DIE LÜGE DES ODYSSEUS
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die Konzentrationslager glaubhaft zu machen versucht, und dies im Rahmen eines nachträglich aufgebauten Systems, ist<br />
bestimmt falsch. Alle Kavallerieoffiziere in unseren Kolonien sind im Besitz einer Reitpeitsche, von der sie nach ihrer<br />
persönlichen Auffassung vom militärischen Auftreten und je nach dem Temperament ihres Pferdes Gebrauch machen dürfen:<br />
die meisten bedienen sich ihrer auch, um die Eingeborenen der Länder zu schlagen, in denen sie tätig sind. So kann es auch<br />
sein, daß gewisse Lagerleitungen 18 ) die für einen ganz anderen Zweck bestimmten Gaskammern zum Vergasen benutzten.<br />
Nachdem das Gespräch soweit gediehen ist, wäre die letzte Frage, die gestellt werden könnte, folgende: warum haben die<br />
Verfasser von Zeugenaussagen mit einem so bemerkenswerten Korpsgeist der im Umlauf befindlichen Lesart zum Glauben<br />
verholfen?<br />
Hier sei es gesagt: weil die Überlebenden der Bürokratie der Konzentrationslager, die uns in bezug auf Nahrung<br />
und Bekleidung so schamlos bestohlen, so übel behandelt, brutalisiert und uns derart geschlagen haben, daß<br />
man es nicht schildern kann, und die den Tod von 82% — so sagen die Statistiken — von uns verursacht haben,<br />
in der Gaskammer das einzige, von der Vorsehung gewollte Mittel sehen, mit dem sie alle diese Leichen erklären<br />
und sich selbst rechtfertigen können 19 ).<br />
Doch dies war noch nicht das Schlimmste: der Gipfel ist, daß sie willfährige Geschichtsschreiber gefunden haben.<br />
Schließlich ist der Dieb, der lauter als sein Opfer schreit und dessen Stimme übertönt, um die Aufmerksamkeit der Masse<br />
abzulenken, für unsere Literatur kein neues Thema.<br />
Niemand hat sich gefragt, warum es — außer in der Zeit der Lebensmittelzusatzkarten, die eine dem Zement gleichende<br />
Rolle gespielt haben — weder gebietsweise noch auf nationaler Ebene möglich gewesen ist, lebensfähige Vereinigungen von<br />
Verschickten zu bilden: es ist der Fall, weil die Masse der Davongekommenen nicht freiwillig bereit ist, sich auf<br />
ausdrücklichen Befehl der Beweihräucherer ihrer einstigen Sklavenbewacher, die wie durch Zufall die Hauptpersonen der von<br />
ihnen empfohlenen verschiedenen Bewegungen sind, in brüderlichen Gruppierungen zusammenzuschließen.<br />
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18) Und dies betrifft nicht die SS allein!<br />
19) Diese These ist in aufsehenerregender Form am 22. Juli 1953 von der Tribüne des Rates der Republik herab durch den Senator eines<br />
Departements im Osten, de Chevigny, bestätigt worden, der einstiger Verschickter nach Buchenwald war und enthüllt hat, daß "die Deutschen<br />
die Häftlinge ihre eigene Polizei hatten aufstellen lassen, und daß man. um eilige Hinrichtungen — ohne Gaskammern! — zu vollstrecken,<br />
immer leidenschaftliche Amateure gefunden hätte. Alle, oder fast alle Justizbeflissenen sind später in flagranti ertappt worden", fügte der<br />
Senator hinzu (J. O. v. 23. Juli 1953 — Parlamentsdebatten). Der Verfasser will Senator de Chevigny keinen Vorwurf daraus machen, daß er<br />
ihm nicht spontan seine Zeugenaussage angeboten hat, sondern ihn verurteilen ließ.<br />
Die anderen Elemente der Antwort auf die doppelte Frage, die ich soeben stellte, wird man in diesem Werke und ganz<br />
besonders in seiner Schlußfolgerung finden.<br />
* * *<br />
Eines der Elemente dieser Antwort tritt jedoch in diesem Werke nicht in Erscheinung: der Prozeß des Lagers Struthof, der<br />
noch nicht stattgefunden hatte, als die beiden Teile geschrieben wurden.<br />
Ganz wie das Buch des Dr. Nyiszli Miklos offenbart dieser Prozeß eine gewisse Zahl von Unwahrscheinlichkeiten über die<br />
Gründe des Ablebens von Menschen, die in diesem Lager Häftlinge waren.<br />
Wenn ich die von dem Regierungskommissar vorgetragene Anklagerede gegen die Angeklagten lese, die Mediziner von der<br />
Fakultät Straßburg waren, denen man medizinische Versuche vorwarf, die sie an Häftlingen vorgenommen hatten, so finde<br />
ich nach der Zeitung "Le Monde" in ihr:<br />
1. Daß man einem von ihnen vorwirft, die Tötung "von 87 Israeliten, Männern und Frauen, befohlen zu haben, die<br />
von Auschwitz angekommen waren, in der Gaskammer hingerichtet und alsdann nach Straßburg geschickt wurden,<br />
um in den anatomischen Sammlungen des deutschen Professors Platz zu finden";<br />
2. daß man vom zweiten sagte: "Ich bin gern bereit, zuzugeben, daß die erste Versuchsreihe keinen Todesfall<br />
herbeigeführt hat";<br />
3. folgenden Kommentar: "Es handelt sich jetzt um die Frage, ob die Typhusversuche zu Todesfällen geführt haben.<br />
Capitaine Henriey (der anklagende Regierungskommissar) gibt zu, daß er den Beweis hierfür vielleicht nicht<br />
beibringen kann, aber glaubt, daß das Gericht seinen Indizienbeweis auf Mutmaßungen stützen kann, wenn diese<br />
hinreichen, wie es hier der Fall ist. Diese Indizien findet er in den Zeugenaussagen und den Erwägungen des<br />
Nürnberger Urteils 20 ); in den Lügen Haagens (dies ist der angeklagte Arzt) und seinen Ausreden während der ersten<br />
Vernehmungen. Er glaubt, daß diese Tatsachen dem Gericht ermöglichen dürften, die gestellte Frage bejahend zu<br />
beantworten: hat Haagen sich Vergiftungen zuschulden kommen lassen?"