DIE LÜGE DES ODYSSEUS
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er gesehen hatte. Oder auch, es liege doch ein Interesse vor, daß keiner von uns bei einer Lüge oder einer Übertreibung<br />
ertappt werde.<br />
Später erschien "J’ai vu, j’ai vu, j’ai vecu . . . " im Juli 1947 in "Ketten und Lichter". Mit Genugtuung konnte ich<br />
feststellen, daß der Autor zwar seine Aussage über die Spritzen unverändert fortbestehen ließ, daß er aber derjenigen über die<br />
Gaskammern ehrlich einen Hinweis angefügt hatte, der die Verantwortlichkeit dafür einem anderen Verschickten zuschob.<br />
4) Fontenoy in Belgien, wo der französische Feldherr, Marschall von Sachsen, die Holländer und Engländer am 11. Mai 1745 schlug (d. Übers.).<br />
I I I .<br />
A b b e R o b e r t P L O T O N<br />
War Pfarrer der "Nativite" ("Christi-Geburt"-Kirche) in St. Etienne. Heute Pfarrer in Firminy.<br />
Nach Buchenwald unter der Stammrollennummer 44 015 im Januar 1944 mit demselben Transport wie ich verschickt. Wir<br />
strandeten zusammen im Block 48, den wir auch zusammen verließen, um nach Dora zu gehen.<br />
Veröffentlichte "Von Montluc nach Dora" im März 1946 in St. Etienne bei Dumas.<br />
Eine anspruchslose Aussage, die 90 Seiten umfaßt. Abbe Robert Ploton erzählt die Dinge einfach, wie<br />
er sie gesehen hat, ohne etwas zu untersuchen und häufig, ohne auf sich selbst zu achten. Offenbar ist er<br />
aufrichtig, und wenn er einen Fehler begeht, so geschieht es durch eine natürliche oberflächliche<br />
Empfänglichkeit, die durch den Eifer, mit dem er seine Erlebnisse erzählen will, erschwert wird.<br />
Im Zeitpunkt des deutschen Zusammenbruchs wurde er nach<br />
Bergen-Belsen geleitet: er schreibt das ganze Kapitel hindurch, das über dieses Ereignis berichtet, Belsen-Bergen, was zu<br />
dem Gedanken Anlaß gibt, daß es sich nicht um einen Druckfehler handelt.<br />
Im Block 48 zu Buchenwald hat er sagen gehört:<br />
"Wir stehen unter dem Befehl eines deutschen Häftlings, der ehemals kommunistischer<br />
Reichstagsabgeordneter war." (Seite 26.)<br />
Und hat es geglaubt. In Wirklichkeit war Erich, der Blockälteste, nur der Sohn eines kommunistischen Abgeordneten.<br />
"Grundsätzlich umfaßte das Tagesmenu einen Liter Suppe, 400 Gramm eines sehr schweren<br />
Brotes, 20 Gramm Margarine, die aus Kohle hergestellt war, und einen veränderlichen Nachtisch:<br />
bald einen Löffel Marmelade, bald Weißkäse oder auch einen Wurstersatz, (Seiten 63—64.)<br />
So viele Leute haben gesagt, die Margarine sei aus Kohle hergestellt worden, so viele Zeitungen haben es geschrieben, ohne<br />
Lügen gestraft zu werden, so daß sich die Frage nach der genauen Herkunft dieses Erzeugnisses erhob. Nach allem hat Louis<br />
Martin-Chauffier das beste dazu beigetragen, als er schrieb:<br />
"Es scheint, daß ihr (der SS) nichts gefällt, was nicht künstlich ist: und die Margarine, die sie uns<br />
so knauserig zuteilt, bekam für sie erst ihren vollen Geschmack, weil sie ein Produkt aus Kohle<br />
ist."<br />
(Der Karton trug die Aufschrift; "Garantiert ohne Fettstoffe.")<br />
Aus seinem Buche "L’Homme et la Bete" — Der Mensch und das Tier (Seite 95).<br />
-154-<br />
-155-<br />
Wenn Abbe Ploton von den Abzeichen der Häftlinge spricht, findet er acht Kategorien, ohne sich darüber klar zu sein, daß<br />
es tatsächlich etwa dreißig waren, und daß er unvollständig berichtet.<br />
Wenn er von der Lagerordnung erzählt, schreibt er:<br />
"Eines der wirksamsten und niedrigsten Mittel der moralischen Herabsetzung das den Geist der<br />
Ratschläge aus «Mein Kampf» atmet, besteht darin, daß man einigen, fast ausschließlich unter den<br />
Deutschen ausgesuchten Häftlingen die Lagerpolizei anvertraut hat." (Seite 28.)