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89. Sitzung - Bayerischer Landtag

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6394 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />

anderes als einen Keil in die Arbeitnehmerschaft zu treiben,<br />

einen Keil zwischen Inländern und Ausländern, weil<br />

sich nämlich die Arbeitsplatz- und die Konkurrenzsituation<br />

entscheidend verschärfen wird.<br />

Das ist dann das „Biotop“ für den rechten braunen<br />

Sumpf.<br />

(Neumeier (CSU): So ein Schwachsinn!)<br />

Wenn das der Herr Ministerpräsident will, dann soll er es<br />

sagen. Das ist nämlich nichts anderes als eine entstehende<br />

Konkurrenzsituation zwischen Ostländern, slawischen<br />

Ländern und den einheimischen. Wer das zulässt,<br />

schürt damit Unruhe und stärkt eine rechte Szene, die<br />

wir, denke ich, alle nicht haben wollen.<br />

(Beifall der Frau Abgeordneten Radermacher<br />

(SPD))<br />

Meine liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Wahlkampfopfer,<br />

das offensichtlich nach Osten gebracht werden<br />

soll, das denen aber nichts nutzt, ist falsch. Auf dem<br />

Altar des Wahlkampfs wird soziale Sicherheit geopfert.<br />

(Widerspruch von der CSU)<br />

Ich meine, dem kann man nicht zustimmen. Wir sollten<br />

dafür sorgen, dass eine zuverlässige Politik nicht von<br />

Wahlkampfgetöse geprägt ist, sondern im Arbeitnehmerlager<br />

dafür sorgt, dass Politik glaubwürdig ist. Wir können<br />

uns doch nicht hinstellen – wir können es mit ruhigem<br />

Gewissen –, aber Sie können es doch nicht erklären,<br />

warum Sie 2000 ein Tariftreuegesetz fordern, dieses<br />

im bayerischen Kabinett beschließen, und mitten im<br />

Wahlkampf machen Sie eine Kehrtwendung und sagen:<br />

Aber nicht so, sondern ein bisschen anders hätten wir es<br />

gern. Es ist doch verräterisch, dass Sie eine Öffnungsklausel<br />

für die Länder wollen. Was wollen Sie denn<br />

damit? Verbesserungen? Das glaubt Ihnen doch kein<br />

Mensch. Was Sie wollen, ist eine Öffnungsklausel, damit<br />

Sie wieder Ihre Sonderregeln machen können, damit<br />

man wieder so manche schützen kann.<br />

(Widerspruch von der CSU)<br />

Oder sollte es unter Umständen so sein, dass Sie das<br />

Register unzuverlässiger Unternehmen nicht wollen?<br />

Das könnte auch sein. Man muss ja überlegen, warum<br />

Sie Nein sagen. Wir wissen es noch nicht. Aber es wäre<br />

schon interessant zu klären, woran es tatsächlich scheitert.<br />

Die Ostländer können es eigentlich nicht sein, wenn<br />

man es logisch betrachtet. Aber was ist bei Ihnen schon<br />

logisch? Also kann es eigentlich nur der Schutz der<br />

Unternehmen sein, die bisher nicht so ganz sauber<br />

arbeiten. Sie sollen nicht auf Listen wandern und von<br />

künftigen Aufträgen ausgeschlossen sein. Anders kann<br />

man es nicht erklären.<br />

Meine Damen und Herren, wer „Wettbewerb“ sagt, muss<br />

den Arbeitnehmer aber auch vor dem Ruin schützen. Wir<br />

haben bereits Lohnsenkungen um über 30%. Hier versagt<br />

im Übrigen wie immer die bayerische Gewerbeaufsicht.<br />

Frau Minister, Sie wären da gefordert. Sie müssten<br />

das tun, was für Sie richtig und wichtig wäre, nämlich<br />

Ihre Gewerbeaufsichtsbeamten nach draußen schicken<br />

und nicht nur Tachoscheiben anschauen lassen, sondern<br />

die Lohnzettel in den Lohnbüros, wie viele Stunden<br />

diese Menschen arbeiten, um sich das Leben in diesem<br />

Land noch leisten zu können. Da versagen Sie. Gott sei<br />

Dank haben wir aber einen Innenminister, den Schily,<br />

der jetzt den Zoll darauf angesetzt hat, weil das Gewerbeaufsichtsamt,<br />

speziell in Bayern, dazu offensichtlich<br />

nicht in der Lage ist. Das können wir Ihnen auch nachweisen.<br />

Da werden sogar noch Rabatte gegeben, wenn<br />

man einen erwischt – zwar nicht in Ihrer Zeit, sondern<br />

vorher, aber immerhin ist das bayerische Praxis, das ist<br />

leicht nachzuweisen.<br />

Meine Damen und Herren, die Pflicht zur Tariftreue ist<br />

ein Bestandteil der bestehenden sozialen Marktwirtschaft.<br />

Wer sich einem solchen Gesetz verweigert, der<br />

verweigert sich der sozialen Marktwirtschaft – und ich<br />

dachte immer, diese sei unstrittig. Es kann natürlich sein,<br />

dass es auch hier einen Wertewandel in der CSU gibt,<br />

dass man sagt: Marktwirtschaft ja, aber sozial braucht<br />

sie nicht sein.<br />

(Neumeier (CSU): Also, Herr Wörner!)<br />

Wenn Sie das wollen, müssen Sie es sagen, dann können<br />

wir darüber diskutieren. Wenn dieses Thema nicht<br />

so ernst wäre, meine Damen und Herren, wäre ich gern<br />

bereit, darüber mit Ihnen zu diskutieren, ob der Herr<br />

Ministerpräsident den Arbeitnehmern gegenüber nicht<br />

endlich sein wahres Gesicht im Wahlkampf zeigen sollte,<br />

nämlich das Gesicht, dass er gegen Arbeitnehmer ist,<br />

dass er ihre Sicherungssysteme abbauen will.<br />

(Kreuzer (CSU): Das ist ja unerträglich!)<br />

Er stimmt dem Tariftreuegesetz nicht zu, offensichtlich<br />

um weiterhin Lohndumping betreiben zu können<br />

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendorfer<br />

(SPD))<br />

oder um die Unternehmen, die die Löhne unterschreiten,<br />

schützen zu können, damit sie nicht auf schwarze Listen<br />

kommen. Anders kann man dieses Verfahren nicht erklären.<br />

Noch einmal: 2000 fordern Sie es selber, 2001 fordern<br />

Sie es immer noch, 2002 im Februar sagt Bocklet: Es ist<br />

richtig und es muss gemacht werden. Einige Tage später<br />

aber gibt es eine Kehrtwendung und man erklärt: Das ist<br />

alles Schmarrn, das machen wir jetzt so nicht. Jetzt<br />

schiebt die CSU einen Antrag nach: Ja, eigentlich schon,<br />

aber wir müssen Öffnungsklauseln haben. Meine<br />

Damen und Herren, diese Öffnungsklauseln sind meiner<br />

Meinung nach unzulässig. Das Gesetz ist völlig in Ordnung<br />

so, wie es ist, und ich bitte, darüber im Bundesrat<br />

so abzustimmen im Interesse der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer. Wenn Sie das nicht tun, werden wir<br />

den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, aber auch<br />

dem Mittelstand, Herr Dinglreiter, sagen, was sie damit<br />

anrichten. Das verspreche ich Ihnen. Sie ruinieren diese<br />

Unternehmen. Sie ruinieren den Mittelstand, den Omnibusmittelstand,<br />

den Sie angeblich pflegen wollen.

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