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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

Bei der Mühlbachmündung in die Thaya war es. Ein sehr schöner Badetag. Auch ich badete im<br />

Mühlbach. Plötzlich fiel ich in ein 2 m tiefes Loch. Das Wasser war so klar, die Sonnenstrahlen<br />

konnte ich unter Wasser <strong>aus</strong>machen. Kurz entschlossen ruderte ich mit meinen Armen, wie ich es<br />

<strong>von</strong> den H<strong>und</strong>en gesehen hatte <strong>und</strong> war gleich <strong>über</strong> Wasser. Am Nachmittag schwamm ich schon<br />

<strong>über</strong> die Thaya <strong>und</strong> zurück.<br />

Zu Ostern waren mein jüngerer Bruder <strong>und</strong> ich mit geflochtenen Weidenruten unterwegs um<br />

Ostereier. Im Lauf des Tages bekam mein Bruder 19 Stück Eier. Er schlug jedes Ei sofort auf <strong>und</strong><br />

verspeiste es ohne Salz. Es war ein Glück, dass wir den ganzen Tag laufen mussten, so nahm er<br />

dabei keinen Schaden.<br />

Mein Vater wurde zum Zollamt <strong>Bernhardsthal</strong> versetzt. Wir wohnten im Zollh<strong>aus</strong>, ca. 3 km vom<br />

Ort entfernt. Die 3. <strong>und</strong> 4. Klasse Volksschule besuchten wir in <strong>Bernhardsthal</strong>. Täglich liefen wir<br />

die Strecke bis zu viermal, weil wir auch Nachmittag Schule hatten. Wenn wir abends noch Turnen<br />

liefen, legten wir diese Strecke sechsmal zurück. Für uns Buben waren diese Turn- <strong>und</strong> Dienstst<strong>und</strong>en<br />

beim Turnverein ein besonders Erlebnis. Auch Fußball war in unserem Programm enthalten.<br />

Unser Nachbar im Zollh<strong>aus</strong>, Schmidt, hatte zwei Buben, die etwas jünger waren wie wir beide. Mit<br />

Literflaschen, Gläsern usw. machten wir oft Gelage. Die Buben <strong>von</strong> Schmidt mussten oft trinken,<br />

dass sie einen großen Bauch bekamen. Einmal wollte mein Bruder diese schrecken, zog sich den<br />

Pelz <strong>von</strong> Vater verkehrt an <strong>und</strong> brummte wie ein Bär. Ich holte einen Nudelwalker <strong>aus</strong> der Lade,<br />

hieb ihm diesen <strong>über</strong> den Rücken <strong>und</strong> damit war der Spuk zu Ende.<br />

Unser Zollh<strong>aus</strong> stand ganz am Waldrand. Diesen Wald mit all seinen Schlupfwinkeln sowie allen<br />

Tieren kannten wir besser als der zuständige Heger. Dieser Heger wohnte mitten im Wald. Wir<br />

mussten <strong>von</strong> ihm täglich abends die Milch holen. Aber auch nachts fanden wir uns im Wald gut<br />

zurecht. In der Gelsenzeit mussten wir mit einem Räuchertopf durch den Wald wandern, ansonsten<br />

war es nicht <strong>aus</strong>zuhalten. Kamen Kameraden zum Zollh<strong>aus</strong> hin<strong>aus</strong>, veranstalteten wir mit langen<br />

Stangen Turniere, wie die früheren Ritter, spielten Räuber <strong>und</strong> Gendarmen. Jeder musste in einem<br />

Jungwald mit ca. 4 m Höhe auf einen Baum klettern <strong>und</strong> sich dann <strong>von</strong> Baumwipfel zu Baumwipfel<br />

fallen lassen. So ging das Spiel oft st<strong>und</strong>enlang. Unsere Gewandung wurde dadurch sehr in Anspruch<br />

genommen.<br />

Zehn Schüler der 4. Klasse <strong>Bernhardsthal</strong> gingen nach Hohenau zur Bürgerschule. Wir waren die<br />

stärkste Vertretung. Täglich um 3.30 Uhr aufstehen. Der Weg zum Bahnhof oft quer <strong>über</strong> das Feld,<br />

dann am Bahndamm entlang. Der Zug fuhr schon um 5.45 Uhr ab. Ob Sommer oder Winter, jeden<br />

Tag aufs Neue. Rückkehr meist abends 19.00 Uhr. Immer allein nur mit einer kleinen Handlaterne.<br />

Das Essen wurde kalt mitgenommen. Finanziell war es anders nicht zu bestreiten. Hie <strong>und</strong> da gab es<br />

einige 10-Groschenstücke für eine warme Suppe. In diesen 3 Schuljahren hatten wir Kämpfe mit<br />

den Hohenauern <strong>und</strong> den Rabensburgern zu bestehen. Wir durften nur in Gruppen <strong>von</strong> mindestens<br />

10 Schülern gehen, damit wir zahlenmäßig nicht unterlegen waren. Ich war ein guter Durchschnittsschüler.<br />

Nur die letzte Klasse war für mich <strong>und</strong> damit auch für meine Eltern eine Enttäuschung. Als<br />

Spätstarter habe ich in den späteren Jahren das Meiste aufgeholt <strong>und</strong> noch Vieles dazugelernt.<br />

Im Jahre 1927 begann für mich der eigentliche Ernst des Lebens. Die Lehrzeit bei der Firma<br />

Schlemann in Zistersdorf. Diese 3 Jahre waren die schwersten meines Lebens. Lebensmittel, Textilien<br />

hatte die Sen. Chefin. Lederwaren, Schuhzugehör, aber auch Kohle war dem Sohn, Schlemann<br />

Hans, zugehörig. So war meine Arbeit als kaufm. Lehrling <strong>von</strong> 5.00 Uhr bis oft 21.00 Uhr eine<br />

gehörige Strapaze. Zu Allerheiligen weckte mich die Sen. Chefin um 11.30 Uhr auf. Ich musste zu<br />

dem 2 km entfernten Friedhof gehen, um die Blumen zuzudecken. Ich tastete mich ohne Licht bis<br />

zum Familiengrab durch, deckte die Blumen zu <strong>und</strong> marschierte wieder nach H<strong>aus</strong>e. Mir war nicht<br />

bange bei diesem Unternehmen, weil ich die Nachtwanderungen vom Zollh<strong>aus</strong> <strong>aus</strong> gewöhnt war.<br />

Einzig allein am Sonntag <strong>von</strong> 13.00 bis 18.00 Uhr hatte ich Ausgang. Fußball spielen <strong>und</strong> spazieren<br />

mit meinen Lehrlingskollegen war das einzige Vergnügen. Das Violinspiel am Abend war mir ein<br />

gewisser Trost. Mit dem Sohn unserer damaligen H<strong>aus</strong>partei verstand ich mich sehr gut.<br />

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