89. Sitzung - Bayerischer Landtag
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Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode 6395<br />
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ach (CSU):<br />
Lachhaft!)<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächster Redner ist<br />
Herr Kollege Dinglreiter. Bitte schön.<br />
Dinglreiter (CSU): Herr Präsident, verehrte Kolleginnen<br />
und Kollegen! Herr Wörner hat mit dem Wahlkampf<br />
begonnen, und wenn ich mir vergegenwärtige, was er<br />
gesagt hat, kann ich nur feststellen: Der Wahlkampf verführt<br />
allenfalls zu dummen Sprüchen.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CSU)<br />
Mehr haben wir nicht gehört. Herr Wörner, das, was Sie<br />
anmahnen, um Arbeitnehmer zu schützen, ist gescheitert.<br />
Sozial ist, was Arbeit schafft, und das haben Sie<br />
nicht erreicht. Da hilft alles nichts, was Sie hier erzählen.<br />
Wir wollen nicht nur ein Tariftreuegesetz, sondern Bayern<br />
hat es angestoßen, wie Sie am Schluss noch<br />
erwähnt haben. Im Dezember 2000 gab es eine Initiative<br />
des Freistaats zur Ermächtigung des Landesgesetzgebers,<br />
für Bauaufträge von öffentlichen Auftraggebern<br />
Tariftreue einfordern zu können. Kaum sind eineinhalb<br />
Jahre vergangen, hat die Bundesregierung „schon“ ein<br />
Gesetz geschaffen. Das ist hervorragend. Da muss man<br />
sich auch noch damit brüsten, dass das etwas Besonderes<br />
sei. Wir brauchen da also keine Nachhilfe von Ihnen,<br />
absolut nicht.<br />
Es geht darum, dass die Länder in ihrem eigenen<br />
Zuständigkeitsbereich auch in eigener Verantwortung<br />
entscheiden können. Mehr wollen wir nicht.<br />
(Beifall bei Abgeordneten der CSU)<br />
Der Bund soll das für seinen Bereich tun.<br />
Lassen Sie mich einige Anmerkungen zum Grundsätzlichen<br />
machen. Der Bundestag hat am 26. April 2002 das<br />
Gesetz zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen<br />
und zur Einrichtung eines Registers über unzuverlässige<br />
Unternehmen beschlossen. Mit diesen Beschlüssen<br />
wird zum einen ein Tariftreuegesetz und zum anderen<br />
die gesetzliche Grundlage für die Einrichtung eines<br />
Registers unzuverlässiger Unternehmen geschaffen.<br />
Das ist im Grundsatz unbestritten.<br />
Dem Tariftreuegesetz zufolge sollen öffentliche Auftraggeber<br />
Aufträge über Baumaßnahmen und im öffentlichen<br />
Verkehr Aufträge ab 100000 Euro nur an Unternehmen<br />
vergeben können, die sich verpflichten, mindestens<br />
den einschlägigen Tariflohn zu zahlen. Dies ist auch<br />
von ihren Nachunternehmern zu verlangen. Dies soll<br />
durch Vertragsstrafenregelungen und die Möglichkeit,<br />
bei grob fahrlässigem Verstoß gegen die Tariftreueregelung<br />
auch fristlos zu kündigen, abgesichert sein.<br />
Der Entwurf dieses Gesetzes wurde am 1. Februar 2002<br />
im Bundesrat behandelt. Dort war es nicht so, dass nur<br />
der Freistaat Bayern oder andere oder nur die ostdeutschen<br />
Länder Einwände dagegen gehabt hätten. Es<br />
wurde eine ganze Reihe von Wünschen geäußert, zum<br />
Beispiel auch von Nordrhein-Westfalen. Einiges von<br />
dem, was gerade die ostdeutschen Länder wollten, ist in<br />
diesem Gesetz auch berücksichtigt worden. Dennoch<br />
gibt es noch Handlungsbedarf.<br />
Wenn das Tariftreuegesetz kontrovers diskutiert wurde<br />
wie in der Bundestagsdebatte, dann kann man nicht<br />
allen Argumenten, die dagegen aufgeworfen werden,<br />
von vornherein ihre Berechtigung absprechen, auch<br />
wenn wir sie in Bayern nicht teilen. Da gibt es vieles, was<br />
bedenkenswert ist. Ich rate Ihnen, lesen Sie die Protokolle<br />
einmal nach.<br />
Vor allem von den Ländern Ostdeutschlands wird dieses<br />
Tariftreuegesetz kontrovers beurteilt, weil dort die massive<br />
Angst vorherrscht, dass Betriebe, die unter Tarif<br />
bezahlen, und zwar vereinbart zwischen Betriebsrat und<br />
Unternehmen, möglicherweise von öffentlichen Aufträgen<br />
generell ausgesperrt werden könnten.<br />
Das ist die Befürchtung, die Sachsen und Thüringen einbringen.<br />
Deshalb, denke ich, muss man sich erst einmal damit<br />
beschäftigen, ob man es in einer generellen gesetzlichen<br />
Regelung auf der deutschen Ebene hinnehmen<br />
kann, dass ostdeutsche Unternehmen Nachteile erleiden.<br />
Aber das gilt nicht nur für Ostdeutschland, das gilt<br />
auch für andere.<br />
Sie müssen auch einmal, wenn ich das einflechten darf –<br />
weil Sie den öffentlichen Personennahverkehr angesprochen<br />
haben –, sehen, ob es richtig ist, was der MVV<br />
privaten Unternehmern bezahlt. Ich höre immer wieder,<br />
dass Unternehmer sagen: Ich kann nicht tariflich bezahlen,<br />
denn dann muss ich aufhören! Wollen Sie, dass die<br />
Stadtwerke dann selber alles betreiben müssen? Wir<br />
wollen auch Privaten eine Chance geben. Da ist vieles<br />
zu tun. Klopfen Sie zunächst einmal an ihre eigene<br />
Brust, anstatt anderen immer Vorhaltungen zu machen,<br />
was sie alles versäumen!<br />
Es gibt also eine ganze Reihe von Dingen, die da zu<br />
berücksichtigen sind. Aus diesem Grund sind wir der<br />
Auffassung: Das Tariftreuegesetz soll für den Bund gelten,<br />
so wie es ist. Das Tariftreuegesetz soll im Grundsatz<br />
für die Länder gelten, wie es ist, aber es soll eine Öffnungsklausel<br />
eingefügt werden, damit Länder in begründeten<br />
Fällen eigene Regelungen treffen können. Das ist<br />
unser Beschluss; den halten wir für richtig. Ihrem Vorschlag<br />
können wir nicht zustimmen.<br />
(Beifall bei der CSU)<br />
Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als Nächste hat Frau<br />
Staatsministerin Stewens das Wort.<br />
Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium):<br />
Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Als<br />
Erstes sage ich ganz klar: Bayern steht zu den Vorgaben<br />
im Beschäftigungspakt. Ich möchte eines sagen: Man<br />
muss sich natürlich einmal anschauen, was im Beschäftigungspakt<br />
unter Punkt 4 steht: „Der Freistaat Bayern<br />
verpflichtet sich, bei der Vergabe neuer Bauaufträge