat<br />
sich nun neben dem Erzeuger-Orientierungspreis, der<br />
auf der bayerischen Butter- und Käsebörse errechnet<br />
wird, auch der freiwillige Verwertungszuschlag der Molkereien<br />
um zwei bis drei Cent reduziert. Das heisst, den<br />
bayerischen Milchbauern fehlen derzeit 5 Cent. Vielleicht<br />
kann man mit 10 Pfennigen mehr anfangen. Das<br />
bedeutet 18 bis 20% weniger Einkommen. Daher bitte<br />
ich schon das Hohe Haus um Verständnis dafür, dass<br />
die Milchbauern um ihre Existenz fürchten und in einer<br />
Zeit, in der alle von Lohnerhöhungen in Höhe von 6,5%<br />
reden, ihre Existenzsorgen kund tun.<br />
Nach der ersten Reaktion, als die Milchbauern bei Müller-Milch<br />
demonstriert haben, war ich überrascht über<br />
eine Pressemeldung des Kollegen Starzmann, dass<br />
diese Entwicklung mit dem Verkauf von Weihenstephan<br />
zu tun habe. Natürlich haben viele Faktoren einen maßgeblichen<br />
Anteil an der derzeitigen Entwicklung.<br />
Im Zusammenhang mit der Agenda 2000 wurde eine<br />
Quotenerhöhung in Südeuropa beschlossen. Das heißt<br />
Mehrproduktion. Gerade die Molkereien, die stark in Italien<br />
engagiert sind, spüren das derzeit gewaltig. Dazu<br />
kommt der Euro als „Teuro“. Das heißt, der Druck des<br />
Handels und der Discounter auf die Molkereien wächst<br />
derzeit gewaltig.<br />
(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ein<br />
Widerspruch!)<br />
– Das ist kein Widerspruch. Der Handel drückt derzeit<br />
die Preise ganz gewaltig.<br />
(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gleichzeitig<br />
gehen die Preise hinauf!)<br />
– Bei bestimmten Produkten. Für das Leitprodukt Milch<br />
ist derzeit eine Preissenkung ausgehandelt. Das kann<br />
ich belegen. Ich bin verantwortlich bei den Allgäuer-<br />
Land-Käsereien. Unsere Händler kommen derzeit mit<br />
um 18% niedrigeren Ergebnissen beim Produkt Milch<br />
zurück.<br />
(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die bekommen<br />
weniger!)<br />
– Genau das ist das Problem, Herr Dr. Dürr. Die Molkereien<br />
verdienen weniger und können dann den Milchpreis<br />
nicht mehr bezahlen. Insgesamt ist im Handel ein<br />
Umsatzrückgang um 4% zu verzeichnen.<br />
Die Politik muss alles tun, damit die Marktinstrumente<br />
wieder genutzt werden. Ich appelliere an die Bundesregierung,<br />
vor allem an die Bundesministerin für Verbraucherschutz<br />
und Landwirtschaft, dass die Marktordnungsinstrumente<br />
wieder voll genutzt werden, beispielsweise<br />
die Exporterstattungen, innergemeinschaftliche Absatzbeihilfen<br />
und die Intervention.<br />
Mit Sicherheit ist das momentan ein wichtiges Instrument.<br />
Ich lade Sie ein, kommen Sie einmal in eine Molkerei<br />
im Allgäu: Nicht nur bei den großen, sondern auch<br />
bei den kleinen Molkereien quellen die Lager über. Die<br />
Molkereien wissen nicht mehr, wie sie ihre Produkte loswerden<br />
sollen. Deshalb muss auf dem Absatzmarkt ein<br />
Ventil geöffnet werden. Das haben wir in unserem<br />
Antrag umfangreich formuliert. In diesem Antrag haben