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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

H<strong>aus</strong>weide durch das Gatterl hinein. Und da konnte ich feststellen, dass die Kühe Grasski fahren<br />

können. Eine Kuh, die ganz oben am Hang stand, lief ihnen bergab entgegen. Dies ging so schnell<br />

<strong>von</strong>statten, dass die Kuh zur Begrüßung der Heimkehrer auf allen 4 Beinen den Hang hinunterrutschte.<br />

So vergingen fast 3 Wochen <strong>und</strong> wir schlichen <strong>über</strong> die Ennsgrenze nach N.Ö., um zu erk<strong>und</strong>en,<br />

was auf der anderen Seite los war. Nach 10 Tagen bekamen wir Nachricht <strong>und</strong> eines Tages war es<br />

dann soweit. Wir brachen auf. Mit einem Transport <strong>von</strong> Privatpersonen im gedeckten Güterwagen<br />

fuhren wir, hinter Tuchenten <strong>und</strong> Polstern versteckt, <strong>über</strong> die Grenze nach N.Ö. Alles andere war<br />

ein Kinderspiel. In 2 Tagen traf ich in <strong>Bernhardsthal</strong>, meiner Heimat, ein <strong>und</strong> damit gab’s ein<br />

Wiedersehen nach langer Zeit. Erstmals konnte ich auch meinen am 12. Februar 1945 geborenen<br />

Sohn Gerd sehen. Die größte Enttäuschung aber brachte ich den Gemeindevorstehern, denn sie<br />

fanden meinen Namen nicht in den NS-Registern <strong>und</strong> so konnte ich unbehelligt leben. Für meine<br />

Verwandten ging ich einige Male <strong>aus</strong>sagen. Doch das waren die Kleinigkeiten des täglichen Lebens.<br />

Das Geschäft meines Schwiegervaters war noch nicht offen. So suchte ich mir anderwärts eine<br />

Beschäftigung in Wien. Ich fand diese in einer Druckerei in der Piaristengasse. Eine Frau war dort<br />

Chefin <strong>und</strong> dadurch ergaben sich eine ganze Menge <strong>von</strong> Konfliktstoffen. Die Kalkulation wurde<br />

nur <strong>über</strong> den Daumen gepeilt <strong>und</strong> alles ging ohne Arbeitsbogen <strong>von</strong> der Setzerei zur Druckerei <strong>und</strong><br />

Buchbinderei. Es war <strong>über</strong>haupt keine Kontrolle vorhanden. Eines Tages war ich bei einem Verlag<br />

(Jugend <strong>und</strong> Volk). Dort wurde mir erklärt, dass 2.400 Bogen Papier für den Schulbücherdruck bei<br />

uns liegen müssten. Zu H<strong>aus</strong>e angekommen, prüfte ich im Papiermagazin den Bestand <strong>und</strong> diese<br />

Bogenzahl war wirklich da . Als ich dies meiner Chefin meldete, tobte sie. Sie sagte mir, dass sie<br />

dieses Papier im T<strong>aus</strong>chweg erhalten hätte <strong>und</strong> ich müsste mich irren. Ich sagte daraufhin meinen<br />

Leibspruch: „Ein Richter irrt nicht!“ Im Zorn schrieb die Chefin diesen Spruch mit auf die Karteikarte.<br />

Meine Reaktion war kurz <strong>und</strong> bündig. Ich kündigte, weil unter solchen Bedingungen nicht zu<br />

arbeiten war <strong>und</strong> fuhr heim nach <strong>Bernhardsthal</strong>.<br />

Das Geschäft Firma Rupert Moser meines Schwiegervaters war auch wieder in Betrieb <strong>und</strong> ich war<br />

Einkäufer für den Wiener Boden. Dort bemühte ich mich, alle möglichen Waren zu besorgen. Was<br />

mir eigentlich recht gut gelang. Mit der normalen Ware wurde ein Teil Ramschware mitgekauft.<br />

Gerechnet wurde nur die Normalware. Für Weihnachten 1946 war ich in Wien einkaufen. Bei Ing.<br />

Schneider (Verwandte) hatte ich mein Hauptquartier. Dort hinterlegte ich alle Pakete <strong>und</strong> <strong>über</strong>nachtete<br />

auch dort. Als ich mindestens 30 Pakete zusammengetragen hatte, wollte mich ein Lastwagen<br />

<strong>aus</strong> Reinthai abholen. Dieser hatte einen Kurbelwellenbruch <strong>und</strong> so stand ich allein da. Ein Bierauto<br />

verlangte für den Pakettransport nach Floridsdorf <strong>über</strong> 400,- Schilling. Auch die Taxis verlangten<br />

pro Fahrt 200,- S. So blieb mir nicht anderes übrig, ich band immer 3 Pakete zusammen. Mit 2 x 3<br />

Paketen <strong>und</strong> 3 Paketen im Rucksack ging der Transport per Straßenbahn nach Floridsdorf. Beim<br />

Umsteigen in den 311er waren schon sehr viele Leute in der Straßenbahn <strong>und</strong> sie wollten schimpfen,<br />

als ich mit den vielen Paketen kam, doch dann machten sie Platz <strong>und</strong> bedauerten mich nur. Den<br />

Eisenbahnern gab ich Schuhpaste <strong>und</strong> sonstige Kleinigkeiten, gab die Hälfte der Pakete als Reisegut<br />

auf <strong>und</strong> die zweite Hälfte wurde im Wagen verstaut.<br />

Zu H<strong>aus</strong>e in <strong>Bernhardsthal</strong> holte mich ein Bauernwagen ab, der randvoll mit Paketen beladen<br />

wurde. Und so ähnlich ging es weiter, bis mein Schwager Alois nach H<strong>aus</strong>e kam. Er war in Glasenbach<br />

(Salzburg) zurückgehalten worden.<br />

Im Sommer 1947 suchten wir nach einem Geschäft. Wir hatten <strong>von</strong> der Innung einen Bekannten<br />

<strong>von</strong> Vater, der in Velm-Götzendorf Kaufmann war. Doch waren die Übernahmebestimmungen so<br />

engherzig, dass wir uns nicht dazu entschließen konnten.<br />

Im August 1947 las meine Frau Marie eine Anzeige in der Zeitung, dass in Gutenstein, Bezirk<br />

Wiener Neustadt, ein Geschäft verpachtet würde. Auf die briefliche Antwort an uns fuhr ich sofort<br />

nach Gutenstein. Um 8.00 Uhr kam ich in Gutenstein Vorderbruck (Bahnhof) an <strong>und</strong> marschierte<br />

bis zur Kirche. Dort befand sich das Geschäft. Ich konnte nicht hinein <strong>und</strong> fragte gegen<strong>über</strong> ein<br />

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