89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode 6361<br />
brauchten unbedingt einen Beirat, weil sie sich sonst<br />
nicht artikulieren könnten. Sie unterschätzen unsere<br />
Senioren gewaltig.<br />
(Beifall bei der CSU)<br />
Der Erfahrungsschatz der Senioren ist uns sehr wichtig.<br />
Bei uns wird der Erfahrungsschatz sehr ernst genommen,<br />
und wir hören uns gern an, was uns die Senioren<br />
zu sagen haben. Und, liebe Frau Kollegin, wir hören uns<br />
das nicht nur an, sondern in der Region, aus der ich<br />
stamme, arbeiten sehr viele ältere Menschen, die über<br />
60 oder 65 Jahre alt sind, sehr aktiv in den Gemeindeund<br />
Stadträten mit.<br />
(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die haben<br />
Sie sogar im <strong>Landtag</strong>!)<br />
– Sehen Sie, Herr Dürr, wir haben diese Menschen im<br />
<strong>Landtag</strong>, und wir sind stolz auf sie. Vielleicht täten Ihnen<br />
mehr Ältere in den eigenen Reihen auch gut. Dann würden<br />
Sie einiges vielleicht mit mehr Gelassenheit behandeln.<br />
Es ist richtig, dass die alten Menschen ein Mitspracherecht<br />
brauchen. Das haben Sie auch. Aber eines wollen<br />
wir mit Sicherheit nicht: Wir wollen keine Lobbypolitik<br />
entwickeln. Warum sollen wir eigentlich nur für die<br />
Senioren Beiräte schaffen? – Mit denselben Argumenten<br />
könnte ich Beiräte für Jugendliche, Kinder, Behinderte<br />
und andere maßgebliche Gruppen unserer Gesellschaft<br />
schaffen. Was soll denn das? – Wir haben doch keine<br />
Lobbydemokratie, sondern eine Demokratie, die für alle<br />
Menschen gleichermaßen da ist, egal wie alt oder jung<br />
sie sind. Alle können in der Demokratie mitarbeiten. Sie<br />
wollen, so steht es in Ihrem Antrag, dass die Interessen<br />
gerade dieser Gruppe behandelt werden. Was ist das für<br />
eine einseitige Sichtweise und für eine Politik? – Die<br />
führt uns sicher nicht zu mehr Gemeinsamkeit in der<br />
Gesellschaft.<br />
Meine Damen und Herren, es sei erlaubt, darauf hinzuweisen,<br />
welche Erfahrungen wir mit solchen Beiräten<br />
gemacht haben. Gehen Sie doch einmal in die Städte<br />
und Gemeinden, in denen es schon einmal ein Jugendparlament<br />
gegeben hat. Denken Sie an die Ausländerbeiräte.<br />
Alle diese Gremien sind kurzfristig aufgeblüht,<br />
dann aber schnell wieder verschwunden, weil sie nichts<br />
gebracht haben und nur dazu benutzt wurden, Eitelkeiten<br />
zu pflegen. Dafür ist uns die Politik in unserer Demokratie<br />
zu schade.<br />
Deshalb kann ich nur feststellen, dass wir in allen Parlamenten<br />
– ich bin Herrn Kollegen Dr. Dürr für seinen Hinweis<br />
dankbar – über Mitarbeiter und Berater verfügen,<br />
die allen Altersgruppen angehören. Darum brauchen wir<br />
so etwas Einseitiges wie die Seniorenbeiräte nicht. Die<br />
Probleme von einzelnen Gruppen müssen hier im<br />
Gesamtzusammenhang behandelt und dürfen nicht isoliert<br />
betrachtet werden. Wir wollen keine Gruppeninteressen<br />
verfechten, sondern für alle Altersgruppen arbeiten.<br />
Dazu zählt für uns der Schutz des Gemeinde- und<br />
Stadtrats. Dieser soll weiterhin verantwortlich sein. Das<br />
gehört zum Selbstverwaltungsrecht, welches wir sehr<br />
hoch schätzen. Ich meine, dass dieses bisher auch in<br />
Ihrer Fraktion sehr hochgehalten worden ist. Freiwillige<br />
und beratende Tätigkeit durch engagierte Senioren ist<br />
für uns selbstverständlich. Diese Arbeit würde durch die<br />
Erzeugung von einengenden Sichtweisen eher behindert.<br />
Ich kann zusammenfassend für uns feststellen, dass wir<br />
die Gemeinde- und Stadträte, die wir bisher haben, nicht<br />
nur als ausreichend, sondern als sehr gut bezüglich der<br />
Repräsentation betrachten. Dort entscheiden alle Wähler,<br />
und wir beteiligen unsere Senioren genauso wie<br />
unsere jungen Menschen. Aus diesem Grunde sehen wir<br />
keine Veranlassung, diesem Antrag zuzustimmen.<br />
(Beifall bei der CSU)<br />
Präsident Böhm: Das Wort hat Frau Kollegin Schopper.<br />
Frau Schopper (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (von der<br />
Rednerin nicht autorisiert): Herr Präsident, sehr geehrte<br />
Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Heike hat sich<br />
widersprüchlich geäußert. Auf der einen Seite sagte er,<br />
dass es keiner Lobbyarbeit für die Alten bedürfe, auf der<br />
anderen Seite sprach er davon, dass die Seniorenbeiräte<br />
nicht funktionieren würden, weil die Senioren nach<br />
kurzer Zeit ihr Interesse daran verlieren würden, so wie<br />
es auch bei anderen Beiräten der Fall war. Mich wundert,<br />
dass sich die CSU auf einmal die Einschätzung der kommunalen<br />
Gebietskörperschaften zu Eigen macht und die<br />
Meinung des Städte- und Gemeindetages teilt, der sich<br />
bisher nicht gerade euphorisch zu den Seniorenbeiräten<br />
geäußert hat. Ich würde mir wünschen, dass die CSU die<br />
Position des Städte- und Gemeindetags auch einmal in<br />
Fällen würdigt, in denen diese der Haltung der CSU<br />
widerspricht. Die CSU pflichtet dem Gemeinde- und<br />
Städtetag nur dann bei, wenn es in ihr politisches Konzept<br />
passt.<br />
Wir haben in den Beratungen im Sozialausschuss immer<br />
wieder gehört, oftmals seien auch die Bürgermeister<br />
dagegen. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich<br />
glaube, dass ein wirkliches politisches Engagement vieler<br />
alter, aktiver Menschen gar nicht so sehr gewünscht<br />
wird. Die Bürgermeister lassen sich gerne mit der Seniorentanzgruppe<br />
ablichten. Das gibt ein schönes Bild in<br />
der Zeitung. Aber wenn unbequeme Wahrheiten zutage<br />
kommen, ist ihnen das, glaube ich, nicht mehr so Recht.<br />
(Beifall des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/<br />
DIE GRÜNEN))<br />
Was den Gesetzentwurf angeht, den die SPD-Fraktion<br />
eingebracht hat und dem wir auch zustimmen werden,<br />
so hätten wir gerne die Kompetenzen der Seniorenbeiräte<br />
sowie ihre Möglichkeiten und Mitwirkungsrechte<br />
etwas näher definiert gehabt. Aber wenn schon dieser<br />
kleine Schritt, in Gemeinden über 5000 Einwohner die<br />
Bildung von Seniorenbeiräten als verbindlich anzusehen,<br />
abgelehnt wird, brauchen wir über die Kompetenzen<br />
gar nicht erst zu streiten.<br />
Wir glauben, dass wir aufgrund der demografischen Entwicklung<br />
und aufgrund der Skandale im Pflegebereich<br />
und in der stationären Altenversorgung auch eine Lobby