89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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6358 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />
hier große Bemühungen und Anstrengungen unternehmen.<br />
Ich gehöre seit 1994 dem Bayerischen <strong>Landtag</strong> an; das<br />
Thema einheitliche Notrufnummer stand immer wieder<br />
zur politischen Bearbeitung. Daran sieht man: Wir sind<br />
damit noch nicht am Ende. Wir haben noch viele Schwierigkeiten,<br />
die wir in der Operationalisierung beseitigen<br />
müssen.<br />
Ein Wermutstropfen ist – darüber haben wir im sozialpolitischen<br />
Ausschuss auch mit dem Chef der KVB Bayern<br />
Dr. Munte diskutiert –, dass sich die Kassenärztliche Vereinigung<br />
an dieser einheitlichen Notrufnummer nicht<br />
beteiligen wird. Sie hat sich für einen anderen Weg entschieden.<br />
Wir halten das für sehr bedauerlich. Wir sind<br />
aber machtlos, weil wir keine Möglichkeiten für eine<br />
zwangsweise Integrierung der Kassenärztlichen Vereinigung<br />
haben. Wir sind dem Appellcharakter verhaftet. Wir<br />
haben diese Appelle in unterschiedlicher Dringlichkeit<br />
formuliert. Eine Lösung wird sich in dieser Art und Weise<br />
nicht abzeichnen.<br />
Wir wissen – das ist auch im Gesetzentwurf enthalten<br />
–, dass die alte Notrufnummer 1 92 22 für die Krankentransporte<br />
bestehen bleiben soll. Ich glaube, wir müssen<br />
in der Öffentlichkeitsarbeit deutlich machen, wie die<br />
Trennung vollziehbar ist, um nicht den geplanten Schritt<br />
zur Vereinfachung noch einmal zur Konfusion führen zu<br />
lassen. Als wichtiger Punkt ist auch in dem Gesetzentwurf<br />
verankert, dass die Leitstellen, die künftig die vielfältigen<br />
Hilfsangebote organisieren, nicht nur die Rettung<br />
und Löscheinsätze betreuen und Hilfe für Leib und<br />
Leben sowie Haus und Hof geben, sondern dass auch<br />
der seelische Bereich aufgenommen wird. Krisenintervention<br />
wird in größeren Katastrophenfällen gewährleistet.<br />
Ich halte es für sehr gut, dass das in dem Gesetzentwurf<br />
aufgenommen ist.<br />
Die Betreiberschaft ist offen gelassen worden; sie wird in<br />
die Hände der Rettungszweckverbände gelegt. Darüber<br />
wird vor Ort entschieden. Der <strong>Landtag</strong> hat das salomonisch,<br />
zumindest in diesem Gesetzentwurf, offen gelassen.<br />
Wir kennen relativ unfreundliche Petitionen und<br />
Briefe von Seiten der Feuerwehr und vom Roten Kreuz,<br />
in denen gefragt wird, wer das Ganze betreiben soll. Vor<br />
Ort gibt es sicher noch den einen oder den anderen Hahnenkampf,<br />
der Unruhe aufkommen lassen wird. Die<br />
Standortfragen werden sicherlich auch noch einmal vor<br />
Ort große Diskussionen hervorrufen.<br />
Wir sind dem Ziel einen Schritt näher gekommen, integrierte<br />
Leitstellen und eine einheitliche Notrufnummer für<br />
viele Dienste zu schaffen. In den elementaren Hilfesystemen<br />
wird das Konzept greifen. Ich habe Verständnis<br />
dafür, dass diese Aufgaben nicht mit dem Umlegen<br />
eines Schalters zu erfüllen sind. In drei aufeinander folgenden<br />
Jahren soll versucht werden, das flächendeckend<br />
einzurichten. Nach welchem Schema diese Auswahl<br />
erfolgt, das würde ich gerne im laufenden Ausschussverfahren<br />
noch erfahren, ob das sukzessive<br />
regional von Norden nach Süden oder von Süden nach<br />
Norden umgesetzt wird, bzw. welchem Schema man<br />
folgt. Sicher wird noch die eine oder die andere Frage<br />
zur Finanzierung zu beantworten sein; ich schließe mich<br />
den Ausführungen von Frau Schmitt-Bussinger dazu an.<br />
In die Ausschussberatungen wird unsere Meinung konstruktiv<br />
mit einfließen, wenn sie auch zum Teil kritisch ist.<br />
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN)<br />
Präsident Böhm: Um das Wort hat Herr Staatssekretär<br />
Regensburger gebeten.<br />
Staatssekretär Regensburger (Innenministerium):<br />
Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Ich<br />
bedanke mich zunächst für die von allen Seiten des Parlaments<br />
erklärte grundsätzliche Zustimmung zu diesem<br />
Gesetzentwurf. Wie so oft steckt der Teufel im Detail. Die<br />
Kritik, dass wir hier wie eine Schnecke vorgegangen<br />
wären, Frau Schmitt-Bussinger, kann ich nicht teilen und<br />
nicht akzeptieren. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen<br />
– das ist eben auch von der Vertreterin des BÜND-<br />
NISSES 90/DIE GRÜNEN gesagt worden –, dass wir<br />
uns außerordentlich intensiv mit dieser Materie beschäftigt<br />
haben. Ich selbst gehöre dem Bayerischen <strong>Landtag</strong><br />
seit 28 Jahren an. Ich kenne keine Gesetzesmaterie, mit<br />
der wir uns so intensiv auseinander gesetzt haben. Das<br />
ist eine sehr komplexe Geschichte. Wir haben uns deshalb<br />
des Sach- und Fachverstands externer Gutachter<br />
bedient. Das hat Zeit gekostet, bis die Bestandsaufnahme<br />
gemacht und die Auswertung abgeschlossen<br />
und bis die Diskussion über dieses Gutachten beendet<br />
war. Das waren die Voraussetzungen dafür, dass wir<br />
jetzt einen Gesetzentwurf vorlegen können, der alle zu<br />
beachtenden Gesichtspunkte berücksichtigt.<br />
Ich kann auch nicht die Kritik akzeptieren, wir hätten uns<br />
nicht mit dem nötigen Nachdruck bei der KVB eingesetzt.<br />
Wenn Sie die Berichterstattung in den Zeitungen<br />
verfolgt haben, dann wissen Sie, dass sich gerade<br />
Innenminister Dr. Beckstein intensiv und sehr kritisch mit<br />
der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern auseinander<br />
gesetzt hat. Er hat in der Öffentlichkeit heftig Kritik an<br />
deren Verhalten geübt.<br />
Ihre Schlussfolgerung, dass die einheitliche Notrufnummer<br />
nicht mehr zu retten sei, ist falsch. Der Notruf wird in<br />
der Zukunft mit einer einheitlichen Rufnummer möglich<br />
sein. Die Kassenärztliche Vereinigung vermittelt den<br />
Ärztlichen Bereitschaftsdienst, wenn Sie sonntags mit<br />
Bauchschmerzen zu Hause liegen, Ihren Hausarzt aber<br />
nicht erreichen. Wenn Ihre Bauchschmerzen so groß<br />
werden, dass Sie glauben, Sie seien ein Notfall, dann<br />
rufen Sie künftig die Nummer 112 an. Das heißt, der Notruf<br />
ist bereits gerettet.<br />
Sie sagten, die Forderungen der SPD-Fraktion seien<br />
nicht berücksichtigt. Sie haben anhand des Beispiels<br />
Nürnberg/Fürth/Erlangen auf Strukturen vor Ort hingewiesen.<br />
Die Strukturen sind regional außerordentlich<br />
unterschiedlich. Das macht das Ganze so kompliziert.<br />
Aus diesem Grund ist es richtig und wichtig, dass die<br />
Entscheidungen vor Ort bei den Landkreisen und Städten<br />
getroffen werden. Sie haben den besten Einblick in<br />
ihre besondere Struktur.