Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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Erzählungen aus und über Bernhardsthal Die hiesigen Einwohner sind Landbauern, wovon ein behauster Landwirth 20 Joch Äcker, 2 Joch Wiesen und etwas Weingärten besitzt; darunter befinden sich als Handwerker ein Schmid, ein Binder, drei Schneider, zwei Schuster, ein Tischler, dann ein Weber. Sie betreiben meist den Feldbau, ungleich weniger den Weinbau, der aber von guter Qualtät ist. Von ersterem fechsen sie Weizen, Korn, Hafer und türkischen Weizen; wozu die Gründe gut und ertragfähig sind. In dieser Beziehung treiben sie auch einen Getreidehandel nach Wien. – Die Obstpflege ist gering, dagegen aber die Viehzucht mit Anwendung der Stallfütterung ersprießlich und bedeutend. Der Ort Reinthal liegt von der Brünner Poststraße östlich, zwei Stunden entfernt, nahe der mährischen Grenze, an die sich weiter abwärts die ungrische anschließt, in einem Kessel, welcher von hohen Bergen gebildet wird. Einen überaus schönen und malerischen Anblick gewährt das Dorf dadurch, da die Kirche beinahe mitten im Orte auf einen bedeutend hohen Berge gelegen ist, um welchen sich die Häuser sammt ihren Hausgärten gar niedlich und lieblich herumziehen. Davon sind die meisten noch mit Stroh, nur einige mit Ziegeln gedeckt. – Die nächsten Ortschaften sind Bernhardsthal, Alten-Lichtenwart, Katzelsdorf und Thanegg 4 . Es führt ein Commerzialweg nach Wien hier durch, der sehr lebhaft befahren wird. – Das Klima ist stärkend und gesund, das Wasser gut. Wenn man die dem Ort umgebenden Gebirge besteigt, so genießt man eine Fernsicht, besonders nach Ungarn gegen die Karpathen hin, welche überraschend ist. – Sehr nahe bei Reinthal ist der sogenannte Thein-Wald gelegen, welcher sich eingeschlossen und mit Hochwild besetzt befindet; übrigens liefert die freie Jagd, auch ein Eigenthum der Herrschaft Feldsberg, in bedeutender Menge Hasen und Rebhühner. Flüsse, Bäche, etc. etc. gibt es hier nicht; auch bestehen hier weder Fabriken, Wochen noch Jahrmärkte. Die hiesige Pfarrkirche ist der einzige bemerkenswerthe Gegenstand unter den Gebäuden des Orts. Diese ist der allerheiligsten Dreifaltigkeit geweiht und war in früheren Zeiten nur eine Capelle; im Jahre 1686 wurde sie von der Gemeinde erbaut, im Jahre 1724 verlängert, und 1790 abermals vergrößert, zu welch’ letzterem Bau der damals regierende Fürst von Liechtenstein 300 Gulden beitrug. Bis zum Jahre 1784 war diese Kirche eine zur Pfarre Bernhardsthal gehörige Filiale, ward aber in eben diesem Jahre zur selbstständigen Pfarre erhoben, und zu gleicher Zeit von dem Herrn Fürsten Alois von Liechtenstein, als Patron der Kirche, das Pfarrgebäude auf eigene Kosten errichtet. Das Kirchengebäude ist ganz einfach, im neuern Styl und schmucklos; das Innere enthält ein Gewölbe und ist licht, nur das Presbyterium, als der älteste Teil, ist niedrig und feucht. Ungeachtet der zweimaligen Vergrößerung ist dieses Gotteshaus für die gegenwärtige Seelenzahl dennoch zu klein. Der Thurm, welcher 3 Glocken und eine Uhr enthält, ist mit einer runden Kuppel versehen, das Dach der Kirche aber mit Schindeln gedeckt. Nebst dem Hochaltar sind auch noch zwei Seitenaltäre vorhanden, die zu Ehren der heiligsten Jungfrau Maria und dem heiligen Johann von Nepumuck bestehen. Ueber dem Hochaltar ist das Bild der hochheiligsten Dreieinigkeit in schwarzen Rahmen mit vergoldeten Leisten angebracht, der Tabernakel weiß staffirt und vergoldet. Leider ist die ganze Ausschmückung schon unansehnlich und zum Theil sogar vermorscht, wovon die Armuth der Kirche und die Feuchtigkeit derselben, die Ursachen sind. An sonstigen Merkwürdigkeiten, Grab- und anderen Denkmalen ist hier nichts vorhanden; jedoch sind die Paramente hinreichend, ja für eine Landkirche sogar schön zu nennen, weil sie von aufgehobenen Klöstern geschenkt wurden. Uebrigens besteht hier weder eine Capelle, noch gehört zur hiesigen Pfarre eine Filiale, oder ein anderer Ort, außer Reinthal. – Den Gottesdienst versieht der Ortspfarrer allein. – Der Leichenhof ist um die Kirche angelegt und von drei Seiten mit einer Mauer umfangen. In Bezug auf das Geschichtliche der hiesigen Kirche können wir nur anführen, dass im Jahre 1673 und auch weiterhin, die verheerende Pest zahlreiche Opfer nahm, so, dass die bestürzten Einwohner sich entschlossen, eine Capelle zur Ehre der allerheiligsten Dreieinigkeit zu erbauen, welches schöne und fromme Vorhaben sie auch im Jahre 1686 ausführten. Wirklich ist noch jetzt an 4 Vermutlich Themenau. Seite 12
Erzählungen aus und über Bernhardsthal der äußern Seite des Dorfes ein ziemlich hoher Hügel zu sehen, welcher der Pestfriedhof genannt wird, und auf welchem gegenwärtig, nachdem das alte steinerne Kreuz umfiel, ein neues Kreuz in Form eines kleinen Altars sich befindet. Seit dieser Zeit blieb der Ort von Pestseuchen verschont; im Jahre 1832 aber am 17. August brach gegen Mitternacht plötzlich die verhängnißvolle Brechruhr (Cholera morbus) aus, die aber, Dank sei der göttlichen Vorsicht hiefür, nachdem sie 20 Personen dahin gerafft, wieder verschwand. Der Ort, welcher zu den bedeutenden Ortschaften dieses Kreises gehört, scheint den Namen Reinthal von seiner örtlichen runden, kesselähnlichen Lage erhalten zu haben, und war lange Zeit hindurch ein Besitzthum der berühmten Familie, der Herren von Ebersdorf. Benedict (insgemein Wenisch genannt) von Ebersdorf verkaufte solchen im Jahre 1500 an Christoph von Liechtenstein, seit welcher Zeit Reinthal als ein Bestandtheil zur Herrschaft Feldsberg gehört. Franz Xaver Joseph Schweickhardt bis 1836 auch Franz Xavier Ritter von Sickingen oder Franz Schweickhardt, Ritter von Sickingen, kam am 5. Juli 1794 in Wien als Sohn eines Baumwollschlagers zur Welt. Nach dem Abschluss des Gymnasiums in Wien besuchte er an der Wiener Akademie der bildenden Künste die Fächer Architektur und Mathematik, privat studierte er Philosophie. Von 1814 bis 1818 war er bei der Armee und unternahm danach ausgedehnte Reisen durch die Österreichischen Kronländer, deutsche Staaten und Russland. Danach widmete er sich der österreichischen Geographie und Geschichte. Da er seinen Lebensunterhalt allein durch seinen Buchverkauf bestritt, starb er völlig veramt am 16. Mai 1858 in Reindorf, einem ehemaligen Vorort von Wien. Seite 13
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