DIE LÜGE DES ODYSSEUS
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Dezember 1950 hat Martin-Chauffier mit nachstehenden Worten erwidert, der Text sei korrekt geschrieben: "Es ist unnütz hinzuzufügen, daß<br />
eine Unkenntnis der Satzlehre nicht vorliegt — eine Lüge mehr —, aber daß e i n Semikolon, das sich durch Rassinier anstelle des<br />
Doppelpunktes eingeschlichen hat, diejenigen täuschen können (also erneuter Fehler Martin-Chauffiers, denn es muß hier kann heißen), die<br />
ihrer Grammatik nicht sehr sicher sind." Denn Martin- Chauffier ist überzeugt, daß ein Keil den anderen treibt. Er ist "seiner Grammatik" allzu<br />
"sicher" (vgl. auch Seite 10, Fußnote 15), als daß man ihm über die Beziehungen zwischen dem Verb und seinem Subjekt oder dem Pronomen<br />
und seinem analogen Fall leicht etwas erzählen könnte. Moral: ein Herr, der die schule für das Studium von vorgeschichtlichen Handschriften<br />
verläßt, ist anscheinend nicht verpflichtet, das zu wissen, was man von einem zehnjährigen Kinde verlangt, um es zur Sexta zuzulassen. Da wir<br />
nicht im geringsten tadelsüchtig sind, haben wir den von Martin-Chauffier geforderten Doppelpunkt wiederhergestellt, den in der ersten Auflage<br />
ein unglücklicher Druckfehler tatsächlich durch ein Semikolon ersetzt hatte: der Leser, der feststellen sollte, daß dieser an der Angelegenheit<br />
etwas ändert, wird gebeten, uns zu schreiben (gegen Kostenersatz!).<br />
Man fragt sich, was die Rechtsanwälte Petains erwarten, wenn sie sich auf dieses Argument berufen, das seinen vollen<br />
Geschmack erst dadurch bekommt, daß es aus der Feder einer der schönsten Blüten des unterirdischen Kommunismus<br />
herrührt. Wenn die Mode wieder zum Petainismus zurückkehrt, wird Martin -Chauffiere auf jeden Fall hierauf ziemlich stolz<br />
sein können und daraus vielleicht. . . einigen Nutzen ziehen. Eine andere Art, Folgerungen zu ziehen.<br />
Im Lager unterhält sich Martin -Chauffiere mit einem Arzt, der ihm sagt:<br />
-165-<br />
-166-<br />
"Augenblicklich gibt es im Lager dreimal mehr Kranke, als ich aufnehmen kann. In spätestens fünf<br />
oder sechs Monaten ist der Krieg zu Ende. Für mich handelt es sich darum, meine Absicht mit der<br />
größtmöglichen Zahl zu erreichen. Ich habe gewählt. Sie und andere erholen sich wieder langsam.<br />
Wenn ich sie in diesem Zustand und in dieser Jahreszeit (es war Ende Dezember) ins Lager<br />
zurückschicke, sind sie in drei Wochen tot. Ich behalte sie. Und — hören sie mir gut zu — ich<br />
nehme diejenigen auf, die nicht sehr schwer krank sind, und die durch einen Aufenthalt im Revier<br />
gerettet werden können. Diejenigen, welche verloren sind., lehne ich ab 3). Ich kann mir den Luxus<br />
nicht erlauben, sie aufzunehmen, um ihnen einen friedlichen Tod zu gewähren. Ich sichere die<br />
Erhaltung der Lebenden. Die anderen sterben acht Tage früher: auf jede Weise wären sie zu früh<br />
gestorben. Um so schlimmer, ich mache nicht in Gefühl, ich mache in Wirksamkeit. Dies ist meine<br />
Aufgabe. Alle meine Kollegen sind mit mir einig, daß dies der richtige Weg ist. . . Jedesmal, wenn<br />
ich einem sterbenden die Aufnahme verweigere, der mich erstarrt, erschreckt und vorwurfsvoll<br />
anblickt, möchte ich ihm erklären, daß ich sein Leben gegen ein Leben austausche, das vielleicht<br />
gerettet werden kann. Er würde mich nicht begreifen, usw. ., ." (Seite 190.)<br />
3) Im Original unterstrichen.<br />
An Ort und Stelle hatte ich schon erfahren, daß man aus Gründen, unter denen die Krankheit oder ihre Schwere manchmal<br />
erst in zweiter Linie ausschlaggebend war, ins Revier kommen und dort — relativ — gepflegt werden konnte: Gewandtheit,<br />
politische Abstempelung oder Notwendigkeit usw . . . Ich schrieb diese Tatsache den allgemeinen Lebensverhältnissen zu.<br />
Wenn Ärzte, die Häftlinge waren, obendrein zu Auffassungen kamen, wie sie Martin -Chauffiere diesem unterstellt, dann ist<br />
es angebracht, dies als philosophisches Argument zu verzeichnen und es als ursächliches Element dem "Sadismus der SS"<br />
bei der Erklärung der Zahl der Toten an die Seite zu stellen. Denn bei einem Arzte bedarf es großen Wissens, großer<br />
Sicherheit und auch Selbstsicherheit, um binnen weniger Minuten zu entscheiden, wer gerettet werden kann und wer nicht.<br />
Und wenn es so gewesen sein sollte, befürchte ich sehr, ob die Ärzte, die diesen ersten Schritt zu einer neuen Auffassung<br />
über das Verhalten im Beruf getan haben, nicht schrittweise dazu gekommen sind, auch einen zweiten zu machen und sich<br />
auch nicht zu fragen, wer gerettet werden kann, sondern wer gerettet werden muß und wer nicht gerettet werden muß und<br />
diese Gewissensfrage unter Berücksichtigung außertherapeutischer Gebote zu lösen.<br />
Die Lagerordnung.<br />
"Die Behandlung, die uns die SS zuteil werden ließ, war die Durchführung eines an höherer Stelle<br />
abgekarteten Planes. Sie konnte Verfeinerungen, Verschönerungen, Verzierungen enthalten, die der