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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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nünftigkeit, „sichtbarer Geist“, die ganze Natur ein<br />

zweckmäßig or ganisiertes Kunstwerk, der Geist hingegen<br />

„unsichtbare Natur“ (Friedrich Wilhelm Joseph<br />

Schelling: Ideen zu einer Philosophie der Natur).<br />

Auf Schellings Konzeption des objektiven Idealismus<br />

wird in der Gegenwartsphiloso phie von Vittorio<br />

Hösle (Philosophie der ökologischen Krise) Bezug genommen.<br />

Hösle sieht in der Ich-Philosophie Fichtes<br />

die Zu spitzung einer mit Descartes einsetzenden<br />

Entfremdung des sich absolut setzenden Subjekts<br />

von der Natur; die Hybris dieser auf Herrschaft und<br />

„Weltherrschaft“ ausgehenden Subjektivität habe<br />

zur Konsequenz, dass diese den Eigenwert der Natur<br />

missachte, die Natur <strong>zum</strong> bloßen Objekt degradiere.<br />

Hösle sieht in Schellings Philosophie einen Paradigmen<br />

wechsel, weil Schelling den transzendentalsubjektiven<br />

Ansatz der Philosophie Fichtes, in der<br />

gezeigt werde, wie das Subjekt sich eine Welt entgegensetzt,<br />

durch eine Philosophie der Natur ergänzt,<br />

in der offenbar wird, wie die Natur das Subjekt hervorbringt,<br />

um zur Selbstanschauung ihrer selbst zu<br />

gelangen.<br />

Das optimistische Natur verständnis Schellings bleibt<br />

im Laufe der Ent wicklung seines Denkens allerdings<br />

nicht von Bestand. In der berühmten Freiheitsschrift<br />

von 1809 entdeckt Schelling das Irratio nale und<br />

Abgründige, das dem Wesen der Natur inhäriert.<br />

Gott und Natur partizipieren beide an einem dunklen<br />

Grund, der die Existenz von Gott und Natur<br />

überhaupt erst möglich macht. Nur in der Existenz<br />

Gottes realisiert sich immer schon das Seh nen des<br />

Grundes nach Licht und Geist. In der Natur erkennt<br />

Schelling neben dem Drang nach Selbsttranszendenz<br />

den selbstischen Drang des Grundes, er selbst zu<br />

bleiben. Dieje nige Natur, die in Freiheit sich gegen<br />

den ewigen Geist entscheiden kann, ist der Mensch.<br />

Im Menschen, der alleine zwischen Gut und Böse<br />

wählen kann, „ist die ganze Macht des finsteren Prinzips<br />

und in eben demselben zugleich die ganze Kraft<br />

des Lichts. In ihm ist der tiefste Abgrund und der höchste<br />

Himmel“ (Schelling: Über das Wesen der menschlichen<br />

Freiheit).<br />

Gegenstand von Hegels Phänomenologie des Geistes<br />

ist die „Darstellung des erschei nenden Wissens“, dessen<br />

Selbstbewegung durch die „Reihe seiner Gestaltungen“<br />

aus der Perspektive des philosophischen Bewusstseins<br />

gleichsam zugesehen wird. Den ge samten Prozess<br />

der Selbstbewegung des erscheinenden Wissens ist<br />

für das erschei nende Wissen einerseits ein „negativer<br />

Weg“, weil das natürliche Bewusstsein auf die sem<br />

Wege seine Wahrheit „verliert“, andererseits beinhaltet<br />

dieser Prozess die Selbst findung und „Läuterung“<br />

des natürlichen Be wusstseins und stellt somit<br />

„die Geschichte der Bildung des Bewusstseins zur<br />

Wissenschaft“ dar (Georg Wilhelm Friedrich Hegel:<br />

Einleitung in die Phänomenologie des Geistes). Der<br />

Bil dungsprozess des natürlichen Bewusstseins <strong>zum</strong><br />

Geiste entfaltet sich dabei nicht zufällig, son dern<br />

folgt einer dialekti schen Logik, die das philosophische<br />

Bewusstsein also nicht von außen an seinen Ge genstand<br />

heranträgt, sondern diesem inhärent ist. Alle<br />

möglichen Relationen des Be wusstseins zu seinem<br />

Objekt werden in der Geschichte des erscheinenden<br />

Wissens dabei rekonstruiert. Methodisch ist die Phänomenologie<br />

ein durchgeführter „Skeptizis mus“, weil<br />

das natürliche Bewusstsein an seiner Setzung von<br />

Wahrheit zweifelt, ihre Wi dersprüchlichkeit ent deckt<br />

und deshalb aufhebt. Die Erfahrung, die das Bewusstsein<br />

mit seinen Gestaltungen macht, vollzieht sich,<br />

wie Hegel in der Einleitung ausführt, in zwei Schritten:<br />

der Setzung eines „Ansich“ und der Reflexion des<br />

Bewusstseins über das „Ansich“, das dadurch für das<br />

Bewusstsein wird, als Schein durchschaut und aufgeho<br />

ben wird. Die Erfahrung, die das Bewusstsein mit<br />

sich macht, ist aus der Perspektive des philosophischen<br />

Bewusstseins nichts anderes als das Zu-sichselbst-Kommen<br />

des absoluten Geistes, der nur in<br />

seinem „Anderssein“ zu sich selbst finden kann. Es<br />

ent spricht dabei dem Wesensgesetz des erscheinenden<br />

Wissens, sich zu entäußern, sich zu vergegenständlichen,<br />

um sich im „Anderssein“ als das zu begreifen,<br />

was das Wissen an sich selbst immer schon<br />

ist. Eine leere, ganz für sich seiende Subjektivität,<br />

ein „Ich bin Ich“, widerspricht genauso dem Wesen<br />

des Wissens wie ein Sich-Verlieren des Wissens im<br />

Gegen ständlichen. Zwei Zäsuren kommt innerhalb<br />

der Erfahrungsgeschichte des Wissens besondere<br />

Bedeutung zu: der Überwindung der Tendenz des<br />

Wissens, sich im Anderen, im Gegenständli chen zu<br />

verlieren, indem sich das Wissen als (intersubjektives)<br />

Selbstbewusstsein versteht, und der Geistwerdung<br />

des Wissens, die da eintritt, wo die „Vernunft“ die<br />

Gewissheit hat, „alle Realität zu sein“. Alle Gestalten<br />

des Bewusstseins vor der Geist werdung sind „Abstraktionen“,<br />

erst als Geist wird das erscheinende Wissen<br />

konkret. Die Sphäre des Geistes sieht Hegel zunächst<br />

64<br />

Metaphysik

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