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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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selbst: „Im Taumel dieser Freiheit gibt es keine Fixpunkte<br />

mehr außer dem des demokratischen Verfahrens selber<br />

– eines Verfahrens, dessen Sinn schon im System der<br />

Rechte beschlossen ist“ (Jürgen Habermas: Faktizität<br />

und Geltung, iV, 3, Prinzipien des Rechtsstaats und<br />

Logik der Gewaltenteilung).<br />

in anlehnung u. a. an die Gerechtigkeitstheorie<br />

von John rawls und die diskurstheorie von Jürgen<br />

Habermas konzipiert Peter ulrich den ansatz einer<br />

integrativen Wirtschaftsethik (Peter ulrich: Integrative<br />

Wirtschaftsethik. Grundlage einer lebensdienlichen<br />

Ökonomie). dieser ansatz zielt darauf ab, die divergenz<br />

von ethisch-normativer reflexion auf der einen<br />

Seite und einer sich absolut setzenden ökonomischen<br />

rationalität auf der anderen Seite zu überwinden.<br />

ulrich konstatiert eine „moralische Enthemmung“<br />

der akteure des Wirt schaftslebens innerhalb des Vollzugs<br />

sich verabsolutierender ökonomischer Marktkräfte<br />

im namen der Gewinnmaximierung und der<br />

„Shareholder-Value-Doktrin“. die moralische enthemmung<br />

sei ausdruck einer umfassenden gesellschaftlichen<br />

Orientierungskrise, in der der fundamentale<br />

Zusammenhang zwischen Sinnfrage („wofür?“),<br />

Gerechtigkeitsfrage („für wen?“) und effizienz vernünftigen<br />

Wirtschaftens übersehen werde. Ziel des<br />

angestrebten integrationsprozesses sei die ersetzung<br />

des macht- und interesseorientierten „Markt prinzips“<br />

durch ein gerechtigkeitsorientiertes „Moralprinzip“,<br />

um eine „zivilisierte Markt wirtschaft“ zu etablieren,<br />

in der „universale Grundsätze des Zusammenlebens“<br />

freier Bürgerinnen und Bürger zur Geltung zu kommen<br />

haben. dies habe zur Konsequenz, dass der (politischen)<br />

ethik ein Primat „vor der Logik des Marktes“<br />

eingeräumt werden müsse, da der Markt nicht Zweck<br />

sei, sondern lediglich lebensweltlichen interessen<br />

mündiger und wirtschaftsmündiger Bürgerinnen und<br />

Bürger zu dienen habe, die in der lage sind, wirtschaftliche<br />

Prozesse ganzheitlich und kritisch zu<br />

re flektieren. Konkret impliziert die Forderung nach<br />

einer gesellschaftlich verbindlichen ethi schen neuorientierung<br />

nicht nur die Forderung nach etablierung<br />

einer unternehmensethik und unternehmenskultur,<br />

sondern auch die rechtliche Verpflichtung von Wirtschafts<br />

unternehmen, der Öffentlichkeit die ethische<br />

integrität von Geschäftsmodellen nachzuwei sen. das<br />

recht von unternehmen, nach Gewinn zu streben, sei<br />

ein recht, das von der Ge sellschaft verliehen sei und<br />

auch entzogen werden könne, wenn die ausübung<br />

dieses rechts nicht dem Gemeinwohl aller diene. die<br />

etablierung einer neuen, in allen gesellschaftlichen<br />

Bereichen verbindlichen ethik müsse also flankiert<br />

werden durch rechtliche restriktionen und anreize<br />

(<strong>zum</strong> Beispiel für umweltgerechtes Verhalten). ulrich<br />

postuliert eine „emanzipatorische bür gerliche Gesellschaftspolitik“,<br />

die nicht nur der totalökonomisierung<br />

aller lebensbereiche entgegenwirken solle, sondern<br />

im rahmen der rechtsstaatlichkeit eine „neue Kategorie<br />

von Bürgerrechten“ und Wirtschaftsbürgerrechten<br />

einzuführen habe, die es Bürgerinnen und<br />

Bürger ermögli chen, in einen fairen wirtschaftlichen<br />

Wettbewerb einzutreten oder in fairer Weise in wirtschaftliche<br />

Prozesse integriert zu sein. Zu den Bürgerrechten<br />

zählt konkret die Partizipa tion an Bildung<br />

ebenso wie der faire Zugang <strong>zum</strong> Kapitalmarkt oder<br />

– bei arbeitnehmern – das recht auf information<br />

und Mitbestimmung, aber auch der rechtsanspruch<br />

auf ein Grundeinkommen (Peter ulrich: Die gesellschaftliche<br />

Einbettung der Marktwirtschaft als Kernproblem<br />

des 21. Jahrhunderts. Eine wirtschaftsethische<br />

Fortschritts perspektive).<br />

unterricHtSPraKtiScHe<br />

HinWeiSe<br />

Philosophische und literarische Schriften<br />

< Max Weber: Politik als Beruf. der 1919 gehaltene<br />

Vortrag geht u. a. auf zentrale Fragen zu Staat,<br />

politischem Verband und Berufs- bzw. Gelegenheitspoliti<br />

kern ein.<br />

< Platon: ausschnitte aus Politikos, Politeia und<br />

Nomoi, insbesondere Passagen, die im einleitenden<br />

teil dieses arbeitsbereichs angeführt<br />

werden (s. o.). dazu bieten sich Karl Poppers<br />

kritische Stellungnahmen zu Platon („Philosophenkönig“,<br />

„Klassen herrschaft“ und „Führerprinzip“)<br />

aus dessen Schrift Die offene Gesellschaft<br />

und ihre Feinde (insbesondere Bd. i) an.<br />

114<br />

Politische Philosophie – Rechts<strong>philosophie</strong>

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