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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

Gebiet. Wenn ich ab <strong>und</strong> zu mit verschiedenen Mädels verkehrte, so war dies rein fre<strong>und</strong>schaftlich,<br />

ohne Auswirkung für alle Beteiligten. Ein Gefühl, das sich immer allen Bindungen entgegensetzte,<br />

war der unbändige Wille zur Freiheit. Schon allein des Sportes wegen. Hatte ich ein Treffen mit<br />

einem Mädchen vereinbart, so tat es mir schon etwas später leid, meine Zusage gegeben zu haben.<br />

Bei unserem Fußballverein, den auch ich durch 5 Jahre führte, mussten wir alle den Sportplatz<br />

ebnen. Tore, Netze, Dressen, Schuhe, Stutzen, Bälle wurden mit eigenem Geld erworben. Bei<br />

Auswärtsspielen brachten wir höchstens 10 Räder zusammen. Den Rest der Mannschaft mussten<br />

wir auf der Stange mitnehmen. Bis zu 30 km weit fuhren wir hin, spielten <strong>und</strong> dann ging es wieder<br />

der Heimat zu. Mit 13 Jahren spielte ich zum ersten Mal in der Ersten in Hohenau <strong>und</strong> Dürnkrut.<br />

Von der Firma Moser verabschiedend trat ich bei der Firma Pisk, Lederwaren <strong>und</strong> Zugehör, Wien,<br />

als Verkäufer ein. Es war dies für mich das Sprungbrett zum Eingewöhnen in Wien. Nach kurzer<br />

Zeit wechselte ich zur Firma Bachmeyer, Wien Neubaugasse, Lebensmittel <strong>und</strong> Farbwaren. Dort<br />

musste ich auf dem Farbsektor noch sehr viel lernen. Eine Wohnung erhielt ich auch <strong>von</strong> meinem<br />

Chef. Im gleichen H<strong>aus</strong> eine Zimmer - Küche Wohnung. Die erste Nacht dort war schrecklich, ein<br />

Heer <strong>von</strong> Wanzen stürzte sich auf mich. Sie mussten schon sehr <strong>aus</strong>gehungert gewesen sein. Sehnsüchtig<br />

wurde das nächste Opfer erwartet. Schon am ersten Wochenende fuhr ich nach <strong>Bernhardsthal</strong>.<br />

Mit einer Flitspritze setzte ich eine Wolke in die Räume. Dichtete alle Fenster <strong>und</strong> Türen<br />

ab <strong>und</strong> am Montag waren alle Wanzen verschw<strong>und</strong>en. Die Monate Juli <strong>und</strong> August waren in Wien<br />

derart heiß, dass ich in dieser Zeit nur <strong>von</strong> Milch <strong>und</strong> Semmeln lebte. Es hat mir sehr gut getan <strong>und</strong><br />

ich fühlte mich sehr wohl. Hie <strong>und</strong> da kam es vor, dass K<strong>und</strong>en gleich 100 kg Zucker oder Reis<br />

kauften. Einmal musste ich diesen 100 kg Sack bis in den vierten Stock in einem Zug hinauftragen.<br />

Die beiden Lehrlinge, die diesen Sack auf einem Wagerl hingebracht haben, konnten mir dabei<br />

nicht helfen.<br />

Man kann sagen was man will, es gibt in einer Stadt oft wirklich komische Leute. Einmal kam ein<br />

Malermeister <strong>und</strong> wollte Signalrot in Pulverform. Ich brachte ihm dieses. Weil das Kilogramm nur<br />

4,80 S kostete, war ihm dies nicht recht <strong>und</strong> zu billig. Er wollte es wesentlich besser <strong>und</strong> teurer<br />

haben. Ich holte eine andere Lade, füllte das gleiche Pulver hinein <strong>und</strong> verlangte dafür 6,40 per kg.<br />

Diese war ihm recht <strong>und</strong> ich musste alle Angestellten aufmerksam machen, wenn dieser K<strong>und</strong>e<br />

kommt, dann kostet das Signalrot immer 6,40 S.<br />

Im Frühjahr 1933 wechselte ich zur Firma Pribitzer, Altlichtenwarth. Da war es nicht so weit <strong>von</strong><br />

zu H<strong>aus</strong>e weg. Auch dort war es eine schöne Zeit, wenn auch der Geschäftsbetrieb schon um 5.00<br />

Uhr begann <strong>und</strong> um 8.00 Uhr abends endete. Immer wenn die Bauern mit der Milch in die Molkereigenossenschaft<br />

gingen, kauften diese zugleich ein. Kondition konnten wir bei diesen Arbeiten<br />

genügend tanken für unsere Belange. Getreidesäcke, Mehlsäcke, 80 kg schwer, wanderten auf<br />

unseren Schultern in die Lagerhallen. 100 kg Kunstdüngersäcke nahmen wir gleich wieder herunter.<br />

Essen konnten wir so viel wir wollten. Und für einen jungen Menschen war dies keine schlechte<br />

Einladung. Zur Vormittagsj<strong>aus</strong>e ein großes Brot, darauf gleich ein ¼ Paket Butter, nur ein bisschen<br />

abgestrichen, so wurde dies gegessen. Wein, Bier, obwohl wir einen eigenen Weingarten <strong>und</strong> eine<br />

Bierniederlage hatten, lehnte ich strikt ab.<br />

Deswegen gab es genügend Gespött, doch als Sportler ließ ich mir dieses nicht aufzwingen. Sonntag<br />

war um 11.00 Uhr Geschäftsschluss. Essen <strong>und</strong> dann saß ich schon auf dem Rad in Richtung<br />

<strong>Bernhardsthal</strong>. Sport war die große Devise. Zu Silvester war ich bis 5.00 Uhr bei einer Tanzunterhaltung.<br />

Auf das Rad gesetzt <strong>und</strong> um 6.00 Uhr war ich wieder in Lichtenwarth. Bis 11.00 Uhr im<br />

Geschäft <strong>und</strong> am Neujahrstag wieder bis 5.00 Uhr beim Tanz. So musste ich im Geschäft sehr<br />

achtgeben, besonders am Vormittag, dass ich nicht eingeschlafen bin. Nachmittags hätte ich schon<br />

wieder <strong>aus</strong>gehen können.<br />

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