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DIE LÜGE DES ODYSSEUS

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Initiative, der Phantasie oder dem Geschmack der Lagerführer überlassen blieben: der Sadismus<br />

hat Nuancen. Die allgemeine Absicht stand fest. Bevor man uns umbrachte oder uns sterben ließ,<br />

mußte man uns gesundheitlich herunterbringen." (Seite 85.)<br />

Während der Besatzungszeit bestand in Frankreich eine Vereinigung der Familien von Verschickten und politischen<br />

Internierten. Wenn eine Familie sich an sie wandte, um Aufklärung über das Schicksal ihres Verschickten zu erhalten,<br />

bekam sie einen von dieser "hohen deutschen Stelle" ausgehenden Bericht.<br />

Hier folgt er 4 ):<br />

-167-<br />

"Lager Weimar. — Das Lager befindet sich 9 km von Weimar entfernt und ist durch eine<br />

Eisenbahn mit ihm verbunden. Es liegt auf 800 m Höhe.<br />

4) Nach meiner Kenntnis ist er von Jean Puissant in seinem Buche "La colline sans oiseaux" = "Der Hügel ohne Vögel" zitiert worden. Eine<br />

ehrliche und genaue Beschreibung — die beste Aussage über die Lager.<br />

Es hat drei kreisförmige Stacheldrahtumzäunungen. In der ersten Umzäunung liegen die Baracken<br />

der Gefangenen, zwischen der ersten und zweiten die Fabriken und Werkstätten, in welchen<br />

Zubehörteile zu Rundfunkapparaten, mechanische Teile usw. . . . hergestellt werden.<br />

Zwischen der zweiten und dritten Umzäunung erstreckt sich ein unbebautes Gelände, dessen<br />

Abholzung man beendet, und auf dem man die Lagerstraßen und die Kleinbahn anlegt.<br />

Die erste Stacheldrahteinzäunung ist elektrisch geladen und mit zahllosen Beobachtungstürmen<br />

versehen, auf denen sich je drei bewaffnete Männer befinden. An der zweiten und dritten stehen<br />

keine Wachen, aber in der Umfriedung der Fabriken liegt eine Kaserne der SS; nachts geht die SS<br />

Patrouillen mit Hunden, ebenso in der dritten Umzäunung.<br />

Das Lager erstreckt sich über 8 km und kann etwa 300 000 lnternierte aufnehmen. Bei Beginn des<br />

nationalsozialistischen Regimes waren dort politische Gegner interniert.<br />

Von den Insassen sind die Hälfte Franzosen, die Hälfte Fremde, nazifeindliche Deutsche, die aber<br />

Deutsche bleiben und die Mehrzahl der Blockältesten stellen. Außerdem sind Russen vorhanden,<br />

unter ihnen Offiziere der Roten Armee, Ungarn, Polen, Belgier, Holländer usw. .. .<br />

Die Lagerordnung ist folgende:<br />

4.30 Uhr: Aufstehen, Toilette nackt, die überwacht wird, Waschen des Körpers ist Zwang.<br />

5.30 Uhr: 500 ccm Suppe oder Kaffee mit 450 g Brot (manchmal bekommen sie weniger Brot, aber<br />

sie haben eine reichliche Portion Kartoffeln von guter Beschaffenheit); 30 g Margarine, eine<br />

Scheibe Wurst oder ein Stück Käse.<br />

12 Uhr: einen Kaffee.<br />

18.30 Uhr: einen Liter gute dicke Suppe.<br />

Um 6 Uhr morgens Abmarsch zur Arbeit. Das Antreten je nach Beschäftigung, Fabrik,<br />

Wegstrecke, Holzhauerarbeit usw. . . . In jeder Abteilung stellen die Männer sich in Fünferreihen<br />

auf und halten sich. am Arm, damit die Reihen gut ausgerichtet und voneinander getrennt sind.<br />

Dann wird abmarschiert, Musik an der Spitze (aus 70 bis 80 Musizierenden gebildet; Internierten<br />

in Uniform: rote Hose, blaues Wams mit schwarzen Aufschlägen).

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