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DIE LÜGE DES ODYSSEUS

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vor jedem von ihnen eine Pergola mit Schlingpflanzen, kleine Gärtchen mit Blumenrasen — hier und da kleine<br />

Rondells mit Fontänen oder kleinen Statuen. Der Appellplatz, etwa einen halben Quadratkilometer groß, ist<br />

vollkommen gepflastert und so sauber, daß man keine Stecknadel verlieren kann. Ein zentral gelegener Fischteich<br />

mit Tauchbecken, ein Sportgelände, kühle Schattenanlagen, wie man sie nur wünschen kann, ein wahres Lager für<br />

Ferienkolonien; und irgendein Passant, der währen der Abwesenheit der Häftlinge zur Besichtigung zugelassen<br />

würde, verließe es in der Überzeugung, daß man dort ein angenehmes Leben voller Waldpoesie führt und jedenfalls<br />

ausnehmend beneidenswert, außerhalb jedes alltäglichen Vergleichs mit den Beschwernissen des Krieges, die das<br />

Los der freien Menschen sind. . .<br />

Ich frage meine Kameraden von Buchenwald: Erkennt Ihr Euer Lager wieder?" ("Force ouvriere", 25. Januar 1951.)<br />

Remy Roure kann "seine Kameraden von Buchenwald" fragen: diese Stelle ist aber in "Erleben der anderen" nicht zu finden.<br />

Vor dem Strafgericht in Bourg-en-Bresse überführt, entschuldigte er sich und wollte gerne einräumen ("Le Monde", 26.<br />

April), er habe das Werk nicht gelesen, sondern mich allein nach Maurice Bardeche zitiert. Nun ist es zwar richtig, daß<br />

Maurice Bardeche diese Stelle in seinem "Nürnberg oder die Falschmünzer" 6 ) zitiert, ebenso zutreffend ist aber auch, daß er<br />

sie<br />

8) Man hat mir gesagt, Maurice Bardeche stehe auf der äußersten Rechten und habe in zahlreichen anderen Fällen nicht den Beweis von<br />

derselben Sorge um Objektivität erbracht: das stimmt, und ich habe nie davon Abstand genommen, dies jedesmal zu sagen, wenn ich glaubte,<br />

dazu Anlaß zu haben. Aber dies ist weder ein Grund, sein Verdienst im vorliegenden Fall zu bestreiten, noch ihm die Anerkennung zu<br />

versagen, daß er auf fast einer ganzen Seite seiner beiden Werke über Nürnberg — die ebenso ungerecht beurteilt wurden wie "Die Lüge des<br />

Odysseus" — das deutsche Problem nach denselben Denkgesetzen behandelt, nach welchen die Schriftsteller Mathias Morhardt, Romain<br />

Rolland und Michel Alexandre, die allerdings auf der Linken standen, nach dem I. Weltkrieg vorgegangen sind. Und es ist auch nicht meine<br />

Schuld, wenn In einem sonderbaren geschichtlichen Auf und Ab die Leute der Linken, die 1938-1939 den zur Rechten gehörenden<br />

Nationalismus und Chauvinismus übernahmen, die sonst von der Linken vertretene Wahrheit genötigt haben, Asyl bei der Rechten und der<br />

äußersten Rechten zu suchen. Wie dem auch sei, der Chronist kann sich nicht damit abfinden, über das Stoffliche historischer Tatsachen<br />

nach den wechselnden Imperativen der Politik zu sprechen, und, nach dem Beispiel von Merleau-Ponty (vgl. S. 18) eine Sache nur dann als<br />

richtig anerkennen, wenn dies der Propaganda dient. (Anm. des Verlages: Deutsche Ausgabe "Nürnberg — oder die Falschmünzer" Verlag K.<br />

H. Priester-Wiesbaden, 1957.)<br />

9) Abkürzung für Konzentrationslager.<br />

"Eigenes Erleben" entnimmt — wo sie sich nämlich befindet, um eine Vorstellung von der materiellen Beschaffenheit, nicht<br />

des Lagers Buchenwald, sondern des Lagers Dora am Ende seiner Entwicklung zu geben — und daß er durchaus ehrlich<br />

nicht versucht, ihren Sinn zu entstellen oder sie aus dem Zusammenhang zu reißen.<br />

Möge es Remy Roure nicht mißfallen, wenn ich hinzufüge, daß das Lager Dora in Abwesenheit der Häftlinge — ja, ich<br />

sage: in Abwesenheit der Häftlinge! — sehr wohl der Beschreibung glich, die ich von ihm gebe, und daß alle, die es<br />

kennengelernt haben, mir hierin zustimmen. Wenn die Häftlinge nach einem langen und erschöpfenden Arbeitstag dorthin<br />

zurückkehrten, gab ihm die Konzentrationslager-Bürokratie ein völlig anderes Aussehen, wie aus dem hervorgeht, was der<br />

mir so leichtsinnig vorgeworfenen Stelle vorausgeht und nachsteht, und das Remy Roure — weil er es aus guten Gründen<br />

nötig hat! — geschickt durch Verdächtigungen ersetzt!<br />

Ich verzeihe Remy Roure diese üble Handlungsweise gern. Und wäre es auch nur, weil er in demselben Artikel folgendes<br />

geschrieben hat:<br />

". .. die Stammannschaften in den K. Z. 9 ), die Kapos, Blockältesten, Vorarbeiter, Stubendienste, die selbst<br />

Häftlings waren und vom langsamen Sterben ihrer Kameraden lebten ..."<br />

also eines der Themen in "Die Lüge des Odysseus" in so schlagender Form rechtfertigte und ganz genau das Gegenteil von<br />

dem schrieb, was alle Akkordarbeiter der Literatur über die Konzentrationslager, David Rousset an der Spitze, bis dahin<br />

geschrieben hatten.<br />

Aber ich stelle folgende Frage: Soll das, was Verleumdung und üble Nachrede ist, wenn es von mir ausgeht, ein<br />

Wort des Evangeliums und achtenswert sein, wenn es von Remy Roure kommt?<br />

Oder sollte es wohl so sein, daß man mir nicht verzeiht, daß ich der erste war, der versuchte, die Quelle zu dieser<br />

schrecklichen Wahrheit zu erschließen?<br />

-13-<br />

-14-<br />

Mit Stillschweigen übergehe ich die giftigen Zeitungsartikel, die von den Vereinigungen der Verschickten ausgingen, um<br />

die öffentliche Meinung im Alarmzustand zu halten, und die von Zeitungen wie "Franc-Tireur", "L'Aube", "L'Aurore", "Le<br />

Figaro" usw.... willfährig alle acht oder vierzehn Tage veröffentlicht wurden: sie wichen schließlich derart von der<br />

Objektivität ab, daß der Titel meines Werkes zur: "Legende von den Konzentrationslagern ..." geworden war.

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