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mitteilungen für lehrerinnen und lehrer ... - Russischlehrer.at

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MITTEILUNGEN FÜR LEHRERINNEN UND LEHRER SLAWISCHER FREMDSPRACHEN – Nr. 100<br />

Kein Gleichgewicht<br />

Das Verhältnis zwischen Kirche <strong>und</strong> Sta<strong>at</strong> im heutigen Russland<br />

DI Dr. P. Sebastian Hacker OSB<br />

„Das bedeutet überhaupt nicht, dass wir alle mit jedem Ihrer Schritte einverstanden sind, mit allem,<br />

was im Land vor sich geht. Wir haben kritische Ansichten, <strong>und</strong> ich rede öffentlich davon, niemals<br />

scheue ich davor zurück.“ 1 Würde man in Westeuropa diese Worte gegenüber dem russischen Premier<br />

<strong>und</strong> Präsidentschaftskandid<strong>at</strong>en Vladimir Putin einem russischen P<strong>at</strong>riarchen zutrauen? Die<br />

Berichte westlicher Medien <strong>und</strong> ihrer in Russland ansässigen Korrespondenten vermitteln das Bild<br />

einer Sta<strong>at</strong>skirche, die der verlängerte Arm der Behörden sei. Das t<strong>at</strong>sächliche, konkrete Leben der<br />

Russischen Orthodoxen Kirche jedoch erschließt sich nicht durch Zeitungsberichte, sondern durch<br />

persönliche Kontakte. Aus diesen Erfahrungen ist der vorliegende Artikel entstanden.<br />

Kirchlicher Aufbau jenseits von Sibirien<br />

Als ich 2007 als Gast der Russischen Orthodoxen Kirche zu Vorträgen in der Hochschule der Diözese<br />

Chabarovsk eingeladen war, zeigte sich, dass hier erst wenige Jahre zuvor das kirchliche<br />

Leben praktisch von Null an begonnen wurde. Der Landkreis von Chabarovsk mit 1,4 Mio. Einwohnern<br />

verfügte nach der politischen Wende der 1980er Jahre über zwei Kirchen – eine Holzkirche<br />

<strong>und</strong> eine umgebaute Fabrikshalle. Die über h<strong>und</strong>ert Gottesdienststätten zum Ende der Monarchie<br />

waren der Revolution <strong>und</strong> der kommunistischen Dikt<strong>at</strong>ur zum Opfer gefallen. Für die Einwohner der<br />

Stadt Komsomolsk am Amur, dem Grenzfluss zu China, stand keine einzige Kirche zur Verfügung.<br />

P<strong>at</strong>riarch Kirill berichtete, als er Anfang Februar 2012 einen jungen Bischof für diese Stadt weihte,<br />

dass noch vor der Wende ein Bewohner dieser Stadt in das Leningrader Priesterseminar eintreten<br />

wollte. Er war bis zum Gespräch mit dem damaligen Rektor Kirill erst viermal in seinem Leben in<br />

einer Kirche gewesen, weil die nächste mehrere h<strong>und</strong>erte Kilometer entfernt war.<br />

1 P<strong>at</strong>riarch Kirill am 8.2.12 beim Treffen der Vertreter der traditionellen Religionen Russlands im Moskauer<br />

Danilov-Kloster<br />

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