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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

Kurz darauf wurde ich zur Sturmgeschützbrigade 202 versetzt <strong>und</strong> führte eine Batterie. Diese<br />

Brigade wurde einem Armeekorps mit 5 neuen Arbeitsdienstdivisionen eingegliedert.<br />

Wir sprengten den Ring um Berlin auf, damit die Eingeschlossenen der 9. Armee her<strong>aus</strong> konnten.<br />

Kämpften 2 Tage gegen die Amerikaner, warfen diese <strong>über</strong> die Elbe zurück. Deckten anschließend<br />

den Rückzug in Richtung Elbe im Raum Standal. Der kommandierende General unseres Korps<br />

führte die 5. Arbeitsdivision in die amerikanische Gefangenschaft.<br />

Meine Batterie erhielt noch den Auftrag, die Russen zurückzuwerfen, damit noch Soldaten <strong>und</strong><br />

Zivilisten <strong>über</strong> der Elbsteg nach Stendal kommen könnten. In der Frühe wurde der Angriff gestartet.<br />

Die Russen wurden nochmals 4 km zurückgeworfen, wobei uns der Amerikaner vom linken Elbufer<br />

zusah. Sofort nach Erreichen des Angriffszieles machten wir kehrt, sprengten vor den Amis die<br />

Geschütze, nahmen unsere Siebensachen <strong>und</strong> marschierten auch zum Steg. Schon vor einigen<br />

Tagen hatten die Verpflegungseinheiten ihre Fahrzeuge im Stich gelassen <strong>und</strong> waren <strong>über</strong> den Steg<br />

zu den Amis gewechselt. Alles Erdenkliche lag herum. Ich suchte mir zwei neue Decken, 2 Zeltplanen<br />

<strong>und</strong> packte darin meine Unterwäsche <strong>und</strong> Uniform ein. Ich verschnürte dieses Paket so, dass ich<br />

es vor der Brust tragen konnte. Im Rucksack verstaute ich 5 Stangen Hartwurst, Konserven, Brot<br />

<strong>und</strong> Knäckebrot, Käse, Schokolade, Drops <strong>und</strong> 2 Flaschen Schnaps in die Hosentaschen. So bepackt<br />

ging ich <strong>über</strong> den Elbsteg an das amerikanische Elbufer. Der Posten auf dem Steg sah meine Armbanduhr<br />

<strong>und</strong> wollte diese haben. Ich erklärte ihm, dass ich diese nicht hergäbe <strong>und</strong> ging weiter.<br />

Drüben angekommen, meldete ich unserem Kommandeur nach alter Sitte mit dem Hitlergruß.<br />

Unserem Kommandeur, der mit den gesamten Offizieren <strong>und</strong> Mannschaften schon drüben stand,<br />

meldete ich, dass mein Auftrag erfüllt sei. Der amerikanische Posten kam auf mich zu <strong>und</strong> sagte,<br />

dass ich nicht mit Siegheil, sondern nach amerikanischer Art grüßen müsse. Es waren 10-15 Amerikaner<br />

da, welche 80.000 Gefangene zum Flugplatz leiten sollten. Bei einem der abseits stehenden<br />

Bauernhöfe scherte ich <strong>aus</strong> der Kolonne <strong>aus</strong>. Bei diesem Bauernh<strong>aus</strong> wusch ich mich <strong>von</strong> Kopf bis<br />

Fuß, rasierte mich, zog frische Unterwäsche an <strong>und</strong> habe anschließend noch ordentlich gegessen.<br />

Das Gros der Gefangenen war um 14.00 Uhr auf dem Flugplatz angelangt, ich traf noch rechtzeitig<br />

um 19.30 Uhr ein. Auf dem Flugplatz lagen wir noch 2 Tage. Die meisten hatten nichts mit, bzw.<br />

alles weggeworfen, weil sie glaubten, der Krieg sei zu Ende <strong>und</strong> sie kämen gleich nach H<strong>aus</strong>e. So<br />

konnte ich in mein Zelt noch 3 Untermieter hinein nehmen . Nach 2 Tagen kamen wir in eine<br />

Unterkunft, eine Kaserne der ehemaligen Panzerabwehreinheit. Ich war in einem Zimmer mit 7<br />

Kameraden untergebracht. Eines muss ich anerkennen, die Amerikaner sahen kein einziges Mal<br />

unser Gepäck an. So konnte ich mit meinen Lebensmitteln <strong>aus</strong> dem Rucksack noch meine Zimmerkollegen<br />

<strong>über</strong> Wasser halten. Einmal am Tag erhielten wir eine Suppe <strong>und</strong> einige Keks. Aber eines,<br />

was sehr viel wert war, erhielten wir - Wasser, kühles, gutes Wasser, soviel wir wollten. Wir hatten<br />

Zeit zum Schachspielen, auch Fußball wollten wir spielen, doch dazu reichte die Kraft nur für eine<br />

Halbzeit. Nach 3 Wochen legten wir unsere Rangzeichen ab. Und noch eine Woche später wurde<br />

die Bewachung <strong>von</strong> den Engländern <strong>über</strong>nommen. Es entwickelte sich ein reges T<strong>aus</strong>chgeschäft mit<br />

den englischen Posten.<br />

Es wurde Juni <strong>und</strong> die Heu- <strong>und</strong> Getreideernte rückte heran. Eines Tages erhielt ich 200 Mann für<br />

den Landeinsatz für Erntearbeiten. Mittags marschierte ich ab zum nächstgelegenen Dorf.<br />

Plötzlich wurde uns bekanntgegeben, dass der Russe dieses Gebiet zugesprochen erhielt <strong>und</strong> wir<br />

konnten uns entscheiden, ob wir hierbleiben <strong>und</strong> in russische Gefangenschaft kommen wollten,<br />

oder mit den Engländern einen Stellungswechsel machen wollten. Fast alle marschierten weiter in<br />

das neue Gebiet, Richtung der Altmark. Ich wurde bei einem alten Ehepaar einquartiert. Dort wurde<br />

mir die Zeit ein wenig langweilig, so malte ich die Küche <strong>und</strong> das Zimmer <strong>aus</strong> <strong>und</strong> strich den<br />

Zimmerboden. Außerdem richtete ich die Porzellanküchenuhr her. Die war heruntergefallen <strong>und</strong><br />

das Zifferblatt war in Trümmer gegangen. Ich bemalte eine Sperrholzplatte, montierte diese auf den<br />

Uhrkörper <strong>und</strong> richtete das Uhrwerk ein, sodass die Uhr wieder nett <strong>aus</strong>sah <strong>und</strong> genauestens ging.<br />

Vom Handwagen reparierte ich 3 gebrochene Räder. Ich holte mir vom Wagner die Werkzeuge,<br />

drehte <strong>und</strong> schnitt die einzelnen Teile nach Schablonen <strong>und</strong> montierte so die Räder auf den Hand-<br />

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