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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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Harmonie: „Wir waren Natur …, und un sere Kultur soll<br />

uns, auf dem Wege der Vernunft und der Freiheit, zur<br />

Natur zurückführen.“<br />

Johann gottlieb Fichtes Philosophie tritt mit dem<br />

Anspruch auf, mit der Entdeckung der prä disjunktiven<br />

Ichheit die Einheit von theoretischer und praktischer<br />

Vernunft, die bei Kant nur postuliert wird, zu begründen.<br />

In der Grundlage der gesamten Wissenschafts lehre<br />

von 1794/95 wird die Unterscheidung von Theorie<br />

und Praxis auch erst im dritten Grundsatz erreicht.<br />

Während der erste Grundsatz in der Chiffre der absoluten<br />

„Tathandlung“ des Ich die absolute Vernunfttätigkeit<br />

und ihre Selbstsetzung <strong>zum</strong> Ausdruck zu<br />

bringen versucht, bringt der zweite Grundsatz die<br />

Urentfremdung der Negation der Tathandlung durch<br />

die Setzung von Nicht-Ich zur Anzeige. Ausgehend<br />

vom Grundsatz des Theoretischen deduziert Fichte<br />

die Verstandeskategorien, die bei Kant einfach nur<br />

der Kategorientafel des Aristoteles ent nommen<br />

werden. Sie sind im Kon text der Ausführungen Fichtes<br />

in der Grundlage Weisen, die Negation von „absolutem<br />

Ich“ im Theoretischen zu limitieren. Im Bereich<br />

der theoretischen Ver nunft bleibt aller dings die Negation<br />

durch die Nicht-Ich-Setzung so lange virulent, bis<br />

eine „un abhängige Tätigkeit“ benannt wird, die Entgegengesetzte,<br />

die unendliche Tätigkeit des Ich und ihre<br />

Begrenztheit, qualitativ so vereinigt, dass absolute<br />

Thesis und Antithesis unversöhnt ver söhnt zugleich<br />

Gültigkeit haben können: Im „Schweben der Einbildungskraft<br />

zwischen Un vereinbaren“ (Johann gottlieb<br />

Fichte: Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre)<br />

entsteht die Zeit als Lebensform des Ich, auf deren<br />

Basis das Ich sich konstituiert und sich als praktischstrebendes<br />

in einer Unendlichkeit von Emanzipationsakten<br />

immer mehr seiner Bestimmung nä hert, reines<br />

Gattungswesen, absolute Existenz zu sein – ein Gedanke,<br />

der Fichte von Seiten Georg Wilhelm Friedrich<br />

Hegels in der Differenz schrift den Vorwurf der<br />

„schlechten Unend lichkeit“ einbrachte. Ohne das Bewusstsein<br />

von Handeln, heißt dies, ist im Sinne dieser<br />

Philoso phie überhaupt auch kein Bewusst sein möglich,<br />

weil Gegenstandskonstitution und Freiheitsakt<br />

sich genetisch wechselseitig bedingen. Die Freiheit<br />

ist somit nicht wie bei Kant bloße Idee der Vernunft,<br />

sondern Be dingung der Möglichkeit von Bewusstsein.<br />

Trotzdem ist für Fichte der Ide alismus theo retisch<br />

nicht dem „Dogmatismus“, welcher für Fichte ein<br />

Determinismus ist, überle gen, weil das Für-wahr-<br />

Halten erfahrener Freiheit nach Fichtes eigenem Bekunden<br />

ein Glaube ist, der letztlich einem Interesse<br />

der Vernunft an ihr selbst entspringt. Fichtes Früh<strong>philosophie</strong><br />

ist eine Metaphysik des Strebens, in der<br />

der Sinn der Welt darin gese hen wird, „Sphäre“ des<br />

Han delns zu sein (Fichte: Die Bestimmung des Menschen,<br />

Drit tes Buch). Die radikal praktische Wendung,<br />

die die idealistische, aber materialistisch umgedeutete<br />

Philosophie bei Karl Marx erfährt – „Die Philosophen<br />

haben die Welt nur verschieden interpretiert;<br />

es kommt darauf an, sie zu verändern“ (Karl Marx:<br />

Thesen über Feuerbach) –, wird von Fichtes Früh<strong>philosophie</strong><br />

ent scheidend vorbereitet. Wie bei Marx entfaltet<br />

der Mensch seine Wesensbestimmung in der<br />

Ar beit; wie bei Marx (und auch bei Ludwig Feuerbach)<br />

verwirklicht sich der Mensch, der sich als<br />

Gattungswesen versteht, geschichtlich. Die Frage<br />

nach der Kontinuität bzw. Diskontinuität in der<br />

Entwicklung der Philosophie Fichtes wird in der<br />

Forschung kontrovers diskutiert. Ontotheologi sche<br />

Denkansätze, die die Frage nach der Vermittlung des<br />

Einen und des Man nigfaltigen the matisieren, stehen<br />

ab der mittleren Phase des Denkens im Fokus des<br />

Inte resses. „Alles Man nigfaltige“ zurückzuführen auf<br />

„absolute Einheit“ und „das Eine“ (Fichte: Wissenschaftslehre<br />

1804, 2. Vortrag) als Prinzip des Mannigfaltigen<br />

zu sehen, sei Aufgabe der Philosophie. Das<br />

Sein finde sich als Dasein, dieses sei zu verstehen<br />

als Da des Seins, als dessen Existentialakt (Fichte:<br />

Wissenschaftslehre 1805). Das Sein, ein Begriff, der<br />

in der Früh<strong>philosophie</strong> keine über ragende Rolle spielt,<br />

wird in dialekti scher Weise als Transzendenz in der<br />

Immanenz des (abso luten) Wissens gesetzt. In der<br />

Spät<strong>philosophie</strong> rückt der Bildbegriff in den Mittelpunkt<br />

einer Da seinshermeneutik, in der sich das<br />

Ich als Bild des Absoluten versteht (vgl. zu den Ausführungen:<br />

Peter Baumanns: J. G. Fichte. Kritische<br />

Gesamtdarstellung seiner Philosophie; Wolfgang<br />

Janke: Fichte. Sein und Reflexion – Grundlagen der<br />

kritischen Vernunft).<br />

In Friedrich Wilhelm Joseph Schellings Philosophie,<br />

die das romantische Natur verständnis nachhaltig<br />

beeinflusst hat, wird der teleologische Ansatz Kants,<br />

dem in der Kritik der Urteilskraft ein bloß regulativer<br />

Gebrauch zukommt, metaphysisch umgedeutet.<br />

Natur ist für den frühen Schelling vorbewusste Ver-<br />

Metaphysik 63

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