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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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timiert; es entspricht aber auch den Einsichten der<br />

menschlichen Vernunft. Die Arbeit des Menschen<br />

ermöglicht überhaupt erst Wertsteigerung und Wertschöpfung,<br />

so <strong>zum</strong> Beispiel, wenn aus dem brach liegenden<br />

Land durch die Arbeit des Landwirts ein Er trag<br />

bringender Acker wird. Der Eigentumsbegriff bei<br />

Locke bezieht sich somit nicht nur auf das ursprünglich<br />

angeeignete Stück Natur, zentral ist der Gedanke<br />

der Wertschöpfung als Folge der Arbeitskraft des<br />

Menschen, für die das ursprünglich angeeignete<br />

Eigentum das Fundament darstellt. Locke sieht es<br />

als ein Gebot des Gesetzes der Natur an, Maß zu<br />

hal ten. Denn auch andere Menschen haben das<br />

Recht, Eigentum zu erwerben, Eigentums aneignung<br />

erscheint überhaupt nur legitim unter der Bedingung,<br />

„wo genug und ebenso Gutes den anderen gemeinsam<br />

verbleibt“ (ebd. § 27). Die Größe des Eigentums sollte<br />

ferner daran orientiert sein, was ein Mensch selbst<br />

nut zen kann. Durch die Erfindung des Geldes wird<br />

diese Einschränkung selbst allerdings wie der relativiert,<br />

da durch den Wert, der dem Geld verliehen wird,<br />

der Mensch in die Lage ver setzt wird, aus der Wertschöpfung<br />

resultierende „Überkapazitäten“ mit Hilfe<br />

des Gelds zu akkumulieren. Eigentum soll nach Locke<br />

grundsätzlich nicht <strong>zum</strong> Schaden anderer erwor ben<br />

werden. Trotz dieser Einschränkungen der Aneignung<br />

von Eigentum bleibt bei Locke die Frage nach dem<br />

Eigentumsrecht der Eigentumslosen ungelöst, da sein<br />

Konzept von Leistungsgerechtigkeit nur unter der<br />

Voraussetzung unendlich verfügbarer Ressourcen<br />

ge meinsamen Besitzes wirklich schlüssig ist.<br />

Fichte leitet in seiner Naturrechtslehre vom „Urrecht“<br />

des Menschen auf „Wirksamkeit in der Sinnenwelt“ ein<br />

Recht auf Eigentum ab. Da jedem Menschen dieses<br />

Recht zukommt, sieht Fichte die Lösung in einem<br />

Konzept von Verteilungsgerechtigkeit, das jedem nur<br />

ein „Quantum“ an Eigentum zugesteht. Der Rechtsbegriff<br />

Fichtes impliziert eine wechselseitige Anerkennung<br />

der Eigentumsrechte des anderen, die für Fichte<br />

eine sozialistische Gesellschaftsordnung nach sich<br />

zieht (vgl. dazu: Jean-Christophe Merle: Eigentumsrecht;<br />

in: Ders. (Hg.): Johann Gottlieb Fichte. Grundlage<br />

des Naturrechts). Auch nach Georg Wilhelm<br />

Friedrich Hegel fordert die Gerechtigkeit, „dass jeder<br />

Eigentum haben sollte“ (Grundlinien der Philosophie<br />

des Rechtes, § 49, Zusatz). Für Karl Marx besteht das<br />

Dilemma des eigentumslosen Proleta riats darin, dass<br />

der Arbeiter gezwungen ist, seine Arbeitskraft zur Verfügung<br />

zu stellen, da er nicht über Produktionsmittel<br />

verfügt. Seine Arbeitskraft wird im Kapitalismus Marx<br />

zufolge ausgebeutet, weil die Wertschöpfung im Arbeitsprozess<br />

dem Arbeiter nur in einem un gerechten<br />

Verhältnis zugute kommt. Bestehende Rechtsverhältnisse<br />

legitimieren nach Marx diesen Zustand der<br />

Ungerechtigkeit, da das herrschende Recht ein Recht<br />

der Herrschenden sei. Nach Auffassung der Wissenschaftstheoretikerin<br />

Vandana Shiva trug das geistigkultu<br />

relle Erbe Lockes, die von Locke proklamierte<br />

Theorie von Eigentum, dazu bei, an indige nen Völkern<br />

Raub und Diebstahl in modernen Formen der Kolonisation,<br />

die ihren Ausgang in der Kolonisation zur Zeit<br />

des Kolumbus nahm, zu begehen. Die innere Logik<br />

der eurozentri schen Vorstellung von Eigentum, wie<br />

sie u. a. auch Locke vertritt, führte, so Vandana Shiva,<br />

zur Unterwerfung indigener Völker, die sich heute in<br />

moderner Form fortsetze: Organisatio nen wie die<br />

WTO (Welthandelsorganisation) sichern Eigentumsrechte<br />

in Form von Patenten. Die Entwicklung der<br />

Patentrechte tragen aus der Sicht von Vandana Shiva<br />

dazu bei, nicht europäische Länder neu zu entdecken<br />

und erneut zu erobern durch schwere Eingriffe in die<br />

Biodiversität dieser Länder, die Entrechtung indigener<br />

Völker, was durch das Patentrecht legitimiert werde.<br />

Locke definiere, so Vandana Shiva, Freiheit des Gründerkapitalismus<br />

als Freibrief <strong>zum</strong> Stehlen. „Arbeit“ im<br />

Sinne von Locke sei nicht physisch, sondern „spirituell“.<br />

Locke zufolge werde Eigentum geschaffen, indem<br />

man der Natur Ressourcen entnehme und diese mit<br />

Arbeit mische. Demnach haben Locke zufolge aus<br />

der Sicht von Vandana Shiva nur Kapitalbesitzer das<br />

Recht, Naturressourcen zu besitzen, und in gleichem<br />

Zuge werden dadurch Gewohnheitsrechte anderer,<br />

die frühere Anrechte hatten, einfach annulliert. Somit<br />

führe das Patentrecht nicht nur zu schweren Eingriffen<br />

in die Umwelt, sondern auch zu erheblichen<br />

Menschenrechtsverletzungen.<br />

Gerechtigkeit als Forderung ergibt sich nach John<br />

Rawls aus der Knappheit der Güter und der Tatsache,<br />

dass die Menschen ein Interesse daran haben, eher<br />

einen größeren als einen kleineren Teil an der Menge<br />

von Gütern zu erhalten. Wenn der Egoismus bzw.<br />

der Macht kampf diese Interessenkollisionen nicht<br />

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Politische Philosophie – Rechts<strong>philosophie</strong>

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