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handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie

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zukommt. Wir müssen davon aus gehen, dass dieses<br />

subjektive Verhältnis im freien Spiel ebenso in allen<br />

anderen Menschen stattfindet und sich somit darüber<br />

auch „streiten“ lässt (KU A32, B32).<br />

Wirkungsvoll hat Friedrich Nietzsche in seiner Frühschrift<br />

Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der<br />

Musik das Apollinische dem Dionysischen gegenübergestellt.<br />

Dem Apollini schen zu geordnet ist die<br />

klare Form, die räumliche Gestalt, die ihren Ausdruck<br />

zunächst in der Skulptur findet. Im Bereich des Psychischen<br />

ist es der Traum, in dem die heitere Welt der<br />

Lichtgötter er scheint. Das Apollinische ist metaphysisch<br />

gesehen nichts anderes als die Verklärung des<br />

„prin cipium individuationis“ in der Kunst, während der<br />

dionysische Kunsttrieb die metaphysische Auflösung<br />

der Erscheinung intendiert. In reiner Form wird dieser<br />

Kunst trieb, dessen psychisches Korrelat der Zustand<br />

des Rausches ist, in der Musik <strong>zum</strong> Aus druck gebracht.<br />

In der Vereinigung der beiden mächtigen Kunsttriebe<br />

in der attischen Tra gödie erfährt der Zuschauer die<br />

Lust am Untergang des Helden. Diese Lust, in der der<br />

Zu schauer Trost erfährt, ist eine metaphysische, da<br />

der dionysische Kunsttrieb das schaffende und zerstörende<br />

metaphysische Urprinzip reprä sentiert<br />

(vgl. dazu auch den Ar beitsbereich Metaphysik).<br />

5. Aspekte der Ästhetik in der Philosophie<br />

der Gegenwart<br />

„Worte zu dem zu finden, was man vor Augen hat – wie<br />

schwer kann das sein. Wenn sie dann aber kommen,<br />

stoßen sie mit kleinen Hämmern gegen das Wirkliche,<br />

bis sie das Bild aus ihm wie aus einer kupfernen Platte<br />

getrieben haben“ (Walter Benjamin: San Gimig nano).<br />

Im 19. und später auch im 20. Jahrhundert wird vermehrt<br />

auch der soziale und gesellschaft liche Bezug<br />

von Kunst und ästhetischen Urteilen reflektiert,<br />

angefangen von Georg Wilhelm Friedrich Hegel<br />

über Karl Marx bis hin zur „Ästhetischen Theorie“<br />

der Frankfurter Schule.<br />

Theodor W. Adorno kritisiert in seiner Schrift Ästhetische<br />

Theorie Kant dahingehend, dass er das ästhetische<br />

Phänomen auf das „höchst fragwürdige Formal-<br />

Schöne“ reduziere. Kant habe den Versuch gestartet,<br />

durch die Analyse von subjektiven Momenten eine<br />

gewisse Objektivität zu retten. Im 20. Jahrhundert<br />

impliziert der Begriff der „ästhetischen Erfahrung“<br />

im Sinne Adornos eine Form von Erkenntnis, die<br />

über eine wissenschaftlich reglementierte Erkenntnis<br />

hinausgeht, wie er dies in seiner Schrift Ästhetische<br />

Theorie darlegt. Nach Adorno entfaltet Kunst<br />

das, was in den Dingen „unbestimmbar“ ist, und das<br />

Kunstwerk of fenbart seinen Be trachtern, dass die<br />

Wirklichkeit über die Erscheinungen hinausgeht, die<br />

wir als Erkenntnis be grifflich fixieren können. Die<br />

Wirklichkeit ist uns nach Adorno nicht als bloße<br />

Summe von ratio nalen Tatsachen gegeben. Der Begriff<br />

Kunst „sperrt sich der Defini tion“, ihr Wesen kann<br />

nicht aus ihrem Ursprung erklärt werden, es gibt keine<br />

„Grundschicht, auf der alles Folgende auf baute“, auch<br />

die historische Genese vermag das Phänomen Kunst<br />

nicht ontologisch unter ein übergeordnetes Motiv zu<br />

stellen. Durch „Invarianten“ ist Kunst nicht deutbar,<br />

vielmehr wohnt ihr ein „Bewegungsgesetz“ inne, das<br />

besagt, dass Kunst sich nur im Verhältnis zu dem<br />

bestimmen lässt, was sie nicht ist; Kunst ist ein „Gewordensein“.<br />

Die Differenz zu dem, was sie einmal war,<br />

und dem, was sie geworden ist, lässt sich zwar von der<br />

bloßen Empirie festhalten, doch ver ändert sich Kunst<br />

in sich auch qualita tiv, so ist beispielsweise das, was<br />

einmal ein kultisches Gebilde war, inzwischen durch<br />

Ver änderung zu Kunst geworden, was nicht mehr<br />

kultisch ist, so wie auch ein ehemals künstle risches<br />

Werk sich zu etwas entwickeln kann, was nicht mehr<br />

Kunst ist. „Sie [die Kunst] be stimmt sich im Verhältnis<br />

zu dem, was sie nicht ist. Das spezifisch Kunsthafte an<br />

ihr ist aus ihrem Anderen inhaltlich abzuleiten; das<br />

alleine genügte irgend der Forderung einer mate rialistisch-dialektischen<br />

Ästhetik. Sie spezifiziert sich an<br />

dem, wodurch sie von dem sich scheidet, woraus sie<br />

wurde; ihr Bewegungsgesetz ist ihr eigenes Formgesetz“<br />

(Theodor W. Adorno: Ästhetische Theorie; Kunst,<br />

Gesellschaft, Ästhetik). In Kunstwerken kommt das<br />

„Nichtseiende“ zur „Apparition“, vermittelt durch die<br />

„Bruchstücke des Seienden“. Das „Nichtseiende“ kann<br />

von Kunstwerken nicht ins Dasein zitiert werden, kann<br />

dennoch ihr „Bild“ werden, es zur „Apparition“ bringen,<br />

d. h. als Erscheinung – nicht als Abbild (Adorno:<br />

Ästheti sche Theorie; Das Kunstschöne). In Anlehnung<br />

an Walther Benjamins Dialektik im Stillstand verdeutlicht<br />

Adorno, dass „Kunst erfahren“ so viel bedeutet<br />

wie sich ihres imma nenten Prozes ses im Augenblick<br />

„seines Stillstandes innezuwerden“. Das Kunstwerk<br />

und seine Beziehung zur Geschichte ist nicht in der<br />

Philosophische Ästhetik<br />

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