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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

Der Jude, der hier eine dominierende Rolle spielte <strong>und</strong> stets ein kleineres Pferd ritt - bei der<br />

Holz<strong>über</strong>nahme <strong>und</strong> auch privat – längere Zeit bei Nacht <strong>und</strong> auch öfters bei Tag mit einem<br />

schweißtriefenden Pferd ankam, musste er größere Strecken geritten sein. Er schlief bei dem alten<br />

Chef im Hofraum. Er war schon mehr gegen die Dreißiger <strong>und</strong> wirkte mehr <strong>über</strong>trieben.<br />

Als wir hier ankamen, kam ein Polizeibeamter, der sagte, wir sollen uns in dem uns zustehenden<br />

Rahmen halten <strong>und</strong> er wolle sich in unsere Einteilung nicht hineinmischen. Wir sahen ihn die<br />

ganzen zehn Monate nicht mehr.<br />

Man sorgte auch für reichlichen Fleischvorrat, indem man so um Winteranfang im Hofraum vor<br />

unserem Wohnraum eine ca. 3 m tiefe Grube mit entsprechender Breite <strong>aus</strong>grub. Man gab unten<br />

eine Schichte Schnee, gab dann eine abgehäutete <strong>und</strong> <strong>aus</strong>geweidete Kuh darauf, <strong>und</strong> darauf wieder<br />

Schnee. Und so wurden drei Kühe konserviert. Die stets benötigten Nahrungsmittel besorgte der<br />

Unternehmer.<br />

Ich sah dann später, dass die Bauern auch diese Methode praktizierten, selbstverständlich in<br />

kleinerem Rahmen, mit einer 3 – 5 Kubikmeter Fülle, etwas dachartig <strong>und</strong> schattig abgedeckt war<br />

es längere Zeit bis Sommer benutzbar.<br />

Da die untere wie auch die obere Breitseite des Hofes mit zwei Räumen verbaut war, so wurde<br />

bei den Ungarn der zweite Wohnraum als Küche <strong>und</strong> Abstellraum benützt. In dem bei uns heroben<br />

anschließenden Wohnraum waren russische Bauern, kleine Gesetzesverbrecher, weil sie sich evtl.<br />

eine Fuhr Holz vom Gemeindewald holten oder Ähnliches, mit Aufseher untergebracht. Sie mussten<br />

hier strafweise Holzarbeiten leisten.<br />

Selbstverständlich ließ man den Bauern Zeit, denn solche waren es meistens, bis sie ihren Lebensunterhalt<br />

für sich <strong>und</strong> die Familie untergebracht hatten. Jetzt konnte er seine Strafe abarbeiten,<br />

der Geschädigte bekam Schadenersatz <strong>und</strong> der Bauer kam <strong>aus</strong> der Verordnungsliste. Sonntag war<br />

Ruhetag – da kam die Bäuerin auf Besuch. Dann konnten sie auf einem ruhigen, unbeaufsichtigten<br />

Platz den kommenden Wochenplan festlegen.<br />

Ich selbst hielt mich fast täglich bei diesen Arrestanten auf, sie hatten meistens Privatgespräche<br />

<strong>aus</strong> ihrem täglichen Leben, politische Gespräche waren nicht aktuell. Für mich war es wichtig, dass<br />

ich meine Sprachkenntnisse erweitern konnte, ab <strong>und</strong> zu doch vom Weltgeschehen etwas erhaschen<br />

konnte <strong>und</strong> etwas <strong>aus</strong> der Eintönigkeit her<strong>aus</strong>kam. Man nahm meine Anwesenheit ohne Kommentar<br />

zur Kenntnis.<br />

Die Ansiedler!<br />

Die Ansiedler waren durch ihren laufenden Zuzug auf so ca. 200 Siedler angewachsen, die zum<br />

größeren Teil <strong>aus</strong> ihrem früheren Wohnsitz mit ihrem dort bewohnten <strong>und</strong> abgebrochenen Häusern<br />

hier ankamen, diese hier wieder zusammenstellten <strong>und</strong> ihren alten Wohnraum weiter benutzten.<br />

Manche, die <strong>von</strong> weiter her kamen, denen es vielleicht an Bespannung fehlte oder sonst wie dies<br />

nicht bewerkstelligen konnten, vielleicht <strong>aus</strong> Familiengründen, vielleicht, dass alte Menschen ihre<br />

alte angestammte Heimat nicht verlassen wollten, daher bauten sie sich eine kleine Hütte fürs Erste<br />

hier auf um sukzessive in ihrer neuen Heimat den Wohnraum zu erweitern.<br />

Mancher kam mit einem Pferd, einem Wagen mit einer Plane dar<strong>über</strong>, mit seiner Familie hier an<br />

<strong>und</strong> musste etwas abwarten, ob bis sich die richtige Gelegenheit ergab, um sich eine neue Existenz<br />

aufzubauen. Der nötige Raum, den er hiezu benötigte, wurde ihm durch die ihm zugewiesene<br />

Parzelle gesichert. So bauten sich die Gassen auf, wo man schon an die zweih<strong>und</strong>ert besetzten<br />

Parzellen zählte, wo erst vor kurzer Zeit mit der Besiedlung begonnen wurde.<br />

Auch neben unserer Wohnung logierte eine Familie mit mehreren Kindern in einer Erdhütte. Sie<br />

<strong>über</strong>winterten hier, hatten es ganz gemütlich darin <strong>und</strong> der Winter konnte ihnen nichts anhaben. Ich<br />

schnüffelte, da ich mich so mit dem russischen Kauderwelsch verständigen konnte, in die russischen<br />

Wohngewohnheiten ein, es machte wahrscheinlich auch den Russen nichts <strong>aus</strong>, dass ich ihre<br />

primitive Art zu leben, <strong>und</strong> zu <strong>über</strong>leben, bew<strong>und</strong>erte, wenn einem die Verhältnisse dazu zwingen.<br />

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