89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode 6367<br />
bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion<br />
der CSU und die Kollegin Grabmair. Gegenstimmen? –<br />
Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine.<br />
Dann ist das so beschlossen.<br />
Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten<br />
wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in<br />
die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher<br />
Form durchzuführen. – Widerspruch erhebt sich<br />
nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden<br />
Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und<br />
Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den<br />
bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktion<br />
der CSU und die Kollegin Grabmair. Gegenstimmen<br />
bitte ich auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Das sind<br />
die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/<br />
DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Es gibt keine. Das<br />
Gesetz ist damit so angenommen. Es hat den Titel<br />
„Gesetz über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten<br />
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz<br />
(Aufnahmegesetz)“.<br />
Mit der Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung<br />
des federführenden Ausschusses für Verfassungs-,<br />
Rechts- und Parlamentsfragen hat der Änderungsantrag<br />
der Abgeordneten Welnhofer, Dr. Merkl, Obermeier auf<br />
der Drucksache 14/9161 seine Erledigung gefunden.<br />
Das Hohe Haus nimmt davon zustimmend Kenntnis.<br />
Ich rufe auf:<br />
Tagesordnungspunkt 9<br />
Antrag der Abgeordneten Paulig, Tausendfreund, Dr.<br />
Runge und anderer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
Flugverbotszonen im Umkreis von Atomreaktoren<br />
(Drucksache 14/8216)<br />
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Paulig.<br />
Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsidentin,<br />
sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem<br />
Antrag „Flugverbotszonen im Umkreis von Atomreaktoren“<br />
fordern wir die Staatsregierung auf, ihren eigenen<br />
Kabinettsbeschluss umzusetzen. Die Staatsregierung<br />
hat am 20. November letzten Jahres beschlossen, dass<br />
Atomkraftwerke nicht mehr überflogen werden sollen,<br />
also ein grundsätzliches Überflugverbot. Herr Umweltminister<br />
Schnappauf hat sich dann ganz klar dafür ausgesprochen,<br />
dass es in Sachen Kernenergiesicherheit für<br />
die CSU keine Kompromisse gibt. Sie haben im Kabinett<br />
diesen Beschluss getroffen. Die einzige Folge dieses<br />
Kabinettsbeschlusses, den Sie an den Atomkraftwerkstandorten<br />
natürlich großartig verkündeten, war ein<br />
Schreiben von Herrn Wiesheu an den Bundesverkehrsminister<br />
im Januar, in dem er fordert, dieses umzusetzen,<br />
möglicherweise mit einem Umgriff von 1,6 Kilometern<br />
und 600 Metern Höhe.<br />
Wir finden: Das ist zu wenig. Wir begrüßen den Kabinettsbeschluss.<br />
Wir sagen: Hier muss konkret gehandelt<br />
werden. Wir fordern mit unserem Antrag die Staatsregierung<br />
auf, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen, dass im<br />
Umkreis von 20 Kilometern einschließlich der Warteschleifen<br />
nicht mehr über Atomkraftwerken geflogen<br />
werden darf. Wir halten dies für sehr wichtig, auch angesichts<br />
der Vorfälle der letzten Monate. Wir stehen mit<br />
großem Nachdruck hinter dieser Forderung. Aus diesem<br />
Grunde stelle ich namens meiner Fraktion klar, dass wir<br />
zu diesem Antrag eine namentliche Abstimmung beantragen.<br />
Wir wollen dieses Überflugverbot auch für den Forschungsreaktor<br />
FRM II nahe bei München; denn im Falle<br />
eines Unfalles ist die Großstadt betroffen. Auch das<br />
sollte Sie dazu bewegen, für Überflugverbote zu stimmen.<br />
Diese Forderung nach Überflugverboten wird beispielsweise<br />
von Herrn Deimer, Oberbürgermeister in<br />
Landshut, unterstützt. Das ist umso verständlicher, als<br />
wir wissen, wie schlecht gesichert beispielsweise das<br />
Atomkraftwerk Isar I ist.<br />
In der Antwort auf meine Anfrage, Drucksache 14/8539,<br />
kam klar zum Ausdruck, dass dieses Kraftwerk stellenweise<br />
nur eine Wanddicke von 35 Zentimetern hat. Es ist<br />
lediglich gegen den Einschlag eines bereits im Museum<br />
stehenden Starfighters gesichert, nicht gegen den Einschlag<br />
einer Phantom. Wir alle wissen, dass kein Atomkraftwerk<br />
gegen den Absturz einer vollbesetzten Passagiermaschine<br />
gesichert ist. Das sollte uns zu denken<br />
geben. Natürlich kann ein Überflugverbot nie eine<br />
Sicherheit vor terroristischen Angriffen bieten. Ein Überflugverbot<br />
könnte jedoch die Sicherheit vor Unfällen mit<br />
Passagiermaschinen geben. Deshalb halten wir ein<br />
Überflugverbot im Umkreis von 20 Kilometern für notwendig.<br />
Dafür ist die Rechtslage auf Bundesebene durchaus<br />
gegeben. Derzeit sind fünf atomtechnische Anlagen mit<br />
Überflugverboten belegt. Allerdings handelt es sich<br />
dabei um stillgelegte Reaktoren und stillgelegte Atomforschungsanlagen.<br />
Warum sprechen wir Flugverbote für<br />
stillgelegte Anlagen und nicht für Reaktoren aus, die ein<br />
wesentlich höheres Gefahrenpotenzial haben? Deshalb<br />
sollten wir heute aktiv werden. Ich möchte diese Aufforderung<br />
mit Angaben aus dem Wirtschaftsministerium<br />
untermauern, die ich als Antwort auf meine Anfrage<br />
erhalten habe. Bei den Atomkraftwerken Grafenrheinfeld,<br />
Gundremmingen, Isar I und beim Versuchsatomkraftwerk<br />
Kahl hatten wir bereits Abstürze zu verzeichnen.<br />
Am 8. November 1994 stürzte ein Strahlflugzeug in<br />
Grafenrheinfeld ab. Am 16. März 1981 stürzte innerhalb<br />
eines Umkreises von 20 Kilometern ein Flugzeug bei<br />
Gundremmingen ab. Am 30. März 1988 stürzte ein<br />
Strahlflugzeug beim Kernkraftwerk Isar nur wenige Flugsekunden<br />
vom Reaktor entfernt ab. Beim Versuchsatomkraftwerk<br />
Kahl hat es drei Abstürze gegeben. Dabei handelte<br />
es sich um Abstürze militärischer Maschinen.<br />
Selbstverständlich muss sich ein solches Überflugverbot<br />
neben zivilen auch auf alle militärischen Maschinen<br />
beziehen. Hier gibt es bereits eingeschränkte Verbote,<br />
die wir jedoch nicht für ausreichend halten.<br />
Ich möchte noch einige interessante Hinweise geben:<br />
Bei den Atomkraftwerken Isar I und Isar II sind die<br />
nächstgelegenen Luftstraßen gerade einmal drei Kilometer<br />
entfernt. Bei Gundremmingen beträgt der Abstand<br />
zur nächsten Luftstraße sieben Kilometer und bei Gra-