Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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Erzählungen aus und über Bernhardsthal Nie stille steht die Zeit, Der Augenblick entschwebt, Und den man nicht genützt hat, Den hat man nicht erkebt. Josef Schmaus kam 1911 als Sohn der Bauernfamilie Josef und Theresia (geb. Seidl) Schmaus in der Hauergasse № 29 zur Welt. Er hatte 3 Geschwister - Franz, Alfred und Ernestine. 1946 heiratete er Herta Pfeiler (1917-1977) von № 141. In den 1950er Jahren zog er mit seiner Gattin und den Kindern Josef und Waltraud in die neue Siedlung, welche aufgrund der zahlreichen „Josefs“ - Josef Soukup, Josef Stratjel, Josef Hasitschka, Josef Schmaus, Josef Kadletz, Josef Weilinger und Josef Köstinger – auch den Namen „Josefgasse“ bekam. Neben seinem Beruf als Buchhalter im örtlichen Lagerhaus pflegte er bis ins hohe Alter als letzter Bernhardsthaler Weinhauer einen der wenigen Weingärten im Ort. Es war mir eine große Freude, ihm Ende November 2013 zu seinem 102. Geburtstag gratulieren zu dürfen. Seite 66
Erzählungen aus und über Bernhardsthal Josef Weilinger Kriegsgefangenschaft in Sibirien / Gedichte aus: Franz Zelesnik, Bernhardsthaler Heimatbuch, Kapitel 8.3. Erinnerungen an die russische Kriegsgefangenschaft im 1 Weltkrieg Im Jahre 1917 befand ich mich im russischen Kriegsgefangenenlager „Barnaul“ im Gouvernement Tomsk in Westsibirien, etwa 1.600 km östlich des Ural. Da teilte uns eines Tages der Lagerposten mit, der Krieg sei zu Ende und er gehe nach Hause; wir sollen uns in Hinkunft selbst schützen. Wir blieben dann zwei Tage ohne Aufsicht. Dann hörten wir, dass der Zar abgesetzt sei und Kerenski eine republikanische, linksgerichtete Regierung gebildet habe, die den Krieg weiterführe. Zwei Tage später fiel uns auf, dass ein Stadtteil von Barnaul zwei Nächte lang von hellem Feuerschein beleuchtet war. Es hieß, das Viertel der Reichen sei von mehreren Seiten angezündet worden und das Feuer habe - vom herrschenden Sturm begünstigt – Mensch und Vieh eingeschlossen. Unterdessen zogen die Anhänger der Revolution mit Gesang und fliegenden Fahnen durch die Straßen und an unserem Lager vorbei. In den darauffolgenden Tagen fuhren dann die Gespanne mit den verkohlten Menschen- und Tierleichen, den Opfern des Brandes, vorüber. Nach drei weiteren Tagen bekamen wir wieder eine Lagerbewachung. Die Kerenski-Regierung verlor, weil sie den Krieg weiterführte, bald die Sympathie der Bevölkerung. Lenin und Trotzki, die nach der Absetzung des Zaren sofort nach Russland zurückgekehrt waren, bereiteten eifrig den Sturz Kerenskis vor, und so kam es mit der Oktoberrevolution zum Bürgerkrieg, mit dem die Bolschewiken unter Lenins Führung die Regierungsgewalt an sich rissen. Verschiedene Generäle kämpften, wie man hörte, als Zarenanhänger für die Kaiserlichen, so General Wrangel, Badluren, Denikin und Semjonikow. Sie vereinigten sich später unter dem Oberbefehl Koltschaks und nannten sich „Weiße Armee“. Ihnen gegenüber standen die Bolschewiken, was so viel wie Mehrheitspartei heißt, die Menschewiken (Minderheitsanhänger) und die kleinste Gruppe, die Kommunisten, die sich zur Roten Armee vereinigten. Mit den Kaiserlichen kämpften auch die Tschechen, während Deutsche und Ungarn, besonders solche von ihnen, die in der Gefangenschaft unter den Tschechen zu leiden gehabt hatten, lieber mit den Bolschewiken kämpften. In der ersten Zeit, als diese Armeen noch klein waren, bildeten die Tschechen auf der Seite der Kaiserlichen die Elitetruppe, weil ja die Kaiserlichen den Tschechenstaat garantierten. Die Deutschen und Ungarn dagegen stellten auf Seite der Bolschewiken die Elitetruppe. Kein Wunder, dass sich die Tschechen auf der einen, die Deutschen und Ungarn auf der andern Seite zu erbitterten Todfeinden entwickelten. Es ging ihnen nicht um die Ideen einer der Revolutionsparteien, sondern die Tschechen kämpften für die Errichtung ihres Nationalstaates, die Deutschen und Ungarn aber gegen die Errichtung desselben, ganz sicher aber zu dem Zweck, den seit langem angefachten und angehäuften Nationalhass abzureagieren. Wie tief der Hass zwischen Tschechen und Deutschen saß, erfuhr ich am eigenen Leibe, als ich im Herbst 1915 nach Sibirien gebracht wurde. Ich kam damals in der noch vor dem Ural liegenden Stadt Perm in ein Lager, in dem auch Tschechen waren. Diese kochten die fünf Tage, die wir hier weilten, auch für die deutschsprachigen Kriegsgefangenen. Da das Essen Tag für Tag angebrannt war, wussten wir, dass dies mit Absicht geschah. Als ich im Jahre 1918 in einem Winterquartier einen Spätgefangenen traf, fragte ich ihn, was es in der Heimat Neues gebe. Er antwortete: „Was geht das dich an?“ Auf meine Frage: „Was bist du so kurz angebunden” sagte er: „Und warum du so lange?” Da wusste ich sofort, dass ich einen Tschechen vor mir hatte, und dass ich ihm, wenn mir mein Leben lieb war, nicht mehr begegnen dürfe. Die Tschechen waren zur Zeit des beginnenden Bürgerkriegs eine geschlossene Armee, während die Russen ihnen durch ihre Uneinigkeit noch machtlos gegenüberstanden. Russen und Tschechen konnten einander nicht „schmecken“, denn die Tschechen benahmen sich arrogant und pflegten gerne aufzuschneiden. Ich bin fest überzeugt, dass die Tschechen ihre große Niederlage bei Pawlovsk, wo sie angeblich die Hälfte ihrer Streitmacht verloren haben, nur dem bei den Deutschen und Ungarn gegen sie angehäuften Hass zu verdanken hatten. Seite 67
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