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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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zen ist der historische Kontext, in dem Benjamin seine<br />

Ästhetik formuliert. Seinen ästhetischen An satz verortet<br />

er in politischen Verhältnissen des Faschismus,<br />

wo Veränderungen auf ästhetischer Ebene, implizit<br />

auch die der Apperzeption von Kunst, zur Verbreitung<br />

von na tionalsozialistischem Gedankengut instrumentalisiert<br />

wurde. Im Nachwort seiner oben erwähnten<br />

Schrift geht er explizit auf die Wirkung von Kunst auf<br />

die Massen ein: „Der Faschismus läuft auf eine Ästhetisierung<br />

des politischen Lebens hinaus.“<br />

In Sprachen der Kunst entwickelt Nelson Goodman<br />

eine Symboltheorie mit erkenntnistheo reti schen<br />

Implikationen. „Symbol“ im Sinne von Goodman ist,<br />

wie er in der Einleitung seiner Schrift ausführt, ein<br />

„allgemeiner und farbloser Ausdruck“, der nicht Geheimnisvolles<br />

be inhaltet, viel mehr Buchstaben, Wörter,<br />

Texte, Bilder, Karten etc. umfasst. So könnte im Titel<br />

der Schrift der Begriff „Sprache“ durch „Symbolsysteteme“<br />

ersetzt werden. Äs thetische Erfahrung ist nach<br />

Goodman gebunden an kognitive Erfahrung. Der Unterschied<br />

zwischen Kunst und Wis senschaft ist nicht<br />

der zwischen Gefühl und Tat sache, Empfindung und<br />

Reflexion, Schönheit und Wahrheit, sondern vielmehr<br />

ein Un terschied in der Dominanz bestimmter<br />

Symbolsysteme. Es gilt zu erkennen, dass arbeiten in<br />

Künsten und Wissenschaft das Arbeiten mit Erfinden,<br />

An wendung, Lesen bedeutet. In der Symboltheorie<br />

geht es darum, die Vielfalt und die Funktion von Symbolen<br />

zu untersuchen, um den Zusammenhang von<br />

Kunst und Verstehen – also ästhetisches Urteilen – für<br />

eine ästhetische Theorie im philoso phischen Kontext<br />

fruchtbar zu machen.<br />

Im aktuellen philosophischen Diskurs haben Fragen<br />

nach der Instrumentalisierung und Au tono mie ästhetischer<br />

Ausdrucksformen ebenfalls an Bedeutung<br />

gewonnen. Stets ist es Ju gendlichen ein Bedürfnis,<br />

eigene ästhetische Ausdrucksformen (z. B. Kleidung,<br />

Musik geschmack) mit denen anderer zu vergleichen<br />

und sich hierüber auch als Einzelner sowie als Gruppe<br />

zu definieren. Kritische Auseinandersetzungen werden<br />

bereits von Jugendlichen vielfach angestrengt, gerade<br />

auch im Hinblick auf die aktuelle Ästhetisie rung des<br />

Körpers, die Attraktivi tätsforschung, Ästhetisierung<br />

von Lebensräumen im Zu sammenhang gesellschaftlich-ökonomi<br />

scher Aspekte. Darüber hinaus könnte<br />

es für Schülerinnen und Schüler interessant sein, auch<br />

die schein bar unpolitische Dimension der Ästhetik<br />

in unse rer Gesellschaft näher zu beleuchten. Es ist<br />

davon auszugehen, dass Jugendliche ein Erkennt nisbedürfnis<br />

haben, das zu verstehen, was sich „zeigt“,<br />

sich nicht in Sprache expliziert „sagt“. Gottfried<br />

Boehms ästhetische Re flexion in seiner Schrift Wie<br />

Bilder Sinn erzeugen. Die Macht des Zeigens nimmt<br />

Bezug zur zentralen Bedeutung von Bildern in unserer<br />

Gesellschaft. Das Bild, so Boehm, „nistet in un serer Einbildungskraft“,<br />

es sozialisiert und kultiviert uns – wir<br />

sind „ikonischer Natur“. Bilder (flache, plastische,<br />

räumliche, technische etc.) sind „semantische Abstracta“,<br />

sie explizieren ihren Sinn anders als Sprache.<br />

Boehm wirft erneut die philosophische Frage auf, ob<br />

„Sein“ an Sprache, an das „Gesagtsein“ gebunden ist<br />

oder ob es noch eine an dere Darstellung von Sinn<br />

geben kann. In dieser Frage sieht Boehm das Bild im<br />

„Nicht-Proposi tionalen“, seine Aussagekraft liegt im<br />

„Zeigen“, d. h. nicht, dass Bilder nicht in sprachlichen<br />

Netzwerken ver flochten seien, der Sinn der Bilder<br />

nicht auch „sprachlich erprobt“ wird. Es geht Boehm<br />

prio ritär um die „Macht des Zeigens“ und darum, die<br />

Souveränität von Bildern und deren innere Logik <strong>zum</strong><br />

Ausdruck zu bringen, wodurch „der Dialog mit dem<br />

Auge“ in Gang kommt: „Die Helligkeit der Vernunft<br />

reicht jedenfalls weiter als das Wort“ (Einleitung). Die<br />

innere Logik der Bilder liegt darin, dass sich ihre Bestimmungskraft<br />

aus der Beziehung mit dem Un bestimmten<br />

ergibt. Boehm spricht von einer „ikonischen<br />

Differenz“, denn wir können das auf Bildern Dar gestellte<br />

nur vor dem Hintergrund des bereits vorstrukturierten<br />

Horizonts und Kontextes hin be trachten, der<br />

aber einer anderen Kategorie angehört. Unsere Wahrnehmung<br />

ist, so Boehm, darauf angelegt, ein „Zusammensehen“<br />

zu leisten, d. h. ikonische Synthesen zu<br />

bilden: „Wir ha ben nichts anderes getan, als den Befund<br />

optischer Fokussie rung in einem wandernden Sehfeld –<br />

es gibt für den Menschen kein anderes Sehen – auf das<br />

Ikonische hin zu adaptieren… Erst das gesehene Bild ist<br />

in Wahrheit ganz Bild gewor den“ (Gottfried Boehm:<br />

Wie Bilder Sinn er zeugen, Kapitel 2: Anmerkungen zur<br />

Logik der Bilder).<br />

Eine neue Dimension der Arbeit am Bild hat begonnen,<br />

was sich auch darauf zurückführen lässt, dass Bilder in<br />

naturwissenschaftlichen Prozessen eine zunehmende<br />

Rolle spielen (Medizin, Biowissenschaften, Astronomie<br />

etc.). Was unterscheidet beispielsweise Kunst werke<br />

von anato mischen Darstellungen, worin liegen die<br />

unterschiedlichen Erkenntnis interessen bzw. worin<br />

liegt die Differenz zwischen epistemischer und ästhe-<br />

Philosophische Ästhetik<br />

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