89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode 6375<br />
Fällen gemacht. Es handelt sich um den Fall Ingolstadt<br />
und um Ikea in Taufkirchen. Plötzlich hat man gesagt, die<br />
Vorhaben entsprächen den Zielen der Raumordnung<br />
und Landesplanung, was nach der bisherigen Rechtslage<br />
nicht der Fall gewesen ist. Ich wiederhole noch einmal<br />
die Gründe, mit denen die Regierung von Oberbayern<br />
noch im Sommer 2000 die Zulässigkeit des Projekts<br />
in Ingolstadt abgelehnt hat.<br />
Das Vorhaben widerspricht dem Ziel des Landesentwicklungsprogramms,<br />
demzufolge Einzelhandelsgroßprojekte<br />
ausnahmslos nur an städtebaulich<br />
integrierten Lagen raumverträglich sind. Darüber<br />
hinaus übersteigt die Kaufkraftabschöpfung des<br />
Herstellerdirektverkaufszentrums die unter raumordnerischen<br />
Gesichtspunkten verträgliche Quote<br />
aus dem sogenannten Verflechtungsbereich.<br />
Schließlich fehlt es dem geplanten Vorhaben auch<br />
an der erforderlichen Anbindung an den öffentlichen<br />
Verkehr.<br />
Es werden also drei gewichtige Argumente genannt, die<br />
heute noch genauso gelten. Die Staatsregierung hat<br />
jedoch schnell den Entwurf der Teilfortschreibung des<br />
LEP zu Einzelhandelsgroßprojekten zusammengebastelt<br />
und dreht alles so hin, dass das Projekt in Ingolstadt<br />
genehmigungsfähig ist. Mittlerweile betrifft dies auch<br />
Taufkirchen. Es kann also keine Rede davon sein, dass<br />
Ingolstadt ein Einzelfall oder eine Altlast sei. Man hat<br />
alles so zurechtgebogen, dass solche Projekte genehmigungsfähig<br />
sind.<br />
Lassen Sie mich ein weiteres Mal ein Zitat zu dem neuerlichen<br />
Beschluss der Regierung von Oberbayern zu<br />
Ingolstadt bringen:<br />
Der Ministerrat hat Zielformulierungen zur Teilfortschreibung<br />
des Landesentwicklungsprogramms<br />
zum Thema Einzelhandelsgroßprojekte beschlossen.<br />
Es ergeben sich Änderungen bezüglich des<br />
Verflechtungsbereichs, der maximal zulässigen<br />
Kaufkraftabschöpfungsquote sowie der geforderten<br />
städtebaulichen Integration des Standorts, wonach<br />
nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen auch<br />
städtebauliche Randlagen zu akzeptieren sind.<br />
In Taufkirchen hatten wir im Grunde genommen das gleiche<br />
Prozedere, wie man letztendlich doch zu einer positiven<br />
Bewertung kommen kann.<br />
Ich nenne noch einmal konkret drei Beispiele für den<br />
Unfug. Herr Kollege Hofmann, vielleicht gehen Sie in<br />
Ihrer Rede auf die drei Beispiele ein.<br />
Man darf nun auf die grüne Wiese gehen, wenn in<br />
städtebaulich integrierten Lagen keine Flächen zu finden<br />
sind. Ein Antragsteller kann aber leicht angeben, er<br />
brauche doppelt so viel Verkaufsfläche wie er tatsächlich<br />
benötigt. Wenn die Kommune das nicht anbieten kann,<br />
dann kann sie nach draußen gehen.<br />
Der zweite Punkt betrifft die Bezugnahme auf die jeweilige<br />
Kaufkraftabschöpfung bei der Beurteilung der Zulässigkeit.<br />
Hier wird zwischen verschiedenen Einzugsgebieten<br />
und verschiedenen Sortimenten differenziert. Ich<br />
habe bei der Anhörung die Gutachter gefragt, ob eine<br />
solche Regelung gerichtsfest sein werde. Die Antwort<br />
war, dass eine solche Regelung mit Sicherheit nicht<br />
gerichtsfest sein werde. Jetzt kommt noch hinzu, dass<br />
Herr Schnappauf zwischen dem Entwurf und der Änderung<br />
des Entwurfs die Quoten noch einmal erhöht hat.<br />
Gefährdet ist schließlich die Nachversorgung von<br />
Gemeinden im Stadt-Umland-Bereich. Dort darf bei der<br />
Beurteilung auch auf die Kaufkraft der angrenzenden<br />
Großstädte Bezug genommen werden. Im Fall von Taufkirchen<br />
hat genau dies zu einer positiven Beurteilung<br />
durch die Regierung von Oberbayern geführt.<br />
Deswegen muss ich Ihnen diesen Fall noch einmal konkreter<br />
darstellen. Es geht dabei um ein Einrichtungshaus<br />
von Ikea auf bislang unbebautem Gebiet. Die Fläche<br />
beträgt ungefähr 9 Hektar, der S-Bahn-Haltepunkt ist<br />
etwa 3 km entfernt. Geplant ist eine Gesamtverkaufsfläche<br />
von 21000 qm. Davon betreffen 14000 qm das<br />
Kernsortiment, in diesem Fall also Möbel, 4000 qm zentrenrelevante<br />
Randsortimente, 3000 qm nicht-zentrenrelevante<br />
Randsortimente wie beispielsweise Teppiche,<br />
Küchengeräte usw., und 2000 qm Servicefläche. Es wird<br />
eine wahnsinnig hohe Flächenproduktivität vorausgesagt,<br />
die um den Faktor 2 oder 3 über der sonstiger<br />
Möbelläden liegt. Das ist also alles andere als personalintensiv.<br />
Der Einzugsbereich reicht in der Ost-West-<br />
Richtung von Kempten bis Berchtesgaden, im Süden bis<br />
zur Landesgrenze und wird im Norden durch die Linie<br />
Augsburg – Freising – Mühldorf begrenzt. Es handelt<br />
sich also um einen sehr großen Einzugsbereich. Ich<br />
zitiere die Beurteilung des Regionalen Planungsverbands:<br />
Die regionalplanerische Beurteilung zeigt, dass das<br />
Projekt mit seinen 7000 qm Randsortiment nicht<br />
den Erfordernissen der Raumordnung entspricht.<br />
Eine Realisierung würde die Funktionsfähigkeit der<br />
zentralen Orte im Einzugsbereich und die verbrauchernahe<br />
Versorgung wesentlich beeinträchtigen.<br />
Dann werden die einzelnen Gründe genannt, die ich<br />
Ihnen jetzt ersparen möchte, werte Kolleginnen und Kollegen<br />
von der CSU. Auf ein Argument gehe ich aber ein,<br />
weil dieses bei der Änderung eine Rolle gespielt hat.<br />
Hier heißt es:<br />
Anders als im Möbelbereich stellt sich die Situation<br />
im Randsortiment dar. Hier muss die Abschöpfungsquote<br />
der Kaufkraft nicht für den ganzen Einzugsbereich<br />
des Vorhabens, sondern für den landesplanerischen<br />
Nahbereich geprüft werden. Dieser umfasst<br />
die Gemeindegebiete von Taufkirchen und Brunntal,<br />
also ca. 21000 Einwohner. Einige Sortimente, die<br />
vom Projektträger als nicht zentralrelevant bezeichnet<br />
werden, sind jedoch nach der sogenannten<br />
Ulmer Liste und vergleichbaren Abgrenzungen<br />
durchaus zentralrelevant. Insgesamt ergibt das<br />
5600 qm zentralrelevante Sortimente. Einer Kaufkraft<br />
im zentralrelevanten Sortiment von 6,6 Millionen<br />
DM stehen entsprechende Umsätze in Höhe<br />
von gut 33 Millionen DM gegenüber.