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iaf • institut für angewandte forschung pforzheimer ...

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5 Das WEMUK-Kennzahlsystem<br />

Konzepte auch, wertschöpfungsbasiert, indem es die Umwelteinwirkungen dem ökonomischen<br />

Nutzen gegenüberstellt. Aber auf Grund des Einbezugs der Vor- und Nachketten kürzt sich die<br />

Wertschöpfung aus dem Nenner der Kennzahlen heraus, benötigt wird stattdessen lediglich der<br />

Umsatz. Da der Umsatz in aller Regel durch das Rechnungswesen ermittelt wird, während eine<br />

Wertschöpfungsrechnung vielfach nicht durchgeführt wird, ist die Bezugsgröße der WEMUK-<br />

Kennzahlen relativ einfach zu ermitteln, eine zusätzliche ökonomische Berechnung ist im<br />

Gegensatz zu den anderen Konzepten nicht nötig. Allerdings stellen sich die<br />

Abgrenzungsprobleme und Defizite der Aussagekraft, wie sie die Wertschöpfungsrechnung hat<br />

(vgl. Abschnitte 2.4 und 2.5) nach wie vor, wenngleich auch nur indirekt, z.B. bei der Frage,<br />

welche Vorleistungen in welcher Höhe beim Einbezug der Vorketten mit eingerechnet werden<br />

sollen (s.u.).<br />

Beim Einbezug der Vor- und Nachketten des Unternehmens benötigt jeder Akteur nur die Daten<br />

seiner direkten Geschäftspartner. Trotzdem ist damit jeweils die umfassende indirekte<br />

Verantwortung für die gesamten Vor- und Nachketten in den Kennzahlen enthalten und auf<br />

deren Basis ein integriertes Supply und Reduction Chain Management über die gesamten Ketten<br />

hinweg möglich. Dies ist ein unschätzbarer Vorteil, den dieses System bietet.<br />

Denn Wertschöpfungsketten werden zunehmend internationaler, während die<br />

Wertschöpfungstiefen sich tendenziell verringern, da sich Unternehmen zunehmend auf ihre<br />

jeweiligen Kernkompetenzen beschränken. Auf Grund der Vielzahl der Akteure entlang der<br />

Ketten, die zudem regional weit verstreut sind und z.T. rasch ausgewechselt werden, ist es<br />

schwer und in manchen Branchen so gut wie unmöglich, Informationen für ein integriertes<br />

Supply Chain Management zu bekommen.<br />

Dies zeigt Back (2003) eindrücklich an dem Versuch Ottos, seine Textilkette gesamthaft<br />

ökologisch zu gestalten: Eine Verständigung innerhalb der weit verzweigten Produktionskette<br />

findet über wesentliche Glieder der Textilkette hinweg so gut wie nicht statt. D.h. Vorgaben<br />

über Verfahren, Prozesse und Lieferanten werden nur selten gemacht, Produktionsdaten werden<br />

kaum weitergegeben. Auch die technischen Möglichkeiten und Grenzen oder die<br />

Kostenstrukturen in der Produktion sind den Kunden in aller Regel unbekannt. Zunehmende<br />

geographische Distanzen und Sprachbarrieren verschärfen dieses Problem weiter. Diese<br />

Strukturen längs der textilen Supply Chain sind historisch gewachsen und haben sich in der<br />

Textilbranche bewährt. Die hohe Flexibilität ermöglicht es, auf modische Trends rasch zu<br />

reagieren und den starken Preisdruck an die Lieferanten direkt weiterzugeben. Für die Qualität<br />

der Ware bürgt der direkte Vorlieferant, somit ist es für den Qualitätsaspekt nicht nötig, die<br />

weiteren Produktionsstufen zu kennen. Damit hat Otto bzgl. der Kettenglieder, bei denen die<br />

größten ökologischen Verbesserungspotenziale zu vermuten sind, nicht die notwendigen<br />

Informationen und praktisch keinen direkten Einfluss. 142<br />

Das Denken der ökologischen Verantwortlichkeiten in Produkten, wie sie der Diskussion im<br />

Allgemeinen und dem Beitrag von Back (2003, S. 49ff.) im Besonderen zu Grunde liegt, stößt<br />

angesichts dieser Strukturen an seine Grenzen. In diesem Denken verhaftet, resultieren die<br />

Verbesserungsvorschläge, die wirtschaftlichen Beziehungen umzugestalten und die<br />

Wahrnehmung und Verantwortlichkeit des Handels auf die gesamte Kette auszuweiten.<br />

Dadurch steigen die Verflechtungen und die Verbindungen des Handels mit seinen einzelnen<br />

Kettengliedern: „Und damit fällt auch der letzte Grundsatz – die Machtposition des Handels – zu<br />

Gunsten einer stärker partnerschaftlichen, gleichberechtigteren Basis der Zusammenarbeit.“ 143<br />

Was sich zunächst aus sozialen Gründen für wünschenswert anhört, entpuppt sich aus<br />

Wettbewerbsgesichtspunkten als gefährlich: Ein großer, vor allem kosten- und zeitintensiver<br />

organisatorischer Aufwand, relativ starre und übergangsweise sogar „patriarchalische“ 144<br />

142<br />

143<br />

144<br />

Vgl. Back (2003), S. 40ff.<br />

Back (2003), S. 50.<br />

Vgl. Back (2003), S. 59.<br />

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