iaf ⢠institut für angewandte forschung pforzheimer ...
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2 Wertschöpfungsrechnung<br />
betrieblichen Leistungen herzustellen und abzusetzen sowie um die hierzu benötigen<br />
Kapazitäten aufrecht zu erhalten. 61 In welcher Höhe diese Kosten angesetzt werden, ist jedoch<br />
im Gegensatz zu pagatorischen Kosten unbestimmt. Sie hängt ab vom Erhebungszweck und von<br />
den zur Verfügung stehenden Daten. Grundsätzlich sollen die Kosten beziffern, wie vorteilhaft<br />
ein gewisser Gütereinsatz ist. Neben der Bewertung anhand der Anschaffungskosten ist es auch<br />
denkbar – vor allem bei Einsatzgütern, die nur beschränkt verfügbar sind – die Bewertung am<br />
Grenznutzen der besten, aber nicht realisierten Verwendungsmöglichkeit zu orientieren, d.h.<br />
Opportunitätskosten anzusetzen. 62<br />
Der pagatorische Kostenbegriff geht hingegen nicht von dem Verbrauch an Gütern und<br />
Dienstleistungen, sondern von den getätigten Ausgaben aus. Allerdings wird dieser<br />
Kostenbegriff als nicht zweckmäßig angesehen, da Ausgaben in anderen Perioden anfallen<br />
können als der tatsächliche Werteverzehr stattfindet, und da nicht jeder Werteverzehr mit<br />
Ausgaben verbunden ist, wie z.B. bei kalkulatorischen Kostenarten wie dem Unternehmerlohn<br />
und den Kapitalzinsen. 63<br />
Ein spezifischer zahlungsorientierter Kostenbegriff ist der entscheidungsorientierte<br />
Kostenbegriff. Er wurde maßgeblich von Riebel geprägt und dient der<br />
Entscheidungsunterstützung. Relevant sind in diesem Sinne diejenigen Kosten, die durch eine<br />
bestimmte Entscheidung ausgelöst bzw. vermieden werden können. 64<br />
2.5 Grenzen und Defizite der Aussagekraft<br />
Neben den soeben dargestellten Unklarheiten und Differenzen bei der Ermittlung der<br />
Wertschöpfung gibt es verschiedene Grenzen und Defizite ihrer Aussagekraft, insbesondere ihre<br />
Eignung betreffend, als Bezugsgröße für die GWPs im Rahmen des hier vorgestellten<br />
Kennzahlensystems zu dienen.<br />
Die Wertschöpfung erfasst auf der Verteilungsseite die Einkommensgenerierung für die<br />
Kapitalgeber, die Arbeitnehmer und den Staat. Damit erfasst die Wertschöpfungsrechnung allein<br />
die monetären Wirkungen für diese Anspruchsgruppen. So ist zwar z.B. für die Arbeitnehmer<br />
das Einkommen ein zentraler Nutzenfaktor, den diese aus der Arbeit für das Unternehmen<br />
ziehen. Daneben spielen jedoch weitere Effekte eine nicht zu unterschätzende Rolle, wie z.B.<br />
Arbeitszufriedenheit, Sicherheits- oder Selbstverwirklichungsbedürfnisse etc. Darüber hinaus gibt<br />
es relevante Anspruchsgruppen wie Nichtregierungsorganisationen, die kritische Öffentlichkeit<br />
und Konkurrenten, die z.B. auf Grund ökologischer Auswirkungen des unternehmerischen<br />
Handelns auf das Unternehmen einen großen Druck ausüben können, von der<br />
Wertschöpfungsrechnung jedoch nicht erfasst werden.<br />
Analog zur Verteilungsseite spiegelt die Wertschöpfung auch auf der Entstehungsseite den<br />
generierten Nutzen nur unzureichend wider, da die Preise für Vorleistungen und Produkte z.T.<br />
verzerrt sind: Es gibt negative externe Effekte, z.B. bei der Nutzung der ökologischen Umwelt,<br />
aber auch positive externe Effekte, die nicht im Preis internalisiert sind. Auch andere Formen des<br />
Marktversagens wie z.B. Marktmacht verzerren die Preise, sodass die Wertschöpfung nicht dem<br />
für die Gesellschaft generierten Nutzen entspricht (zu den Fällen des Marktversagens und deren<br />
Auswirkungen auf die Wertschöpfungsrechnung siehe Beispiele XII und XIII im Anhang A).<br />
Daher ist es im Grunde genommen unklar, ob eine positive Wertschöpfung tatsächlich per Saldo<br />
mit einem positiven unternehmerischen Beitrag für die Gesellschaft einhergeht, d.h. die<br />
Unternehmenstätigkeit tatsächlich für die Gesellschaft nützlich ist. Positive Effekte der<br />
61<br />
62<br />
63<br />
64<br />
Vgl. Wöhe (1990), S. 1218.<br />
Vgl. Becker (1998), S. 202f.<br />
Vgl. Wöhe (1990), S. 1218 und Becker (1998), S. 195.<br />
Vgl. Becker (1998), S. 180.<br />
17