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Erzählungen und Berichte aus, von und über Bernhardsthal

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<strong>Erzählungen</strong> <strong>aus</strong> <strong>und</strong> <strong>über</strong> <strong>Bernhardsthal</strong><br />

Die Schlingenleger!<br />

Bei unseren Arbeitskollegen waren einige darunter, die mit dem Schlingenlegen umgehen konnten<br />

<strong>und</strong> in den 10 Monaten landeten mehr als 200 Hasen in unseren Töpfen. Da man diese nur mit dem<br />

anderen Essen mitkochte, nicht wie Hasenbraten zubereitete, waren sie laufend im Essen, hatte ich<br />

diese satt, sodass ich lange Zeit keinen Hasen mehr aß. Doch die Hasenfelle, speziell die weißen<br />

Winterfelle, leisteten gute Dienste, indem man Mützen <strong>und</strong> Leiberln dar<strong>aus</strong> machte, da manche auf<br />

primitive Art die Felle gebrauchsfähig machen konnten.<br />

Kurze Arbeitszeit im Winter!<br />

Im Winter hatten wir unser Pensum in ca. 4 St<strong>und</strong>en erledigt, <strong>und</strong> zwar zwischen 8 Uhr <strong>und</strong> 2 Uhr.<br />

Wir hatten einen selbst fabrizierten Sparherd gemacht, um ab <strong>und</strong> zu Milch abzukochen, einen<br />

Eierspeise zu machen oder wenn einer ab <strong>und</strong> zu seine Kochkunst <strong>aus</strong>übte, <strong>und</strong> im Winter zum<br />

Heizen des Raumes. Das Holz besorgten wir uns, indem jeder abends eine Kleinigkeit Holz mitnahm<br />

<strong>und</strong> so für den Wintervorrat sorgte.<br />

Viel separat zu kochen kam nicht in Frage, da wir reichlich <strong>und</strong> gute Kost <strong>von</strong> unserem ungarischen<br />

Koch zubereitet bekamen. Die Sonn- <strong>und</strong> Feiertage einzuhalten konnten wir uns leisten, auch<br />

recht stürmische Wintertage konnten wir verkraften.<br />

Doch da wir nur ca. 200 m bis zum Wald hatten <strong>und</strong> man im Wald die Witterung, auch bei der<br />

Arbeit, nicht so spürte, so kam ganz selten ein Arbeits<strong>aus</strong>fall vor. Es war auch das kienige Nadelholz<br />

im Winter schneller <strong>und</strong> leichter zu bearbeiten, da sich die Säge nicht verschmierte <strong>und</strong> mit<br />

engerem Schrot gesägt wurde, <strong>und</strong> das gefrorene Holz sich leichter spalten ließ. Wir konnten uns<br />

kein Vermögen verdienen, aber es klingelte etwas in der Tasche.<br />

Die russischen Siedler waren auch erst im Aufbau!<br />

Die meisten der russischen Siedler die hier ankamen waren auch arm, waren fast genau so entwurzelt,<br />

da sie ihre vertraute Heimat verließen, sich selbst eingewöhnen mussten, <strong>und</strong> dabei sich gar<br />

nicht sicher waren, ob man nicht bald zum Militärdienst eine Einberufung bekam. Und wer wird die<br />

Familie ernähren, die vielleicht nicht einmal ein Dach <strong>über</strong> den Kopf haben?<br />

Manches junge Soldatenweib, die russischen Mädchen heiraten schon meistens mit 16 Jahren<br />

<strong>und</strong> die Burschen mit 18 Jahren. Es macht nicht viel <strong>aus</strong>, sie heiraten <strong>aus</strong> einer Großfamilie in die<br />

andere. Doch hier war es meist anders. Denn sie kamen hierher um eine neue Heimat zu gründen,<br />

<strong>und</strong> jetzt bekommt der jung verheiratete Mann den Einberufungsbefehl, muss weit fort, sie hat die<br />

vertraute heimatliche Umgebung aufgegeben <strong>und</strong> jetzt ihren Mann. Wenn auch ein Elternteil hier<br />

ist, so ist es schwer, den Lebensunterhalt zu besorgen <strong>und</strong> zugleich eine Existenz aufzubauen.<br />

Durch Kontakt mit der Bevölkerung deren Mentalität kennenlernen!<br />

Vielleicht muss ich noch etwas hierzu erwähnen. Da ich durch die Gefangennahme alle meine<br />

Jugendträume verspielt hatte, so riss ich mich <strong>von</strong> dem erlittenen Schock los <strong>und</strong> dachte mir, alle<br />

Veränderungen die mir auffallend erschienen, so gut es ging im Gedächtnis festzuhalten. In alle<br />

Materien so viel es ging einzudringen, dabei auch manche Gefahren riskieren, um so gut wie<br />

möglich, das richtige Bild, den Verhältnissen entsprechend, dem Klima <strong>und</strong> der dadurch bedingten<br />

Mentalität der Menschen dieser Region gerecht zu werden.<br />

Da Russland ein Sechstel der Erde beherrscht, so kam man mit den verschiedensten Menschenrassen<br />

in Verbindung. In den Lagern, wo manche ihre Abrichtung verbringen, auf den Bahntransporten,<br />

an der Mongolei, wo sie laufend auf der Karawanenstraße mit ihren zweirädrigen primitiven<br />

Ochsengespannen Holz <strong>aus</strong> der Mongolei her<strong>über</strong>brachten - sie sind eine gedrungene, mittelgroße<br />

Rasse, mehr ein dunkler Teint, hatten kurz geschnittene Haare <strong>und</strong> waren im Sommer ohne Kopfbedeckung.<br />

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