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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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Lessings aufklärerisches Drama Nathan der Weise<br />

sowie Goethes klassisches Drama Iphigenie auf<br />

Tauris die Frage nach der Möglichkeit des Gut-<br />

Seins des Menschen. Lessings Drama beantwortet<br />

diese Frage mit dem Vorbild des Selbsterziehungsprozesses<br />

Nathans angesichts des Pogroms von<br />

Gath, bei dem Nathan seine Familie verliert (vgl.<br />

dazu 4. Aufzug, 7. Szene); Risse im optimistisch<br />

angelegten Vernunftverständnis des Dramas zeigen<br />

sich beispielsweise im inneren Konflikt Al-Hafis,<br />

der aus der Gesellschaft entflieht, um nicht in<br />

Schuldzusammenhänge involviert zu sein. Der<br />

optimistische Glaube an die Vernunft verbindet<br />

Lessings dramatisches Gedicht mit Goethes<br />

drama, in dem in der entscheidenden Begegnung<br />

zwischen Iphigenie und König Thoas in V, 3 die<br />

unerhörte Tat Iphigenies darin besteht, die Lösung<br />

des Konflikts in einem offenen und herrschaftsfreien<br />

Dialog mit Thoas zu suchen.<br />

< Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des<br />

Seins; der Roman, der vor dem Hintergrund der<br />

niederschlagung des Prager Frühlings die Liebesgeschichte<br />

von Tomas und Teresa erzählt, bietet<br />

mehrere Möglichkeiten zu einer ethischen Pro -<br />

blemreflexion. Im Mittelpunkt könnte die Frage<br />

nach dem Sinn des Lebens stehen, den Kundera<br />

darin sieht, die Schwere des Lebens anzunehmen,<br />

das heißt, Bindun gen an Personen und Situationen<br />

so zu bejahen, dass diese ewig wiederkehren<br />

könnten. Bindungen ergeben sich aus „Zufall“,<br />

werden durch das „Mitgefühl“ vertieft und am<br />

leben gehalten. Sie eröffnen sich der Seele, die<br />

sich nach Harmonie und Schönheit sehnt. Mit<br />

Sabina begegnet dem Leser eine Figur, deren<br />

le bensentwurf zu Bindungslosigkeit und Freiheit<br />

führt – einer Freiheit, die Sabina mit der unerträglichen<br />

Leichtigkeit des Seins bezahlen muss. Tierethische<br />

Überlegun gen könnten ihren Ausgangspunkt<br />

bei den Reflexionen des Erzählers im Kontext<br />

des Todes Karenins nehmen, in denen er den<br />

abendländischen Anthropozentrismus einer Dekonstruktion<br />

unterzieht. Auch die Zivilcourage,<br />

die Tomas mit seiner Weige rung zeigt, den von<br />

ihm noch während der Dubček-Ära verfassten<br />

Ödipus-Artikel zu widerrufen, womit er seinen<br />

sozialen Abstieg in Kauf nimmt, bietet Anlass zu<br />

ver tiefenden Reflexionen, etwa über den ethischen<br />

Wert von Ungehorsam. Der Roman kann<br />

sehr gut in Zusammenhang mit Problemfeldern<br />

anderer Arbeitsbereiche be arbeitet werden<br />

(Anthropologie, Ästhetik).<br />

Präsentatives Material (Filme)<br />

< Werner Herzog: Woyzeck; Herzog hebt insbesondere<br />

die Getriebenheit der von Klaus Kinski dargestellten<br />

Hauptfigur hervor.<br />

< Istvan Szabo: Mephisto; die Verfilmung des<br />

romans von Klaus Mann zeigt den Wer degang<br />

des Schauspielers Hendrik Höfgen, der seine<br />

politischen Überzeugungen verrät, um nach der<br />

Machtergreifung der Nationalsozialisten seine<br />

Karriere am Theater fortsetzen zu können. Die<br />

von ihm propagierte Autonomie von Kunst und<br />

theater zeigt sich als wenig tragfähiges Konstrukt,<br />

da er immer mehr in die Fänge der Machthaber<br />

gerät und von diesen für ihre politische Propaganda<br />

instrumentalisiert wird. Eine ethische<br />

Problemreflexion könnte sich der Frage zuwenden,<br />

ob Kunst, Theater und Literatur verpflichtet<br />

sind, politisch Stellung zu nehmen.<br />

88<br />

Ethik

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