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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

immer ist, es gibt einzelne darunter, bei denen jeder Fremde ein schlechter Mensch ist <strong>und</strong> dann<br />

doch die Vernunft siegt. So verabschiedeten sie sich <strong>und</strong> sagten: „Zum Übernachten habt ihr es<br />

doch warm.“<br />

Der Gemeindesekretär, der noch anwesend war, sagte uns, dass wir uns im Gebiet der Orenburger<br />

Kosaken befinden <strong>und</strong> diese ihr Gebiet durch Posten bewachen, damit sie sich vor Überfällen<br />

schützen. Er selbst sei kein Kosak <strong>und</strong> er werde morgen früh kommen <strong>und</strong> uns wieder frei lassen.<br />

Als er am nächsten Tag kam, sagte er, er habe bei einer Bäuerin ein Frühstück für uns bestellt<br />

<strong>und</strong> wir sollen mit ihm mitgehen, was wir nach einiger Weigerung dann doch taten. Kaum hatte<br />

man uns den Tee kredenzt, kam schon ein Bote <strong>von</strong> der Gemeindevertretung, wir sollen gleich auf<br />

die Gemeinde kommen, der Bosolog 83 wartet schon auf uns.<br />

Nachdem wir gefrühstückt hatten gingen wir auf die Gemeinde, wo die Gemeindevertretung<br />

schon auf uns wartete. Ich ließ mich mit ihnen auf keinen Disput ein, da es mir zwecklos erschien.<br />

Wir mussten uns nur darauf konzentrieren, wie wir am schnellsten die Gesellschaft los wurden. Der<br />

Rumäne, der perfekt russisch konnte, sagte <strong>über</strong>haupt nichts.<br />

Die Beförderung in die nächste Marktgemeinde!<br />

Dann kam ein Bauer mit einem Einspänner, den sie aufgenommen hatten, <strong>und</strong> dieser, sagten sie,<br />

wird euch in die nächste Marktgemeinde bringen. Diesem schien dieser Auftrag nicht genehm zu<br />

sein, da er die Männer fragte, ob er nicht einen Begleitmann mitbekomme, wo diese dies verneinten,<br />

er solle nur fahren, er brauche sich nicht vor uns zu fürchten.<br />

Auf der Fahrt sprach ich mit ihm, er brauche sich wirklich nicht vor uns zu fürchten, denn es<br />

wäre sinnlos irgendeine Dummheit zu begehen. Wir müssen uns etwas Besseres einfallen lassen.<br />

Doch man sah es ihm an, er war erst richtig froh als er uns los war. Was ich ihm gar nicht verdenke.<br />

Unangenehme Sache für die Miliz!<br />

Das kleine Konsortium das uns in Empfang nahm war <strong>über</strong> unser Erscheinen nicht sehr erfreut:<br />

„Was sollen wir mit euch machen?“ <strong>und</strong> schickten uns wieder zur Miliz. Dort war ein Mann <strong>von</strong><br />

mittlerer Größe <strong>und</strong> korpulent. Als ihm unsere Begleitperson sagte, was es mit uns für eine Bewandtnis<br />

habe, hatte er gleich eine fürchterliche Wut auf die, die ihm diese Suppe eingebrockt<br />

hatten. „Was soll ich damit zu tun haben? Am besten ist es“ sagte er uns „ihr bleibt hier auf Arbeit.<br />

Dann haben wir alles wieder in Ordnung.“<br />

Ich sagte ihm, er soll uns weiter gehen lassen. Wir wollen ja nur nach H<strong>aus</strong>e gehen, uns interessiert<br />

Russland nicht. Er sagte, das geht unter diesen Verhältnissen nicht. Nachdem wir zwei Tage<br />

auf der Gemeindekanzlei verbracht hatten gaben wir auf <strong>und</strong> gingen auf Arbeit.<br />

Aufgabe des Widerstandes, Arbeitsannahme!<br />

Ich ging mit einer Kosakenbäuerin mit. Hier waren noch zwei Frauen, deren Männer noch nicht <strong>von</strong><br />

der Front zu H<strong>aus</strong>e waren, <strong>von</strong> der einen die Mutter <strong>und</strong> der anderen die Schwiegermutter.<br />

Der Rumäne ging mit einem Bauern mit. Wie ich später erfuhr, war er anderntags schon verschw<strong>und</strong>en.<br />

Ich blieb einen Monat bei diesen drei Frauen. Es kam dann ein Einheimischer an meine<br />

Stelle.<br />

Eine Feldarbeit gab es noch nicht, so hatte ich nur häusliche Arbeiten zu verrichten. Die eine<br />

Soldadeska 84 war <strong>aus</strong> der Nachbarortschaft. Ich wusste es, da ihr Vater einmal auf Besuch hier war.<br />

Die Tochter sagte zu ihrem Vater, ob er das Zaumzeug mitgebracht hat, sie hätten dieses schon öfter<br />

gebraucht. Und als sie eines Tages sagten, ich soll das Pferd <strong>aus</strong>reiten, dachte ich mir, reitest gleich<br />

in die Nachbarortschaft <strong>und</strong> holst gleich das Zaumzeug.<br />

Sie waren gleich etwas erstaunt als ich das Zaumzeug brachte. Ob sie nicht dachten, dass ich eines<br />

Tages mit dem Pferd da<strong>von</strong> reiten könnte. Auch das Verhältnis der beiden Frauen, auch mir<br />

83 Eigenname?, Bezeichnung für Bürgermeister, Gemeinde- oder Ortsvorsteher? (Seite 30).<br />

84 Soldateska ist ein zügelloser Soldatenhaufen. Meinte er Soldatenbraut, oder? (Seite 31).<br />

Seite 98

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