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89. Sitzung - Bayerischer Landtag

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6380 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />

Ich eröffne die Aussprache. Um das Wort hat Frau Kollegin<br />

Paulig gebeten.<br />

Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident,<br />

sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem<br />

Dringlichkeitsantrag greifen wir die sicherheitsrelevanten<br />

Vorgänge um das Atomkraftwerk Isar I bei Landshut auf.<br />

Wie Sie sicher wissen, sind Anfang Oktober 2001 ein<br />

anonymer Brief und zwei beigefügte E-Mails an die<br />

Öffentlichkeit gegeben worden, aus denen Manipulationen<br />

bzw. höchste Unstimmigkeiten im Ablauf der Gutachtertätigkeit<br />

des TÜV, des Verhaltens der Betreiber<br />

und des Verhaltens der Atomaufsicht bekannt geworden<br />

sind.<br />

Es geht bei diesen Vorwürfen, bei diesen Vorgängen um<br />

höchst sicherheitsrelevante Anlagen, und zwar darum,<br />

ob der Ausschluss des Bruchs von druckführenden Leitungen<br />

im Speisewassersystem gewährleistet ist oder<br />

nicht und inwieweit dieses überprüft wurde. Es sind ja<br />

dort auch Lecks aufgetreten. Darum hat das Bundesumweltministerium<br />

eine erneute konsequente Überprüfung<br />

veranlasst.<br />

In diesem Zusammenhang gab es in diesem Werk Isar I<br />

E-Mails, die darauf hingewiesen haben, dass man hier<br />

mit verdeckten Karten spiele – so in einer dieser Mails –<br />

und dass man eine interne Abstimmung vornehmen<br />

müsse, da der Ausschluss eines Leitungsbruchs auf<br />

sehr fragwürdigen Beinen stehe.<br />

All dieses hat zu intensiven Aktivitäten auch des bayerischen<br />

Umweltministeriums geführt. Die Staatsanwaltschaft<br />

wurde eingeschaltet, und es gab Besprechungen<br />

zwischen dem Bundesumweltministerium und der bayerischen<br />

Aufsichtsbehörde, dem bayerischen Umweltministerium.<br />

Aufgrund eines Fachgesprächs am 19. Oktober<br />

wurde dann im Verlauf der nächsten Tage ein Gutachter,<br />

die Firma Colenco beauftragt, die angesprochenen<br />

Vorgänge zu überprüfen. Daraufhin fand am 17.<br />

November ein bundesaufsichtliches Gespräch unter Teilnahme<br />

der Gutachterfirma Colenco und unter Beteiligung<br />

des bayerischen Umweltministeriums statt.<br />

Hier hakt es nun. Das bayerische Staatsministerium als<br />

Aufsichtsbehörde hat schriftlich zugesichert, dass alle<br />

erforderlichen Prüfungen des TÜV ordnungsgemäß<br />

durchgeführt worden seien und sich die offenen Fragen<br />

nicht zu einem konkreten Verdacht auf Sicherheitsmängeln<br />

verdichtet hätten. Das Bundesumweltministerium<br />

hat daraufhin das bayerische Ministerium aufgefordert,<br />

weitere betriebsbegleitende Ermittlungen durchzuführen<br />

und hat gleichzeitig der Wiederinbetriebnahme zugestimmt.<br />

Da das bayerische Ministerium erklärt hat, dass<br />

kein konkreter Verdacht bestehe, hat das Bundesumweltministerium<br />

nach der Rechtslage die Betriebsgenehmigung<br />

erteilen müssen. So ist das Kraftwerk wieder<br />

angefahren. Eine Menge Sicherheitsfragen sind aber<br />

noch offen.<br />

Genau hier setzt ein sehr eigenartiges Verhalten ein.<br />

Das Bundesumweltministerium hat am 21. Januar 2002<br />

einen Fragenkatalog an das bayerische Ministerium<br />

übermittelt. Dieser Fragenkatalog ist bis heute nicht<br />

beantwortet – vier Monate. Das Bundesumweltministerium<br />

als Oberste Aufsichtsbehörde hat am 5. März ein<br />

Fachgespräch beim TÜV abgelehnt. Eine erneute Bitte<br />

des Bundesumweltministeriums um ein Fachgespräch<br />

vom 9. März wurde Anfang April abgelehnt. Eine weitere<br />

erneute ausführliche begründete Bitte um ein Fachgespräch<br />

wurde am 18. April vom bayerischen Ministerium<br />

abgelehnt. Am 24. April wurde wiederum ein Fachgespräch<br />

abgesagt. Viermal wurde vom bayerischen<br />

Umweltministerium das Überprüfungsfachgespräch<br />

abgesagt. Daraufhin wurde jetzt, am 10. Mai, eine Weisung<br />

erlassen, dass dieses Fachgespräch im Mai stattzufinden<br />

hat. Die Rechtsgrundlage ist nach dem Atomgesetz<br />

gegeben. Die Rechtsgrundlage ist bestätigt durch<br />

ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.<br />

Februar 2002. Bayern hat mit einem eigenen Schriftsatz<br />

gegen die Aufsicht des Bundesumweltministeriums beim<br />

Reaktor Biblis A geklagt. Diese Klage Bayerns, die die<br />

Klage Hessens unterstützt hat, wurde im Februar abgelehnt.<br />

Auf der Rechtsgrundlage des Atomgesetzes,<br />

bestätigt durch dieses Urteil, ist nun diese Weisung<br />

erfolgt.<br />

Das Bundesumweltministerium erteilt aufgrund der Aussage<br />

des bayerischen Umweltministeriums, dass ja alles<br />

in Ordnung sei, die Betriebsgenehmigung, sagt aber<br />

gleichzeitig, dass betriebsbegleitende weitere Prüfungen<br />

notwendig sind und übermittelt der bayerischen Aufsichtsbehörde<br />

einen Fragenkatalog. Dieser wird nicht<br />

beantwortet. Die Bitte um Fachgespräche mit dem Gutachter,<br />

dem bayerischen TÜV, wird viermal abgelehnt.<br />

Ich frage Sie: Wenn eine Behörde ordnungsgemäß gearbeitet<br />

und nichts zu verbergen hat, warum wird dann dieses<br />

Fachgespräch abgelehnt? Warum wird der Fragenkatalog<br />

nicht beantwortet? Können Sie mir das sagen?<br />

Ich wäre sehr dankbar, wenn diese Frage heute vom<br />

bayerischen Umweltminister beantwortet würde.<br />

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/<br />

DIE GRÜNEN und der SPD)<br />

Die Fachgespräche werden doch nur abgelehnt, wenn<br />

irgendetwas zu vertuschen ist; ansonsten spiele ich<br />

doch mit offenen Karten. Warum werden diese Gespräche<br />

verweigert, wenn eine Kritik jeglicher Grundlage entbehrt?<br />

Ich muss sagen: Das bayerische Umweltministerium<br />

ist als Aufsichtsbehörde wahrscheinlich in höchster<br />

Beweisnot. Hier muss wohl einiges vertuscht werden.<br />

Warum werden diese klärenden Fachgespräche, die die<br />

Sicherheit des Atomkraftwerks Isar I betreffen, nicht<br />

durchgeführt? Ich bin sehr auf die Erklärung gespannt,<br />

die wir heute erhalten. Ich bin insofern sehr gespannt,<br />

als es doch einige Äußerungen auch des bayerischen<br />

Umweltministers gibt, in denen er sagt, dass in Bayern<br />

alles transparent gemacht wird. Ich darf beispielsweise<br />

aus dem Wortprotokoll einer ersten <strong>Sitzung</strong> zitieren, die<br />

im Umweltausschuss zu dieser gesamten Thematik am<br />

18. Oktober 2001 stattgefunden hat. Umweltminister<br />

Schnappauf sagte: „Es gibt nichts, aber auch überhaupt<br />

nichts, was es hier zu verbergen gäbe.“ Bitte: Warum<br />

dann nicht Transparenz und Offenheit? Er fordert auch –<br />

ich zitiere –: „Ich erwarte, dass auch hier die Betreiber ihr<br />

Eigeninteresse an der Aufklärung dieses Falles mit einbringen“.<br />

In der <strong>Sitzung</strong> am 6. Dezember 2001, in der<br />

eine große Aussprache zu diesen Sicherheitsfragen

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