89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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6356 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />
Notrufnummer ist nicht mehr zu retten. Eigentlich wollte<br />
der Freistaat mit der 112 den Anschluss an die anderen<br />
Bundesländer und an den europaweiten Standard finden.<br />
Innenminister Dr. Beckstein hat die bisherige bayerische<br />
Regelung als unübersichtlich und völlig hinterwäldlerisch<br />
bezeichnet. Diese realistische Einschätzung<br />
teilen wir.<br />
Meine Damen und Herren, die Einführung der einheitlichen<br />
Notrufnummer hat bereits eine quälend lange<br />
Geschichte. Seit Ende der siebziger Jahre wird sie in<br />
Bayern bereits diskutiert. Mitte der neunziger Jahre gab<br />
es einen gemeinsamen <strong>Landtag</strong>sbeschluss. Heute, im<br />
Jahr 2002, findet die erste Lesung statt und erst im Jahr<br />
2005 soll das Projekt abgeschlossen sein. Die sprichwörtliche<br />
Schnecke macht hier ihrem Tempo alle Ehre.<br />
Es ist nicht akzeptabel, dass die Vorbereitung dieses<br />
Gesetzentwurfs so lange Zeit in Anspruch nahm.<br />
(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendorfer<br />
(SPD))<br />
Es ist auch nicht akzeptabel, dass dem Ausscheren der<br />
KVB nicht massiver entgegengewirkt wurde.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Es ist ebenso wenig akzeptabel, dass wichtige Gesichtspunkte,<br />
die wir als SPD-Fraktion bereits in den letzten<br />
Jahren in den Meinungsprozess einbringen wollten, von<br />
der CSU-Fraktion einfach niedergebügelt wurden. Diese<br />
Fragen werden deshalb in den nun anstehenden Ausschussberatungen<br />
beantwortet und geklärt werden müssen.<br />
Die SPD hält es für unabdingbar, zu klären, ob die Strukturen<br />
bei den neu zu schaffenden integrierten Leitstellen<br />
den Gegebenheiten vor Ort auch tatsächlich entsprechen.<br />
Schauen Sie sich nur die vorgesehene gemeinsame<br />
integrierte Leitstelle für Nürnberg, Fürth, Erlangen<br />
und die dazu gehörenden Landkreise an. Der Gesetzentwurf<br />
berücksichtigt nicht die dort auftretenden Probleme<br />
und Fragen. Des Weiteren müssen gut funktionierende<br />
ehrenamtliche Strukturen nach wie vor einbezogen<br />
werden. Es muss auch klar sein, dass die Alarmierung<br />
im Katastrophenfall nach wie vor eine hoheitliche<br />
Aufgabe bleibt. Eine Privatisierung, wie sie als möglich<br />
erachtet wird, kommt daher für uns nicht in Frage.<br />
Der Gesetzentwurf geht von Investitionskosten in Höhe<br />
von knapp 40 Millionen e und von Betriebskosten in<br />
Höhe von 30 Millionen e aus. Die Grundlagen für diese<br />
Berechnung stammen aus dem Jahr 1997. Das ist doch<br />
wohl keine realistische Basis. Daher ist dringend Nachbesserung<br />
erforderlich.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)<br />
Mit einer Bezuschussung der Baukosten für den Bereich<br />
der Feuerwehren in Höhe von 35% können wir uns<br />
schon heute nicht einverstanden erklären. Den bayerischen<br />
Kommunen gegenüber ist es in höchstem Maße<br />
unfair, wenn nur für die Ersterrichtung integrierter Leitstellen<br />
und auch nur „im Rahmen der zur Verfügung stehenden<br />
Haushaltsmittel“ staatliche Zuwendungen<br />
gewährt werden. Wir alle wissen, was das heisst. So<br />
können Sie den Kommunen nicht das Geld aus der<br />
Tasche ziehen.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Ein grundsätzliches Problem des Gesetzentwurfes<br />
besteht darin, dass alle kostenträchtigen Bereiche und<br />
die wesentlichen Inhalte durch Rechtsverordnung geregelt<br />
werden sollen. Damit müssen wir als Gesetzgeber<br />
Entscheidendes dem Gutdünken der Staatsregierung<br />
überlassen. Es versteht sich von selbst, dass wir das<br />
nicht wollen. Wir werden die Gesetzgebungsaufgabe<br />
des Parlaments wahrnehmen und entsprechende Vorschläge<br />
zum Gesetzentwurf einbringen.<br />
Nicht berücksichtigt ist, wie eingangs schon erwähnt, die<br />
aktuelle Entwicklung bei der Kassenärztlichen Vereinigung.<br />
Sollte es beim Alleingang der KVB bleiben – Vieles<br />
spricht dafür –, muss dies im Gesetz berücksichtigt<br />
werden. Leider ist die ursprüngliche Intension, mit einer<br />
einheitlichen Notrufnummer eine Alarmierung aus einer<br />
Hand zu ermöglichen, schon vor der Einführung zum<br />
Scheitern verurteilt. Wir werden die angesprochenen<br />
Probleme in der parlamentarischen Beratung ausführlich<br />
zur Sprache bringen und dazu entsprechende Änderungsanträge<br />
stellen.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Präsident Böhm: Als Nächster hat Herr Kollege Kreuzer<br />
das Wort.<br />
Kreuzer (CSU): Herr Präsident, Hohes Haus! Die CSU<br />
begrüßt den Gesetzentwurf der Staatsregierung. Mit der<br />
Umsetzung dieses Gesetzes und der Einführung der einheitlichen<br />
Notrufnummer 112 wird eine wesentliche Verbesserung<br />
der Situation von in Not geratenen Menschen<br />
in unserem Land erreicht. Die Alarmierung wird für den<br />
Betroffenen einfacher. Er braucht nur noch eine Notrufnummer<br />
zu wählen. Die Alarmierung wird damit schneller.<br />
Der Notruf wird aus einer Hand von sowohl im medizinischen<br />
wie auch im feuerwehrtechnischen Bereich<br />
qualifiziertem Personal entgegengenommen. Der Notruf<br />
kann in Zukunft – das ist auch zu betonen, Frau Kollegin<br />
Schmitt-Bussinger – wirtschaftlicher betrieben werden<br />
als heute.<br />
Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, als handle<br />
es sich bei diesem Werk um ein einfaches Vorhaben<br />
nach dem Motto, wir bräuchten ja nur die 112 auf die<br />
bestehenden Rettungseinrichtungen zusammenschalten,<br />
womit das Problem gelöst wäre. So ist es eben<br />
genau nicht. Wir haben historisch gewachsene, zwischen<br />
Feuerwehren und Rettungsdiensten völlig<br />
getrennte Alarmierungssysteme. Ein einheitlicher Notruf<br />
setzt daher voraus, dass wir diese Alarmierungssysteme<br />
zusammenlegen. Wer in Zukunft – egal ob im Bereich<br />
des Rettungsdienstes oder im Bereich der Feuerwehren<br />
– 112 anwählt, muss auf eine einheitliche Alarmierungsstelle<br />
treffen, die alle Maßnahmen in beiden Bereichen<br />
veranlassen kann. Wir haben im Moment – davon sollten<br />
Sie sich einmal eine Vorstellung machen – in unserem<br />
Lande 330 Alarmierungsstellen, 24 Feuerwehreinsatz-