PDF 5.373kB - TOBIAS-lib - Universität Tübingen
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Theoretische Grundlage<br />
1.8 Theoretische Überlegungen<br />
Bislang wurden die Befunde zu Inkompatibilitätsaufgaben auf Verhaltens- als<br />
auch auf der Ebene der EKP dargestellt, und zwar sowohl für Gesunde als auch für<br />
Erwachsene mit einer ADHS erläutert. Nach dieser Menge an empirischen Ergebnissen<br />
zu den unterschiedlichen EKP-Komponenten scheint eine Zusammenfassung notwendig:<br />
Inkompatibilitätsaufgaben gehen mit typischen Ergebnismustern einher. Auf der<br />
Verhaltensebene zeigen sich bei inkongruenten Reizen typischerweise längere RZ und<br />
mehr Fehler als bei kongruenten Reizen. Patienten mit einer ADHS scheinen anfälliger<br />
für die Inkongruenz zu sein und zeigen bei diesen Aufgaben schlechtere Leistungen und<br />
größere Effekte als Gesunde.<br />
Auch bei den EKP zeigen sich typische Ergebnismuster. So ist beispielsweise<br />
beim Stroop-Paradigma die Latenz der P300 nicht größer, wohingegen beim Flanker-<br />
Paradigma eine solche zu finden ist. In Bezug auf das LRP zeigt sich bei beiden<br />
Paradigmen eine Positivierung des LRP in der inkongruenten Bedingung. Diese<br />
Positivierung spiegelt die kurzfristige Auswahl des falschen Antwortkanals bei korrekten<br />
Antworten wider. Des Weiteren zeigte sich bei den beiden Paradigmen für falsche<br />
Antworten eine ERN. Bei Patienten mit einer ADHS findet sich im Vergleich zu Gesunden,<br />
eine größere Latenz der P300 sowie eine geringer ausgeprägte ERN. Zum LRP stehen<br />
bislang bei ADHS-Patienten keine Daten zur Verfügung.<br />
Die bisher genannten Befunde machen deutlich, dass es typische Ergebnisse in<br />
Bezug auf die EKP gibt, sowohl für das Stroop- als auch für das Flanker-Paradigma.<br />
Darüber hinaus verdeutlichen die Ergebnisse der bislang dargestellten Studien, dass es<br />
in Bezug auf die EKP systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen mit einer ADHS<br />
und Gesunden zu geben scheint. In Kapitel 1.4.2 wurde ausgeführt, dass beim Stroop-<br />
Paradigma explizite Prozesse der Aufmerksamkeitsablenkung wirksam sind und beim<br />
Flanker-Paradigma implizite Prozesse. Wie lässt sich diese begriffliche Unterscheidung<br />
nun auf Ebene der EKP nachvollziehen und welche Annahmen leitet sich daraus für die<br />
Aufmerksamkeitsprobleme der Erwachsene mit einer ADHS ab?<br />
Zur Beantwortung dieser Fragen ist es notwendig, sich mit der inhaltlichen<br />
Bedeutung der EKP zu beschäftigen. Diese wiederum hängt stark damit zusammen,<br />
welche Vorstellung wir davon haben, wie unsere Informationsverarbeitung abläuft.<br />
Eines der Standardmodelle der Informationsverarbeitung aus der kognitiven Psychologie<br />
ist das serielle Stufenmodell, ein Modell welches bis heute noch Grundlage zahlreicher<br />
Studien ist. Eine sehr einfache Form dieses Modells, welches auf Sternberg (S. Sternberg,<br />
1969) zurückgeht, lässt sich anhand von vier Verarbeitungsstufen beschreiben, die<br />
zwischen der Darbietung eines Reizes und der Ausführung der motorischen Reaktion<br />
stattfinden. Die erste Stufe kann als – Stimulusidentifikation –, die zweite als – Abruf<br />
gespeicherter Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis –, die dritte Stufe als –<br />
Reaktionsauswahl – und die vierte Stufe als – motorische Vorbereitung – bezeichnet<br />
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