handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie
handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie
handreichung zum lehrplan leistungskurs philosophie
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Einfluss der platoni schen Bild ontologie zurückzuführen<br />
ist. In Anlehnung an Platon wurde argumentativ die<br />
Auffassung be müht, dass im Abbild das Urbild repräsentiert<br />
sei. Bereits im 8. Jahrhundert verteidigte<br />
Al-Mansur ibn Sardschun ibn al-Mansur, der sich<br />
später Johannes von Damaskus nannte, die Freude<br />
an den Bildern der Heiligen. Mit seiner Schrift Drei<br />
Reden gegen die Bilderfeinde legte er die Basis für die<br />
theologische Bilderverehrung. Den Bildern soll Verehrung<br />
zukommen, nicht aber die wahre Anbetung, die<br />
nur Gott gebührt. Seine Bil derlehre fußt auf der platonischen<br />
Vor stellung von Urbild und Abbild. In seiner<br />
Schrift Erste Rede gegen die Bilderfeinde (§ 9) schreibt<br />
er: „Ein Bild (eikon) ist eine Nachbildung, die ein Vorbild<br />
(prototypos) mit einer gewissen Ab weichung<br />
wiedergibt. Denn das Bild ist nicht in jeder Hinsicht<br />
dem Urbild (archetypos) gleich.“ Er unterscheidet Verehrung<br />
(proskynesis) und Anbetung (latreia). Die Verehrung<br />
ist ein Zeichen der Unterwerfung und Ehrerbietung<br />
gegenüber Gott, die Anbetung wird nur Gott<br />
alleine erwiesen, dem dies „von Natur aus“ zu kommt<br />
(Johannes von Damaskus: Drei Reden gegen die<br />
Bilder feinde § 14). Seine Argu mentation hinsichtlich<br />
der Bedeutung von Bildern (Heiligenbildern) steht im<br />
Kontext seiner Abbildtheorie. So hat uns Gott selbst<br />
mit seinem fleischgewordenen Sohn ein menschliches<br />
Bild des Göttlichen gesandt, dessen Bild der Mensch<br />
verehrt, ebenso wie die „Gottes gebärerin“, deren Bild<br />
die Verehrung der Menschen gebührt, sowie auch<br />
den Heiligen, die als Gottesfreunde diese Verehrung<br />
verdienen. Er beruft sich in seiner Argumentation<br />
auf die Worte der Kirchenautorität des „göttlichen“<br />
Basilius von Caesarea, der, nach der Auslegung von<br />
Johannes von Damaskus, die Überzeugung vertritt,<br />
„die dem Bild erwiesene Ehre geht auf das Vorbild (prototypos)<br />
über“ (§ 21). Die 7. ökumenische Synode 787<br />
griff die Auffas sung des Johannes von Damaskus auf,<br />
beschloss die Verurteilung des Ikonoklasmus und ließ<br />
die Idolatrie in gewissem Umfang zu. Es ist jedoch<br />
nicht davon auszuge hen, dass die mittel alterlichen<br />
Bilderfreunde grundsätzlich sinnfreudiger oder gar<br />
toleranter waren als Ikonoklasten, denn gerade im<br />
christlichen Byzanz waren es eher die Bilder freunde,<br />
die alle Reichsbürger <strong>zum</strong> christlichen Bekenntnis<br />
zwangen, während die Bilder feinde den jüdischen,<br />
muslimischen und anderen nichtchristlichen Untertanen<br />
mit mehr Of fenheit begegneten (vgl. Micha<br />
Brumlik: Vom theologischen Sinn des Bilderverbots).<br />
Nicht zu unterschätzen ist der politische Aspekt der<br />
Kunst im christlich geprägten Mittelalter, ge rade auch<br />
im Hinblick auf die missionarische Aufgabe. Bilder<br />
werden zur Veranschauli chung eingesetzt; sie bieten<br />
durch künstlerische Ausgestaltung der Gotteshäuser<br />
den nicht alphabeti sierten Christen künstlerischen<br />
Genuss und unterstützen sie im Verständnis theologischer<br />
Zu sammenhänge (Biblia pauperum). Selbst<br />
Bernhard von Clairvaux, der die Ausschmückung<br />
von Klosterkirchen und Klöstern (z. B. Cluny) auf das<br />
Schärfste verurteilte, befürwortete schmuckvolle<br />
Kirchen zur Andacht des einfachen Volkes. Hans<br />
Belting hebt hervor, dass der mittelalterliche Bilderstreit<br />
nicht ausschließlich Sache der Theologen war,<br />
sondern auch macht politische Motive eine tragende<br />
Rolle spielten, wie beispielsweise der Kampf gegen<br />
Kapital und Obrigkeit, etwa der Machtkampf zwischen<br />
Grundherren und rei chen Klöstern (Hans<br />
Belting: Ge schichte des Bildes vor dem Zeitalter<br />
der Kunst).<br />
4. Aspekt der Ästhetik in der Neuzeit<br />
„Von nichts wimmelt unsere Zeit so sehr als von Ästhetikern“,<br />
schreibt Jean Paul 1804 in seiner Schrift Vorschule<br />
der Ästhetik. Es steht weiterhin das noch immer<br />
nicht gelöste Problem im Vor dergrund, ob wir über<br />
Ästhetik philosophisch streiten können oder ob wir<br />
uns damit zufrieden geben müssen, dass jeder nach<br />
seinem „Gusto“ urteilt und somit Ge schmacksurteile<br />
subjektiv sind, wir also ein logisch-rational ausgerichtetes<br />
Erkenntnis vermögen von ästhetisch Irrationa lem<br />
abgrenzen müssen.<br />
Moses Mendelssohn beschäftigt sich mit der Frage<br />
der Beschaffenheit und dem Wirken der Vernunft<br />
(Denken) und der Empfindungskraft (sinnliche Erkenntnis)<br />
und fragt nach einem mögli chen Zusammenspiel<br />
von beiden. Was sind Empfindungen, wie<br />
wirken sie und in wel chem Ver hältnis stehen sie <strong>zum</strong><br />
Denken? In Anlehnung an Gottfried Wilhelm Leibniz<br />
sieht Men delssohn das obere Erkenntnisvermögen als<br />
den Bereich der rationalen Erkenntnis. Gegen stände<br />
werden durch klare Empfindungen in ihren Einzelteilen<br />
vollständig begrifflich erfasst. Das untere Erkenntnisvermögen<br />
ist demgegenüber der Bereich der<br />
sinnlichen Er kenntnis; er umfasst verschwommene,<br />
16 Philosophische Ästhetik