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DIE LÜGE DES ODYSSEUS

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Aufgabe gestellt, die Rätsel aller Bilder zu lösen, hätte er über das Lächeln der "Jokonda" eine Samtmaske, in die<br />

ausgestreckten Hände aller Jesuskinder, die erstaunt auf den Knien oder in den Armen der hegenden Madonnen ausruhen.<br />

Kinderklappern oder "Erasmus" eine Brille gemalt usw... . hätte man dies alles bestehen lassen, dann stelle man sich vor,<br />

welches Aussehen der Louvre bekommen hätte!<br />

Die Irrtümer, die man in den Aussagen von Verschickten feststellen kann, sind von derselben Art, wie der Stock des<br />

"Gleichgültigen" oder eine etwaige Maske auf dem Antlitz der "Jokonda": ohne das Bild der Lager wesentlich zu verändern,<br />

haben sie doch den Sinn der Geschichte verfälscht.<br />

Wenn der ehrliche Verschickte vom einen zum anderen übergeht und sie vereinigt, dann hat er denselben Eindruck, als gehe<br />

er durch die Galerien des Louvre voller Häßlichkeiten, die durchgesehen und verbessert sind.<br />

So ist es auch mit dem Leser, wenn er vor Abgabe seines Urteils über Jeden der zitierten Texte sich, abgesehen von allen<br />

anderen Erwägungen fragt, ob ihr Verfasser sie vor einem regelrecht zusammengesetzten Gericht, das zudem noch peinlich<br />

genau wäre, vollständig aufrechterhalten könnte.<br />

* * *<br />

KAPITEL II<br />

Die minderwichtigen Zeugen<br />

Diese Zeugen berichten nur, was sie gesehen oder angeblich gesehen haben, ohne viel zu erläutern; die Kritik richtet sich<br />

bei ihnen nur auf meist geringfügige Einzelheiten. Der Leser wolle entschuldigen: die großen Rätsel des<br />

Konzentrationslagerproblems können zwar nur mit wichtigeren Zeugen erörtert werden, aber die anderen dürfen dabei nicht<br />

vergessen werden.<br />

I .<br />

B r u d e r B I R I N<br />

(mit wahrem Namen: Alfred UNTEREINER)<br />

Veröffentlichte einen chronologischen Bericht von seinem Wege nach Buchenwald und Dora.<br />

Titel: "16 Monate Gefängnis."<br />

Erschienen bei Matot-Braine in Reims am 20. Juni 1946.<br />

Vorwort von Emile Bollaert.<br />

Im Prolog die Umstände, die zu seiner Festnahme und Verschickung führten.<br />

Im Anhang ein Gedicht in freien Versen des Abbe Jean-Paul Renard:<br />

"J’ai vu, j’ai vu, et j’ai vecu . .." 1 ).<br />

Und im Nachwort zwei Erwähnungen ehrenhalber, eine zur Verleihung des Kriegskreuzes, die andere bei der Aufnahme in<br />

den Orden der Ehrenlegion sowie ein Auszug aus der Rede, die Emile Bollaert, damaliger Kommissar der Republik in<br />

Straßburg, anläßlich der Verleihung des letzteren hielt.<br />

Er wurde im Dezember 1945 verhaftet, am 27. Januar 1944 nach Buchenwald und am folgenden 15. März nach Dora<br />

verschickt.<br />

-146-<br />

-147-<br />

1) "Ich habe gesehen, ich habe gesehen, und ich habe erlebt . . ." (d. Übers.).<br />

Wir haben bei der Verschickung und dem Transport von einem Lager zum anderen an demselben Transport teilgenommen.<br />

Unsere Stammrollennummern lagen auch ganz nahe beieinander: er hatte 45652, ich 44564.<br />

Wir sind auch zusammen befreit worden. Innerhalb des Lagers aber liefen unsere Schicksale auseinander: dank der<br />

vollkommenen Beherrschung der deutschen Sprache, die er seiner elsässischen Herkunft verdankt, gelang es ihm, sich als<br />

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