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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

<strong>und</strong> Anhänger zur Grenze unterwegs seien. Da das Auto eine Reparatur hatte <strong>und</strong> diese länger als 3<br />

Wochen dauerte, mussten wir die Weiterreise per Bahn antreten bzw. fortsetzten. Ich nahm mir 40<br />

Mann, rüstete 2 Mann mit Rotkreuztaschen <strong>und</strong> Armbinden <strong>aus</strong> <strong>und</strong> fuhren als Kriegsversehrte per<br />

Bahn in Richtung Heimat. Den deutschen Bahndienststellen muss ich hier bezeugen, dass sie sich<br />

uns gegen<strong>über</strong> sehr zuvorkommend verhalten hatten. Bei allen Bahnhöfen wo wir umsteigen mussten,<br />

erhielten wir 2 Abteile <strong>und</strong> auch Verpflegung zugewiesen. In Mainz am Hauptbahnhof stand<br />

ein Personenzug zur Weiterfahrt schon um 22.00 Uhr am Bahnsteig bereit. Obwohl fast 20 Mal so<br />

viele Menschen da waren als der Zug fassen konnte, erhielten wir·unsere 2 Abteile zugewiesen.<br />

Eine halbe St<strong>und</strong>e später war der Zug komplett besetzt. Da kamen ständig die sogenannten KZ-ler<br />

<strong>und</strong> wollten unsere beiden Abteile. Doch wir ließen keinen herein. Auch als die <strong>von</strong> den KZ-lern<br />

geholte amerikanische Militärpolizei kam, hatten sie keinen Erfolg. Um 4.00 Uhr früh fuhr der Zug<br />

endlich ab <strong>und</strong> damit war der Kampf um die Plätze vorbei. So ging es ab bis Nürnberg. In Nürnberg<br />

sahen wir einen Lastzug mit Staubkohle beladen, als Anschrift stand am Zug: Freilassing in Salzburg.<br />

Sofort ließ ich alle <strong>aus</strong>steigen. Die Kohle wurde mit Zeltplanen abgedeckt <strong>und</strong> wir sodann rauf <strong>und</strong><br />

saßen alle oben. Gegen Abend waren wir in Freilassing. Weil es so schön war, die Sterne funkelten<br />

so hell, <strong>über</strong>nachteten wir in einem Wäldchen. Am nächsten Tag marschierten wir bei Freilassing<br />

<strong>über</strong> die Grenze nach Österreich. Bei der Österreichischen Zollstation angekommen, wünschte ich<br />

allen ein gutes Heimkommen. Nur mit einem Kameraden <strong>aus</strong> Hohenau, dem Elektrofachmann der<br />

Hohenauer Zuckerfabrik, Werlinschek, marschierte ich weiter. In einem der nächsten Orte gingen<br />

wir in eine Bäckerei <strong>und</strong> erstanden dort ein halbes Brot <strong>und</strong> eine Tüte Zucker. Wasser füllten wir in<br />

eine Feldflasche, so ging es zu Fuß weiter bis Spätnachmittags. Bei einem der typischen Heuhaufen<br />

die im Gelände verstreut standen, blieben wir sitzen. Es war ein w<strong>und</strong>erbarer Herbsttag, ganz klar<br />

<strong>und</strong> rein. Die sinkende Sonne grüßte zu uns her<strong>über</strong>. Eine Jungschar, Buben <strong>und</strong> Mädchen, waren in<br />

Sockerln, Sandalen <strong>und</strong> leicht gekleidet unterwegs auf eine Alm. Wir aßen unser Brot, streuten<br />

Zucker drauf <strong>und</strong> mit dem frischen Wasser war das fast ein Festabendessen. Dann krochen wir ins<br />

Heu <strong>und</strong> schliefen das erste Mal in der Heimat. Am Morgen staunten wir nicht wenig, als fast 40<br />

cm Schnee lagen. Wir dachten noch an die jugendlichen Ausflügler, wie es diesen bei dem Schnee<br />

ergehen würde. Die werden nicht wenig waten müssen mit dieser mehr als leichten Kleidung.<br />

Schnurstracks ging es dann zum nächsten Bahnhof <strong>und</strong> wir fuhren mit dem Zug bis Altenmarkt bei<br />

Schladming. Dort mieteten wir ein Zimmer bei sehr netten Leuten. Wir gingen zur Gemeinde um<br />

uns anzumelden <strong>und</strong> auch weitere Auskünfte zu erhalten. Schließlich wollten wir erfahren, wie die<br />

Situation in dem russisch besetzen Gebiet sei. Mit dem Gemeindesekretär sprach ich noch, dass er<br />

eine Schreibmaschine hätte, die nicht mehr einwandfrei sei. Er sagte, dass sich hier in Altenmarkt<br />

Nachschubverbände aufgelöst hätten <strong>und</strong> da wurden Schreibmaschinen <strong>und</strong> sonstige Gegenstände<br />

gegen Brot <strong>und</strong> Speck umget<strong>aus</strong>cht. Jeder Bauer hier habe 2-3 Schreibmaschinen. Sofort machte ich<br />

mich erbötig, ihm die Schreibmaschine zu reparieren. Ich brachte diese dann repariert zurück. Diese<br />

schrieb sehr gut <strong>und</strong> so konnte ich fast 4 Wochen jeden Tag 2-3 Schreibmaschinen reparieren. So<br />

bekam ich nicht nur Geld, auch Lebensmittel waren Zahlungsmittel.<br />

Nach der Schreibmaschinenepisode gingen wir zu einem Bauern arbeiten, um uns die Lebensmittelkarten<br />

zu ersparen. Am ersten Tag regnete es, wir hackten Holz. Der Bauer <strong>und</strong> seine Leute<br />

droschen mit einer kleinen Dreschmaschine mit einem 4-PS-Motor Gerste. Am Nachmittag blieb<br />

der Motor stehen <strong>und</strong> der Bauer fragte, ob wir vom Motor etwas verstehen. Für uns war dieser<br />

Motor eine Kleinigkeit. Es war nur die Benzinleitung verstaubt. Abmontieren <strong>und</strong> Durchblasen war<br />

gleich getan <strong>und</strong> der Motor lief wieder. Am nächsten Tag war es schön. Die Sonne meinte es gut.<br />

Wir bekamen den Auftrag, die Bergwiese abzumähen. Ich dengelte meine <strong>und</strong> meines Kameraden<br />

Sense <strong>und</strong> dann ging es los. Am Abend waren wir zwar sehr müde ob der ungewohnten Arbeit.<br />

Schlechter war es beim Aufwachen am Morgen danach. Die Hüfte war wie abgebrochen. Gehen wir<br />

heute auch mähen, fragte mich Werlinschek <strong>aus</strong> Hohenau. Wir können uns doch nicht krank melden,<br />

sagte ich. Übrigens, nach einer halben St<strong>und</strong>e Mähbewegungen spürten wir fast nichts mehr<br />

<strong>und</strong> so blieb es auch wirklich. Einige Tage später regnete es <strong>und</strong> ich stand draußen, als 2 Stück<br />

Jungvieh <strong>von</strong> der Alm allein den Weg zum Bauernhof gef<strong>und</strong>en haben. Der Bauer ließ diese auf die<br />

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