89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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6386 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />
(Beifall bei der CSU)<br />
Präsident Böhm: Um das Wort hat noch einmal Frau<br />
Kollegin Paulig gebeten.<br />
Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident,<br />
sehr geehrte Damen und Herren! Herr Umweltminister,<br />
Sie haben aus der Pressemitteilung des Bundes<br />
vom 18. November 2001 zitiert. Es ist in der Tat richtig,<br />
wie Sie zitiert haben, dass derzeit keine konkreten Zweifel<br />
vorliegen. Ich zitiere aber weiter:<br />
Im Verlauf der Prüfungen zum AKW Isar I durch die<br />
Bundesaufsicht sind Schwächen der bayerischen<br />
Überwachungspraxis deutlich geworden, die Anlass<br />
für weitere bundesaufsichtliche Prüfungen und<br />
Maßnahmen sein werden.<br />
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat er<br />
aber nicht vorgelesen!)<br />
Dies wurde der bayerischen Atomaufsicht im Rahmen<br />
eines bundesaufsichtlichen Gesprächs am Samstag<br />
– das war der 17. November –<br />
in Bonn mitgeteilt. So bedürften die Prüfpraxis des<br />
TÜV sowie die Zusammenarbeit von TÜV und Aufsichtsbehörde,<br />
die die Kontrolle ausübt, einer tiefergehenden<br />
Untersuchung.<br />
Sie haben in diesem Gespräch erklärt, es wäre alles in<br />
Ordnung, und danach gibt es nach der geltenden<br />
Rechtslage für den Bund keine andere Möglichkeit, als<br />
die Genehmigung zu erteilen. Das ist richtig so. Gleichzeitig<br />
aber sind Sie zu weitergehenden Prüfungen aufgefordert<br />
worden, und zwar vor allem im Hinblick auf die<br />
Komplexität der Zusammenarbeit zwischen bayerischen<br />
Aufsichtsbehörden, TÜV und Betreibern. Diese Untersuchungen<br />
haben Sie durchzuführen. Genau da bricht leider<br />
die gute Zusammenarbeit ab. Es ist richtig, dass der<br />
Bund sowohl der Inbetriebnahme als auch der Beauftragung<br />
von Colenco zugestimmt hat. Wir Grüne in Bayern<br />
haben allerdings eine andere Meinung. Wir waren der<br />
Meinung, dass diese Prüfung nicht ausreicht. Das kann<br />
ich sehr wohl an vielen Textpassagen des Colenco-Gutachtens<br />
darstellen.<br />
(Hofmann (CSU): Aber zuerst den Leuten Angst<br />
machen!)<br />
Darüber haben wir uns im Ausschuss am 6. Dezember<br />
lange unterhalten, dabei sind Sie aber auf meine Fragen<br />
und meine Zitate nicht eingegangen. Bis dahin war die<br />
Zusammenarbeit gut. Wir haben es im Ausschuss auch<br />
anerkannt, dass Sie die Staatsanwaltschaft sofort eingeschaltet<br />
haben. Der Bund hat, wenn ich mich recht erinnere,<br />
leider erst zwei Tage später reagiert. Damit waren<br />
Sie um zwei Tage schneller, und das haben wir gelobt<br />
und für in Ordnung befunden.<br />
Nicht mehr verstehen kann ich allerdings – darauf haben<br />
Sie heute aber leider keine Antwort gegeben –, warum<br />
mit der Überstellung des Fragenkatalogs die Zusammenarbeit<br />
im Januar 2002 abbricht. Warum sind Sie den<br />
Bitten um Fachgespräche nicht nachgekommen? Diese<br />
Frage ist heute offen. Das ist für uns Anlass für unseren<br />
Antrag gewesen. Die Weisung ist vom Bund gekommen,<br />
und der Bund ist selbst Manns genug, sich die Antworten<br />
auf diese Fragen zu holen und auf die Durchführung des<br />
Fachgesprächs zu drängen. Dazu brauchen wir hier keinen<br />
Antrag.<br />
Wir meinen jedoch, dass eine umfassende und tiefgreifende<br />
Untersuchung des Sicherheitsstandards des AKW<br />
Isar I erfolgen muss. Dieses AKW ist ein Schrottreaktor.<br />
Wir hatten dort Leckagen. Die Überprüfung der<br />
Schweißnähte ist noch nicht abgeschlossen. Das können<br />
Sie auch im Colenco-Gutachten nachlesen. Wir halten<br />
eine tiefergehende Sicherheitsüberprüfung durch<br />
einen unabhängigen Gutachter für notwendig.<br />
(Hofmann (CSU): Von jemand, der nichts davon versteht!)<br />
– Ach lieber Herr Hofmann, da kann man Wortklauberei<br />
betreiben. Ich ergänze hiermit den Antrag um den Passus:<br />
„... der nicht im Auftrag der Atomkraftwerkbetreiber<br />
gearbeitet hat“.<br />
(Hofmann (CSU): Schreiben Sie doch gleich den<br />
Bayerischen Bauernverband hinein!)<br />
– Der Bayerische Bauernverband redet bei Ihnen immer<br />
mit. Das weiß ich schon. Das wollen wir aber auch nicht.<br />
Wir wollen auch nicht, dass die Kraftwerksbetreiber<br />
immer mitreden. Deshalb ergänze ich diesen Antrag:<br />
Als Gutachter sollen nur Personen bzw. Institutionen<br />
ausgewählt werden, die in der Vergangenheit<br />
nicht im Auftrag von Atomkraftwerksbetreibern tätig<br />
waren.<br />
Ist es so korrekt Herr Hofmann? Dieser Antrag steht<br />
heute zur Abstimmung.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Präsident Böhm: Die Aussprache ist geschlossen. Wir<br />
kommen zur Abstimmung. Abgestimmt wird über die<br />
leicht geänderte Fassung. Wer dem Dringlichkeitsantrag<br />
auf Drucksache 14/9443 seine Zustimmung geben will,<br />
den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen<br />
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, vier Mitglieder<br />
aus der SPD-Fraktion und Herr Kollege Hartenstein.<br />
Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU.<br />
Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung bei<br />
der SPD. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt.<br />
(Hofmann (CSU): Wie hat der Kollege Hoderlein<br />
gestimmt?)<br />
– Er hat keine Zeit gehabt.<br />
(Heiterkeit – Hofmann (CSU): Hoffentlich steht das<br />
im Protokoll!)