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DIE LÜGE DES ODYSSEUS

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Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Martin -Chauffiere seine Anklageschrift gegen die ersteren mit derselben strenge wie<br />

gegen die SS gerichtet oder wenigstens die Verantwortlichkeiten gleichmäßig verteilt hätte.<br />

Das Schlußwort.<br />

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Buches in Frankreich hat mir nicht die Möglichkeit geboten, die von der Hoover-<br />

Stiftung gesammelten und viel später veröffentlichten Aussagen zu verwenden.<br />

Anschließend folgt, was aus der Feder von Dominique Canavaggio (des ehemaligen Chefredakteur des "Temps de Paris"<br />

und Schwiegersohnes des Pastors Boegner) über Martin -Chauffiere zu lesen ist:<br />

-172-<br />

"Louis Martin-Chauffier — der später von der Gestapo verhaftet und nach Auschwitz verschickt<br />

werden sollte — war Mitarbeiter bei "Sept jours", einer Wochenzeitung von Jean Prouvost. Eines<br />

Morgens, als ich mich in Lyon befand, kam er mit einem vor Angst entstellten Gestellt zu mir:<br />

«Meine Tochter hat Tuberkulose; ihr Zustand ist sehr ernst: ich habe versucht, sie in Frankreich<br />

behandeln zu lassen; es ist unmöglich; man findet hier nirgendwo die erforderliche Höhe,<br />

Behaglichkeit und Verpflegung vereint; nur ein Aufenthalt in der Schweiz könnte sie retten. Glauben<br />

sie, daß sie von Laval einen Reisepaß erhalten können?»<br />

Ich versprach ihm, sogar das Unmögliche zu versuchen, und. nach meiner Rückkehr suchte ich<br />

gleich den Regierungschef in Vichy auf. Unmöglich war wohl das richtige Wort, denn seit<br />

November 1942 kontrollierten die Deutschen streng die Ein- und Ausreisen an den Schweizer<br />

Grenzen: sie ließen sozusagen niemand außer einigen offiziellen Persönlichkeiten durch.<br />

Überdies war der Name Martin-Chauffier bei ihnen damals schon 5 ) leicht verdächtig und nicht<br />

dazu angetan, die Dinge zu erleichtern. Laval hörte meine Bitte an, ohne mich zu unterbrechen,<br />

dann, als ich geendet hatte:<br />

«Martin-Chauffier? . . . Das ist wohl der, der zur Zeit von München Artikel geschrieben hat, in<br />

denen er forderte, ich müsse zum Galgen geschickt werden?»<br />

«Ja, Herr Präsident, der ist es.»<br />

Es war einen Augenblick still; mein Blick hielt dem seinen stand. Endlich ließ er verlauten:<br />

5) Dominique Canavaggio sagt mit gutem Recht "schon": er war es nämlich nicht immer.<br />

«Sagen sie ihm, daß seine Tochter nach der Schweiz gehen wird . . .Regeln sie die Formalitäten mit<br />

Bousquet.»<br />

«Danke, Herr Präsident, ich war sicher, daß sie es tun würden: und ich bin nicht sicher, daß<br />

Martin-Chauffier dankbar sein wird...»<br />

Er hielt mich mit einer Bewegung zurück:<br />

«Ich verlange keinen Dank; ich tue es aus menschlichem Pflichtgefühl.»<br />

(Dominique Canavaggio, Journalist)<br />

Wie man sieht, war Martin-Chauffier ganz besonders geeignet, einer der denkenden Köpfe der Widerstandsbewegung in<br />

Frankreich zu werden. Er "beehrt" mit seiner (episodischen) Kollaboration ferner "Le Figaro", "Paris-Presse" und "Paris-<br />

Match". Das biographische Nachschlagewerk "Pharos" schreibt von ihm, daß er vor dem Kriege seine politischen<br />

Meinungen klar zu erkennen gegeben und seine Sympathien für den Kommunismus während des Bürgerkrieges in Spanien

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