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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

beim formellen Exerzieren im Kreis vorbei. Beim Hinmarsch zum Defilierpunkt mussten wir die<br />

Zähne zusammenbeißen, um nicht zu lachen. Waren wir jedoch nach der Defilierung weiter entfernt,<br />

lachten wir <strong>aus</strong> vollem Halse, wenn auch fast lautlos. Ansonsten waren wir mit dem Hauptmann<br />

sehr zufrieden. Auf mich hielt er so große Stücke, dass mir nicht einmal der diensthabende<br />

Feuerwerker etwas sagen durfte.<br />

1935/36 wurden wir nach Krems verlegt. In der Infanterie-9 <strong>und</strong> Pionierkaserne erhielten wir einen<br />

Gebäudeflügel zugewiesen. Wir lagen 27 Mann in einem großen Zimmer. Neben mir lag ein Grobschmied<br />

<strong>aus</strong> Tulln. Er hatte 3 Schwestern <strong>und</strong> erzählte uns sehr viel <strong>von</strong> zu H<strong>aus</strong>e. Er erhielt Wochenendurlaub<br />

<strong>und</strong> fuhr nach H<strong>aus</strong>e. Wir setzten uns zusammen, verfassten einen Liebesbrief an<br />

eine seiner Schwestern. Die Post ging ab, eingeschrieben. Der Brief wurde Sonntag zugestellt. Weil<br />

seine Schwester nicht zu H<strong>aus</strong>e war, musste er sie <strong>aus</strong> der Trafik, ihrem Arbeitsort, holen. Sie las zu<br />

H<strong>aus</strong>e den Brief vor <strong>und</strong> unser Urlauber wurde entsprechend gerügt. Nach Krems zurückgekehrt,<br />

redete er 3 Wochen <strong>über</strong>haupt nichts mit uns. Aber eines Morgens las er den ganzen Zimmerangehörigen<br />

diesen Brief vor. Alle bogen sich vor Lachen.<br />

Jeden Tag waren wir in der Umgebung <strong>von</strong> Krems auf einem Berg. 30 km Marsch war unser<br />

tägliches Vormittagpensum. Aufregend waren die Fußballspiele zwischen Artillerie, Infanterie <strong>und</strong><br />

Pioniere. Es gab immer genügend Zuschauer <strong>und</strong> harte Kämpfe.<br />

Ich war in der Kanzlei tätig, damit einen Posten, der außer Fachkönnen auch Selbstbehauptung<br />

verlangte. Ich übte sehr viel Stenographie <strong>und</strong> auf der Schreibmaschine für die kommende Stenotypistenprüfung.<br />

Unser 2. Offz. Abtl. 10 Hübler hatte den Unteroffizierskurs <strong>über</strong>. Eines Tages kam er<br />

zu mir, stellte mir das Ansinnen, die Beurteilung für die Kursteilnehmer zu schreiben. Da ich diese<br />

fast nicht kannte, ersuchte ich ihn um gewisse Angaben. Darauf habe ich seinen Auftrag <strong>aus</strong>geführt<br />

<strong>und</strong> für alle Kursteilnehmer eine gute Beurteilung <strong>aus</strong>gestellt.<br />

Wenn wir bei unseren Ausflügen bei einem Heurigen einkehrten, bestellten wir nur ¼ Wein, dann<br />

fingen wir zu singen an <strong>und</strong> der Rest des Abends war für uns zechfrei.<br />

Krems 1936: Der Winter war dahin. Die Natur kleidete sich in ein neues Grün. Die Frühjahrsparade<br />

der Garnison war angesagt. Ein Pionieroberst führte die <strong>aus</strong>gerückte Truppe an. Als Artillerie<br />

marschierten wir gleich als Anfangsabteilung. Vor dem Gerichtsgebäude <strong>und</strong> der Kaserne standen<br />

die Honoratioren. Wir kamen durch das Steiner Tor. Der Kapellmeister hob den Taktstock, die<br />

Musik setzte ein. Das Pferd des Pionieroberst erschrak, stellte sich auf <strong>und</strong> der Oberst fiel vom<br />

Pferde. Ein Soldat fing das Pferd ab. Der Oberst verlor die Kappe, der Säbel war im rechten Winkel<br />

abgebogen. Der Oberst humpelte in die Kaserne. Wir marschierten ohne Führung weiter. Es war<br />

eine gewaltige Blamage.<br />

Einmal hatte ich Torwache. Ein Pionieroberleutnant ließ sich sein Pferd <strong>aus</strong> dem nahen Stall führen.<br />

Der Leutnant stieg in den Sattel. Das Pferd drehte sich um <strong>und</strong> marschierte in den Stall zurück.<br />

Hätte sich der Reiter nicht tief im Sattel gebückt, wäre er abgestreift worden. Anschließend ließ er<br />

sich das Pferd bis auf die Straße führen <strong>und</strong> saß auf. Ohne einen Augenblick zu zögern, ging der<br />

Ritt durchs Kasernentor wieder dem Stall zu. Das Pferd merkte, dass dieser Pionieroffizier nicht<br />

reiten konnte.<br />

Am Wochenende ging ich in ein Kaffeeh<strong>aus</strong> tanzen. Ich tanzte mit allen Damen des Tisches meinen<br />

Pflichttanz. Als letzte der Damen war eine sehr gewichtige dran. Die Musik spielte einen Tango.<br />

Den konnte die Dame nicht tanzen, so musste ich nicht nur ihre Füße sondern auch das Schwergewicht<br />

durch den Saal schieben. Zu allem Unglück wurde der Tango wiederholt. Aber dann ging ich<br />

sofort nach H<strong>aus</strong>e <strong>und</strong> legte mich nieder, da ich so müde war. Mir fehlte wahrscheinlich die Kondition.<br />

9 Sich zu Fuß bewegende <strong>und</strong> mit Handfeuerwaffen <strong>aus</strong>gerüstete Soldaten.<br />

10 Offiziers-?.<br />

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