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89. Sitzung - Bayerischer Landtag

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6364 <strong>Bayerischer</strong> <strong>Landtag</strong> · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/89 v. 15.05.2002<br />

geklärt, liebe Kolleginnen und Kollegen? In aller Regel<br />

vor Gericht, und diese überflüssige Verfahren wollen wir<br />

doch vermeiden.<br />

Ihr zweiter Grund, den Gesetzentwurf abzulehnen, nämlich<br />

Ihr Begehren, es einzelnen kommunalen Gebietskörperschaften,<br />

hier der Stadt München, die von Frau<br />

Kollegin Hirschmann auch benannt wurde, weiterhin zu<br />

ermöglichen, die Zuständigkeit zu behalten, widerspricht<br />

natürlich diametral dem eigentlichen Ansinnen und dem<br />

Beweggrund des Gesetzes, endlich einheitliche Zuständigkeiten<br />

und einfache Verwaltungsstrukturen zu schaffen.<br />

Aus unserer Sicht wäre es nachgerade ein Witz,<br />

wenn man dieses Bestreben sofort wieder dadurch konterkarieren<br />

würde, dass man von vornherein diese Ausnahmeregelung<br />

einbaut mit der Zielvorgabe, der einen<br />

großen Landeshauptstadt München diese Aufgaben zu<br />

belassen. Deshalb haben wir diesen Änderungsantrag<br />

abgelehnt.<br />

Im Ergebnis, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir<br />

– ich habe es gesagt – einen sehr gelungenen Gesetzentwurf.<br />

Es sei auch darauf verwiesen, dass er nur zehn<br />

Artikel umfasst und auf eineinhalb Seiten abgedruckt<br />

werden kann. Das ist ein kurzes, prägnantes Gesetz,<br />

das einen weiten Bereich der Unterbringung und Versorgung<br />

von Menschen regelt. Damit dient dieses Gesetz<br />

auch den betroffenen Menschen und nicht nur, was zum<br />

Beispiel die Kostenentlastung angeht, den Kommunen<br />

oder dem Staat insgesamt, der zu einfacheren Verwaltungsregelungen<br />

kommt. Das Gesetz ist gemeindefreundlich,<br />

es ist bürgerfreundlich, es ist kostensparend.<br />

Es soll zum 1. Juli 2002 in Kraft treten, einzelne Regelungen,<br />

was die Vorbereitung angeht, bereits einen<br />

Monat früher. Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung.<br />

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)<br />

Präsident Böhm: Das Wort hat Frau Kollegin Köhler.<br />

Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):<br />

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wie ich<br />

bereits in der Ersten Lesung und auch bei der Ausschussberatung<br />

deutlich gemacht habe, ist gegen den<br />

Teil des Gesetzes, in dem es um die Kostenübernahme<br />

von Leistungen der Kommune für Bürgerkriegsflüchtlinge<br />

und für geduldete Ausländer und Ausländerinnen<br />

geht, nichts einzuwenden.<br />

(Willi Müller (CSU): Warum lehnen Sie es dann ab?)<br />

Im Gegenteil, Herr Kollege, dieses Gesetz kommt um<br />

mindestens neun Jahre zu spät,<br />

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl<br />

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))<br />

denn seit dem Asylkompromiss von 1993 sollte eine<br />

Regelung in diesem Sinne erfolgen.<br />

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl<br />

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – König (CSU):<br />

Warum lehnen Sie das Gesetz dann ab?)<br />

Da sind Sie vor der Kommunalwahl noch schnell aus<br />

dem Dornröschenschlaf erwacht.<br />

(Willi Müller (CSU): Dann wirds aber Zeit, dass Sie<br />

zustimmen!)<br />

Das ist Punkt eins.<br />

Punkt zwei: Die Bayerische Staatsregierung wäre nicht<br />

die Bayerische Staatsregierung, wenn sie eine solche<br />

Gesetzesänderung nicht für eine restriktivere Handhabung<br />

im Umgang mit Flüchtlingen nützen würde.<br />

(Beifall der Frau Abgeordneten Christine Stahl<br />

(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))<br />

Genau um diese Punkte geht es, wenn wir den Gesetzentwurf<br />

ablehnen.<br />

Grundsätzlich, sagen Sie, kommen nun alle Flüchtlinge<br />

unter die Fuchtel der staatlichen Behörden. Kommunale<br />

Betreuungskonzepte, die sich bewährt haben, die sozialverträglich<br />

sind und der besseren Integration dienen,<br />

werden gekippt werden, wie wir aus der Diskussion über<br />

das Münchner Modell bereits schließen können.<br />

Vor kurzem habe ich die Antwort auf eine schriftliche<br />

Anfrage bekommen. Danach liegen jetzt konkrete Zahlen<br />

vor, wie groß der Personenkreis sein wird, den dieses<br />

Gesetz betrifft. Die Bayerische Staatsregierung<br />

schätzt, dass 24500 Personen in Bayern davon betroffen<br />

sein werden. Wenn ich Ihre Antwort richtig interpretiere,<br />

leben derzeit zirka 18500 Personen außerhalb<br />

staatlicher Unterkünfte, und diese sollen künftig ausschließlich<br />

in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht<br />

werden.<br />

Das wird sicherlich mit einem nicht unerheblichen Aufwand<br />

verbunden sein, und ich kann mir nicht vorstellen,<br />

Herr Kollege König, dass es hier nicht auch eines erheblichen<br />

Verwaltungsaufwandes bedarf.<br />

Viel schwerer wiegt aber, dass die staatliche Übernahme<br />

mit Restriktionen verbunden sein wird, dass gewachsene<br />

Betreuungsstrukturen und Integrationsbemühungen<br />

durch örtliche Initiativen, durch Kommunen zunichte<br />

gemacht werden. In ihrer Antwort auf meine Anfrage<br />

schreibt die Staatsregierung, dass es eine kurzfristige<br />

Rückverlegung schon aus Kapazitätsgründen nicht<br />

geben wird. Daran kann man schon erkennen, welche<br />

Probleme sich gerade in Ballungsräumen durch das<br />

Gesetz ergeben werden.<br />

Langfristig ist zu befürchten, dass Sie mit diesem Gesetz<br />

eine stärkere Kasernierung und Desintegration der<br />

Flüchtlinge zum Ziel haben, und dies, meine Damen und<br />

Herren, kostet zu allem Übel auch noch wesentlich mehr<br />

Geld; denn aus der Antwort auf meine Anfrage ergibt<br />

sich schon, dass diejenigen, die außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte<br />

untergebracht sind, sich bereits<br />

selbst versorgen, sprich: nicht von staatlichen Leistungen<br />

abhängig sind, in der Überzahl sind.<br />

In der Antwort heißt es dazu: „Von 2900 Asylbewerber<br />

und Asylbewerberinnen, die außerhalb von Gemein-

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