89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode 6381<br />
stattfand, betonte Umweltminister Schnappauf, „dass für<br />
ihn Offenheit und Transparenz wichtig sind und deshalb<br />
nichts verheimlicht wird.“ So steht es im Protokoll vom 6.<br />
Dezember 2001. Ich bin heute wirklich sehr gespannt,<br />
mit welcher Begründung Sie die Fachgespräche bis jetzt<br />
viermal abgelehnt haben.<br />
Dass diese Überprüfungen und das Fachgespräch sehr<br />
notwendig sind, hat die <strong>Sitzung</strong> am 6. Dezember 2001,<br />
in der es auch inhaltlich um die Aussagen des Gutachtens<br />
der Firma Colenco gegangen ist, gezeigt. Wir<br />
haben damals mit Anträgen versucht, einen unabhängigen<br />
Gutachter mit dieser Untersuchung zu beauftragen.<br />
Unser Antrag ist leider gescheitert. Dieses Gutachten<br />
selbst hat erhebliche Mängel aufgezeigt. Es ist nicht so,<br />
dass selbst die Firma Colenco gesagt hätte, alles wäre in<br />
Ordnung.<br />
(Hofmann (CSU): Wo denn?)<br />
– Sie hat beispielsweise bei der Beurteilung der Organisation<br />
unter Punkt 4, Herr Hofmann, auf Seite 13/2 des<br />
Gutachtens ausgeführt – ich zitiere aus der Bewertung –:<br />
Die fach- und projektbezogene Organisation auf der<br />
Baustelle weist je nach Umfang anfallender Tätigkeiten<br />
eine Vielzahl an Organisationseinheiten<br />
unterschiedlicher Stärke aus, wodurch die Abwicklung<br />
von Prüf- und Abnahmetätigkeiten des TÜV<br />
unübersichtlich erscheint. Es wäre zu überlegen,<br />
der Projektleitung zur Optimierung der Arbeitsabwicklung<br />
besser eine Koordinierungsstelle zuzuordnen,...<br />
(Hofmann (CSU): Genauso ist es!)<br />
Damit sagt der Gutachter, dass eine große Unübersichtlichkeit<br />
geherrscht hat. Genau der Klärung dieser Sachlage<br />
dient dieses Fachgespräch. Diese Klärung wird verweigert.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Es ist doch so, dass die Firma Colenco nur überprüft hat,<br />
ob die Nachweise unterschrieben sind, ob der TÜV sein<br />
Zeichen daraufgesetzt hat, aber es ist doch nie überprüft<br />
worden, ob die Nachweise des Ausschlusses von Leckagen,<br />
von Bruch von wichtigen Leitungen richtig durchgeführt<br />
wurden, ob die Prüfungen ordnungsgemäß stattgefunden<br />
haben, wie diese Nachweise zustande gekommen<br />
sind, ob beispielsweise die Messungen der TÜV<br />
selbst durchgeführt hat oder nur der Betreiber, ob der<br />
TÜV dabei war oder ob er nur nachträglich unterschrieben<br />
hat. All dieses wurde nicht überprüft. Das sind doch<br />
die entscheidenden Fragen. Genau darum muss ein<br />
Fachgespräch mit dem TÜV stattfinden. Dieses<br />
Gespräch wird ständig verweigert.<br />
Daneben haben wir ständig gesagt – dieses fordern wir<br />
auch heute im Antrag –: Wir fordern einen unabhängigen<br />
Gutachter; denn die Firma Colenco ist ganz offensichtlich<br />
mit der Atomindustrie verknüpft. Sie war am Bau<br />
Schweizer Atomkraftwerke beteiligt; sie hat eine Verflechtung<br />
mit RWE, die allerdings reduziert wurde, weil<br />
Colenco nicht mehr wirtschaftlich arbeitete und dann an<br />
leitende Angestellte verkauft wurde. Wir wissen auch<br />
von folgendem Fall: Ein Mitarbeiter von Colenco, der das<br />
Gutachten für das bayerische Kernkraftwerk Isar I leitend<br />
durchgeführt hat, war in den achtziger Jahren an<br />
Untersuchungen von Philippsburg I beteiligt. Er hat dort<br />
falsche Erklärungen abgegeben. Er hat bestätigt, dass<br />
Untersuchungen durchgeführt wurden, die aber tatsächlich<br />
nicht durchgeführt worden sind. Daraufhin ging das<br />
Atomkraft Philippsburg ans Netz, obwohl eine falsche<br />
Erklärung vorlag. Dieser Mitarbeiter ist dann vom TÜV<br />
Baden zur Firma Colenco gewechselt und wurde jetzt<br />
beauftragt, die Vorgänge beim Atomkraftwerk Isar I zu<br />
untersuchen.<br />
Das geht nicht. Darum fordern wir in unserem Antrag,<br />
korrekte Untersuchungen durchzuführen.<br />
Nicht mehr nachvollziehbar ist es, dass sich das bayerische<br />
Umweltministerium hinstellt und sagt, dass es mit<br />
höchster Transparenz arbeite und dass ihm die Sicherheit<br />
der Bevölkerung ein großes Anliegen sei. Dann lassen<br />
Sie die Transparenz auch gegenüber der Bundesaufsicht<br />
zu und führen Sie endlich dieses Fachgespräch<br />
durch. Geben Sie alle Unterlagen an das Bundesumweltministerium<br />
weiter, damit der Katalog der offenen<br />
Fragen endlich beantwortet wird. Sie sind jetzt in der<br />
Pflicht. Wir haben am 6. Dezember bei der Debatte im<br />
Umweltausschuss sehr wohl auf die dubiosen Antworten<br />
der Firma Colenco hingewiesen. Umweltminister Dr.<br />
Schnappauf hatte jedoch nichts besseres zu tun, als dieser<br />
Firma einen Persilschein auszustellen und zu<br />
behaupten, es wäre alles in Ordnung.<br />
Herr Umweltminister Dr. Schnappauf, Sie haben heute<br />
die Gelegenheit, hier zu erklären, dass dieses Gespräch<br />
stattfinden wird. Außerdem haben Sie zu erklären,<br />
warum Sie dieses Gespräch viermal verweigert haben<br />
und Sie müssen erklären, warum der Fragenkatalog bis<br />
heute nicht beantwortet worden ist.<br />
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Das Bundesumweltministerium hat – bestätigt durch das<br />
Verfassungsgericht in Karlsruhe – die oberste Aufsicht<br />
und nimmt diese Aufsichtspflicht zugunsten der Bevölkerung<br />
sehr ernst. Isar I ist das älteste bayerische Kraftwerk.<br />
Dieses Kraftwerk ist marode. In den druckführenden<br />
Leitungen sind mehrere Lecks aufgetreten. Ihr Vorgänger<br />
hat Leckagen lange verheimlicht. Jetzt muss<br />
überprüft werden, ob diese Rohrleitungen vor Brüchen<br />
gesichert sind. Diese Frage ist sicherheitsrelevant. Wir<br />
müssen klären, ob die Schweißnähte ordnungsgemäß<br />
repariert wurden. Außerdem müssen wir klären, wie die<br />
Zusammenarbeit zwischen den Betreibern, dem TÜV<br />
und der Atomaufsichtsbehörde läuft.<br />
Wir haben den Eindruck, dass hier ein „Bermuda-Dreieck“<br />
vorhanden ist, in dem wichtige Unterlagen verschwinden<br />
und Vorgänge verheimlicht und vertuscht<br />
werden. Herr Umweltminister, wenn Sie sich heute an<br />
dieses Pult stellen und sagen, das Bundesumweltministerium<br />
hätte keine rechtlichen Möglichkeiten, sollten Sie<br />
sich das Biblis-Urteil vom 19. Februar 2002 ins Gedächtnis<br />
rufen. Sie sollten sich auch an die Klage Bayerns<br />
erinnern, bei der Sie behauptet haben, der Bund dürfte