89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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6338 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Ich bin seit<br />
zweieinhalb Jahren Justizminister. Ich kann mich nicht<br />
daran erinnern, dass dieses Thema besonders problematisiert<br />
worden wäre.<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Noch eine Zusatzfrage:<br />
Herr Kollege Dr. Hahnzog.<br />
Dr. Hahnzog (SPD): Halten Sie unabhängig von verfassungsrechtlichen<br />
Vorgaben eine Präzisierung dieses<br />
Tatbestandes für möglich, um diese Vorschrift besser<br />
anwenden zu können, nachdem das Bayerische Staatsministerium<br />
der Justiz im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht<br />
von 1992 die Ansicht vertreten hat, die<br />
Verurteilung sei verfassungsrechtlich unbedenklich?<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Selbstverständlich<br />
muss man über so etwas immer nachdenken.<br />
Auch wenn das Bundesverfassungsgericht gewisse<br />
Grenzen vorgegeben hat, muss man sich überlegen, wo<br />
die Grenzen genau sind und ob man den Bereich nicht<br />
noch etwas mehr ausnützen könnte. Wir werden darüber<br />
nachdenken. Sicher wird es auch bei der Justizministerkonferenz<br />
eine sehr eingehende Debatte über dieses<br />
Thema geben. Nicht jeder ist aber bereit, diesen Bereich<br />
über eine problematische Grenze hinaus auszuweiten.<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Vielen Dank, Herr<br />
Staatsminister, für die Beantwortung der beiden Fragen.<br />
Jetzt darf ich Herrn Staatsminister Dr. Wiesheu darum<br />
bitten, die an sein Haus gerichteten Fragen zu beantworten.<br />
Erster Fragesteller ist Herr Kollege Dr. Runge.<br />
Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister<br />
Wiesheu, ich frage Sie: Wie beurteilen die Staatsregierung<br />
und insbesondere Sie das Abrücken von<br />
Ministerpräsident Edmund Stoiber von der bisherigen<br />
Forderung von <strong>Landtag</strong> und Staatsregierung nach einer<br />
eindeutigen Trennung von Netz und Betrieb bei der<br />
Bahn, was zuletzt durch einstimmigen <strong>Landtag</strong>sbeschluss<br />
vom Oktober letzten Jahres dokumentiert<br />
wurde?<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium):<br />
Das verkehrspolitische Ziel der Staatsregierung und des<br />
<strong>Landtag</strong>s ist die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien<br />
Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur des Bundes.<br />
Dieses Ziel soll durch die Unabhängigkeit der Eisenbahnverkehrs-<br />
und der Eisenbahninfrastrukturunternehmen<br />
voneinander erreicht werden. Zur Herstellung dieser<br />
Unabhängigkeit sollten als erster Schritt die Vorschläge<br />
der vom Bundesverkehrsminister eingesetzten<br />
„Task force“ konsequent umgesetzt werden. Danach hat<br />
das Netz im Interesse einer wirtschaftlichen Transparenz<br />
eine eigene Rechnungslegung vorzunehmen; die Satzung<br />
der DB AG hat die unternehmerische Unabhängigkeit<br />
des Netzes von der Holding vorzusehen und der<br />
Wettbewerb soll durch unabhängige Eisenbahn- und<br />
Kartellbehörden gesichert werden. Eine entsprechend<br />
umgesetzte Trennung zwischen Netz und Betrieb muss<br />
nicht zu einer vollständigen Trennung in Organisation<br />
und Rechtsform führen. In diesem Sinne hat sich auch<br />
der Ministerpräsident geäußert.<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Zusatzfrage: Der Fragesteller.<br />
Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsminister,<br />
ist Ihnen bewusst, dass Sie jetzt vollständig auch<br />
von den Intentionen Ihrer Fraktion abgerückt sind, welche<br />
unseren Dringlichkeitsantrag vom Oktober letzten<br />
Jahres noch einmal konkretisiert und ganz klar gesagt<br />
hat, sie wolle eine völlige organisatorische und rechtliche<br />
Trennung?<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium):<br />
Im Antrag ist nicht von der völligen organisatorischen<br />
und rechtlichen Trennung die Rede, sondern von der<br />
Trennung von Eisenbahninfrastruktur- und Eisenbahnverkehrsunternehmen.<br />
Das kann organisatorisch auch<br />
auf andere Weise sichergestellt werden. Diese Trennung<br />
muss nicht die völlige rechtliche Trennung bedeuten.<br />
Das steht auch nicht im Antrag. Lesen Sie den Antrag<br />
doch nach.<br />
Zweitens entscheidet über dieses Thema nicht das<br />
Land, sondern der Bund. Dort befinden sich die Grünen<br />
meines Wissens in der Koalition. Ich stelle Ihnen also die<br />
Frage, inwieweit sich die Grünen im Bund mit Ihren<br />
Anliegen durchgesetzt haben.<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Noch eine Zusatzfrage:<br />
Herr Kollege Dr. Runge.<br />
Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Minister,<br />
hängt Ihr Meinungsumschwung, den Sie als solchen<br />
nicht zugeben, vielleicht damit zusammen, dass Sie im<br />
Zusammenhang mit dem Transrapid oder der Rennstrecke<br />
durch den Thüringer Wald Wohlverhalten von der<br />
Bahn erwarten?<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatsminister.<br />
Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium):<br />
Hängt die Tatsache, dass die Grünen im Bundestag dieses<br />
Thema nicht weiter verfolgen, damit zusammen,<br />
dass Sie seitens der Bundesregierung oder des Bundeskanzlers<br />
bei den nächsten Koalitionsverhandlungen<br />
Wohlverhalten erwarten? Die wird es allerdings nicht<br />
mehr geben. Was soll also das ganze Theater? Für dieses<br />
Thema ist der Bund zuständig. Diese Frage soll auf<br />
Bundesebene entschieden werden.