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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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„Der Geschichtsbegriff ist eine Schöpfung des Prophetismus“<br />

(löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen,<br />

Kap. Xi). Bezogen auf die Ge genwart kommt er weiterhin<br />

<strong>zum</strong> Schluss: „… wenn die Weltgeschichte der letzten<br />

beiden Kriege uns irgendetwas lehren konnte, dann<br />

vielleicht dies, dass sie nichts ist, woran man sein Leben<br />

orientieren könnte. Sich inmitten der Geschichte an ihr<br />

orientieren wollen, das wäre so, wie wenn man sich bei<br />

einem Schiffbruch an den Wogen anhalten wollte“<br />

(löwith: Mensch und Geschichte).<br />

auf „Schwierigkeiten mit der Geschichts<strong>philosophie</strong>“<br />

(so auch der titel der Schrift) hat Odo Marquard<br />

hingewiesen: „ … wer die Geschichts<strong>philosophie</strong><br />

verstehen will, muss jedenfalls diejenige Philosophie<br />

verstehen, die – nach mancherlei Umbenennungsturnie<br />

ren – vielleicht immer noch ganz brauchbar<br />

deutscher Idealismus heißt.“ Marquards Kritik an<br />

der Geschichts <strong>philosophie</strong> richtet sich auf die geschichtsphilosophischen<br />

Posi tionen, die von einer<br />

einheit und einem zielgerichteten Verlauf von Geschichte<br />

ausgehen. durch die emanzipation von religiösen<br />

erklärungsmodellen in der aufklärung entwickle<br />

der Mensch im Zuge seines autonomie bestrebens<br />

einen „Alibibedarf“, eine latente ag gres sion. da nunmehr<br />

keine göttliche instanz mehr angenommen<br />

werden könne, der Mensch also selbst <strong>zum</strong> „Täter der<br />

Geschichte“ werde, sei er auf der Suche nach tätern,<br />

die für entstandenes leid und elend in der Geschichte<br />

ver antwortlich sind. das theodi zee-Problem, so<br />

Marquard, hat sich trotz der abwendung von heilsgeschichtlicher<br />

Ge schichtsauffassung nicht aufgehoben,<br />

sondern besteht in verwandelter Form weiter.<br />

die „Täter“, die für das leid in der Geschichte Verantwortung<br />

tragen, sind Men schen, aber eben „andere<br />

Menschen“ – die Verantwortung wird bei den „anderen“<br />

gesucht. Po lemik, Feindschaft und Kritik werden<br />

hierdurch erzeugt, und so zieht Marquard hinsichtlich<br />

der Geschichts<strong>philosophie</strong> folgendes Fazit: „Sie<br />

begann als Kritik der Religion und endet in der Reli gion<br />

der Kritik“ (Odo Marquard: Schwierigkeiten mit der<br />

Philosophiegeschichte).<br />

unterricHtSPraKtiScHe<br />

HinWeiSe<br />

Philosophische und literarische Schriften<br />

< Zur dialektik: Hegel (einleitung zur Phänomenologie<br />

des Geistes, z. B. die Ver anschauli chung des<br />

dialektischen Prozesses an der entwicklung eines<br />

neugebore nen Kindes bzw. der Vergleich mit eichel<br />

und eichenbaum), auszüge aus Wissen schaft und<br />

Logik, worin Hegel eine definition seiner dialektik<br />

darlegt; Walter Benjamins „Automat“, Schachbrett<br />

mit „buckligem Zwerg“ und „historischem<br />

Materia lismus“ (Über den Begriff der Geschichte i);<br />

Kritik von Popper an Hegel (Zur Theo rie des kritischen<br />

Rationalismus)<br />

< Geschichte und Subjekt: reinhart Koselleck:<br />

„Kollektivsingular“ (Vom Sinn und Un sinn der<br />

Geschichte), noam chomsky und Michel<br />

Foucault (Diskussion <strong>zum</strong> Thema Macht und<br />

Ge rechtigkeit 1971), Hannah arendt (Vita activa,<br />

1. Kap. Die menschliche Bedingtheit), Michel<br />

Foucault: Genealogie statt Geschichtsschreibung<br />

(Foucault: Nietzsche, die Genealogie, die<br />

Historie, 1971)<br />

< „arbeit“, „Mensch“, „Zeit“ und „Macht“:<br />

Gegenüberstellung von Marx und Foucault<br />

hinsicht lich historischer analysen; Foucault:<br />

auszüge aus Überwachen und Strafen (z. B.<br />

Kap. iii gelehrige Körper), Marx: Ökonomischphilosophische<br />

Manuskripte aus dem Jahre 1844<br />

(z. B. Kap. Arbeitslohn), Kritik Foucaults an Marx<br />

(Foucault: Dispositive der Macht, inter view u. a.<br />

mit alessandro Fontana), Hans Jonas (Das<br />

Prinzip Leben, Kap. 11: Zeitlichkeit ohne Gegenwart),<br />

reinhart Koselleck (Zeit schichten,<br />

z. B. Kap. ii: Gibt es eine Beschleu nigung der<br />

Geschichte?)<br />

< Karl löwith: auszüge aus Weltgeschichte und<br />

Heilsgeschehen (analyse von Fort schrittstheo rien<br />

und ihren theologischen Voraussetzungen, z. B.<br />

aus der einleitung und Kap. Beschluss); konkrete<br />

Beispiele aus der Geschichts<strong>philosophie</strong>,<br />

z. B. von Voltaire, Kant, Hegel, Marx, sind in<br />

den Kap. ausgewiesen.<br />

< Johann Wolfgang von Goethe: Faust, Vers 575 ff:<br />

Gespräch mit Wagner: „Mein Freund, die Zeiten<br />

34<br />

Geschichts<strong>philosophie</strong>

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