89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode 6363<br />
Folgen der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften<br />
werden für die Familienmitglieder schwerwiegend sein.<br />
Dieser aufgrund des Gesetzes zu erwartende Sachverhalt<br />
dürfte unter Umständen auch zu einer schwierigeren<br />
Situation bei der Übernahme eines Arbeitsplatzes<br />
gerade in ländlich strukturierten Gegenden führen.<br />
Auf einen weiteren Punkt möchten wir aufmerksam<br />
machen. Dieser Punkt ist seitens des Sozialreferats der<br />
Landeshauptstadt München besonders herausgearbeitet<br />
worden. Eine einheitliche Versorgung wird die Standards<br />
bei der Unterbringung selbstverständlich nach<br />
unten nivellieren. Das ist ein ernst zu nehmendes Problem.<br />
Die nachgewiesenermaßen höheren qualitativen<br />
wie auch quantitativen Standards insbesondere der Landeshauptstadt<br />
München würden dabei verloren gehen.<br />
Der Vorschlag Münchens lautet, die bisher geleistete<br />
Arbeit, die gerade bei der sozialen Betreuung durch die<br />
Landeshauptstadt München und die damit verbundenen<br />
sozialen Dienste weit über dem bayernweiten Standard<br />
liegt, weiterzuführen und die dadurch entstehenden Kosten<br />
der zuständigen Stelle in Rechnung zu stellen. Der<br />
Änderungsantrag der SPD-<strong>Landtag</strong>sfraktion, der diese<br />
wesentlichen Kritikpunkte aufgenommen hat, wurde von<br />
der Mehrheit im Bayerischen <strong>Landtag</strong> bedauerlicherweise<br />
– das sage ich ganz eindringlich – abgelehnt.<br />
Somit tritt die Neuerung, von der Staatsregierung beabsichtigt,<br />
wie geplant in Kraft und eröffnet nicht die Möglichkeit,<br />
neben der einheitlichen Zuständigkeit auch die<br />
einheitlich höheren qualitativen Standards der sozialen<br />
Betreuung sicherzustellen.<br />
Dies waren die Gründe, weshalb wir diesen Änderungsantrag<br />
gestellt hatten, den die Staatsregierung abgelehnt<br />
hat. Aus den genannten Gründen werden wir auch<br />
dem Gesetzentwurf nicht zustimmen.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Präsident Böhm: Als Nächster hat Herr Kollege König<br />
das Wort.<br />
König (CSU): Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen!<br />
Das zu beschließende Aufnahmegesetz ist in mehrerlei<br />
Hinsicht ein gelungener Wurf. Es führt zum Ersten zur<br />
Verwaltungsvereinfachung, zum Zweiten zu erheblichen<br />
Kosteneinsparungen bei den Bezirken und damit auf<br />
allen kommunalen Ebenen und zum Dritten zu mehr<br />
Gerechtigkeit, weil zu einheitlichen Regelungen für vergleichbare<br />
Fallgruppen.<br />
Wie Sie wissen, Kolleginnen und Kollegen, sind bisher<br />
bezüglich der Unterbringung und Versorgung von Leistungsberechtigten<br />
nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz<br />
unterschiedliche Zuständigkeiten gegeben. Während<br />
für die Asylbewerber und ihre engsten Angehörigen<br />
zurzeit der Staat zuständig ist, sind für alle anderen –<br />
Bürgerkriegsflüchtlinge, geduldete abgelehnte Asylbewerber,<br />
vollziehbar zur Ausreise verpflichtete Personen<br />
usw. – die Bezirke zuständig, welche die Aufgaben wiederum<br />
auf die Landkreise und die kreisfreien Städte<br />
delegiert haben. Im Ergebnis hat dies bisher oftmals zu<br />
einem Zuständigkeitswirrwarr geführt, wenn zum Beispiel<br />
bei einer Großfamilie unterschiedliche Zuständigkeiten<br />
gegeben waren, und insbesondere zu Zuständigkeitskonflikten<br />
zum Zeitpunkt der Asylablehnung, wenn<br />
es in die Folgeverfahren ging. All dies wird behoben werden<br />
mit dem Wegfall des bisher geltenden Gesetzes ab<br />
dem 1. Juli und der Wirksamkeit des zu beschließenden<br />
Aufnahmegesetzes. Der Freistaat Bayern wird für alle<br />
diese Personenkreise einheitlich zuständig werden für<br />
die Regelung der Unterbringung und die soziale Versorgung.<br />
Der Gesetzentwurf, der in verschiedenen Ausschüssen<br />
beraten wurde, federführend im Ausschuss für Verfassungs-,<br />
Rechts- und Parlamentsfragen, hat eine Änderung<br />
erfahren durch einen Änderungsantrag aus den<br />
Reihen der CSU-Fraktion, der notwendig war, um für die<br />
gesamte Personengruppe zu gewährleisten, dass es in<br />
Verteilungs- und Zuweisungsentscheidungen ebenso<br />
wie in Anordnungen bezüglich des Wohnsitzes kein<br />
Widerspruchsverfahren und auch keine aufschiebende<br />
Wirkung im Klagefall gibt.<br />
Wie Frau Kollegin Hirschmann schon sagte, wird der<br />
Gesetzentwurf von allen kommunalen Verbänden<br />
begrüßt. Das verwundert auch nicht, denn der Gesetzentwurf<br />
wird hinsichtlich der Übernahme der Aufgaben<br />
und damit auch der Kosten zu einer spürbaren finanziellen<br />
Entlastung aller kommunalen Ebenen führen –<br />
geschätzt werden rund 70 Millionen Euro pro Jahr. Das<br />
ist ein weiterer Beitrag zur finanziellen Entlastung der<br />
Kommunen. Schon von daher, Frau Kollegin Hirschmann,<br />
ist und bleibt es für uns unverständlich, dass Sie<br />
sagen, Sie können dem Gesetzentwurf nicht zustimmen,<br />
denn damit verweigern Sie dieser weiteren finanziellen<br />
Entlastung der Kommunen Ihre Zustimmung.<br />
Was die einheitliche Unterbringung angeht, die Sie als<br />
einen Grund für Ihre Ablehnung des Gesetzentwurfes<br />
anführen, darf ich darauf verweisen, Frau Kollegin<br />
Hirschmann, dass Artikel 4 des Aufnahmegesetzes zwar<br />
in Absatz 1 dem Grunde nach in allen Fällen die Unterbringung<br />
in Gemeinschaftsunterkünften vorsieht, dass<br />
es aber nach Absatz 4 durchaus den Ausnahmefall gibt,<br />
der es gestattet, die Unterbringung eben nicht in<br />
Gemeinschaftsunterkünften, sondern in Privatunterkünften<br />
vorzunehmen.<br />
(Dr. Hahnzog (SPD): Das soll aber die absolute<br />
Ausnahme sein!)<br />
Von daher sei es mir erlaubt, lieber Kollege Dr. Hahnzog,<br />
darauf hinzuweisen, dass es auch weiterhin möglich sein<br />
wird – daran ändern auch Ihre Zwischenrufe nichts –, in<br />
einzelnen Fallgruppen, bei Großfamilien, bei Aidskranken<br />
usw., eine anderweitige Unterbringung zu gewährleisten.<br />
Von daher geht Ihre Behauptung fehl, dass nur<br />
noch Gemeinschaftsunterkünfte in Betracht kämen.<br />
Dagegen halten wir den von Ihnen eingebrachten Änderungsantrag<br />
– das sei auch noch einmal angefügt – deshalb<br />
für ungeeignet, weil er in den meines Erachtens<br />
sehr gelungenen Gesetzentwurf eine Vielzahl weiterer<br />
unbestimmter Rechtsbegriffe eingefügt hätte, die wiederum<br />
erst zu klären wären. Wo werden solche Begriffe