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iaf • institut für angewandte forschung pforzheimer ...

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5 Das WEMUK-Kennzahlsystem<br />

wertmäßige Verrechnung dazu, dass seine ökologischen Produkte systematisch schlechter und<br />

die nicht ökologischen Produkte systematisch besser bewertet werden. In dem Fall wird ein<br />

Unternehmen, das bei diesem Vorleister die ökologischen Produkte einkauft, im Sinne der<br />

Kennzahl nicht durch eine bessere Klimabilanz belohnt. Denn der Klimarucksack, den das<br />

Unternehmen erwirbt, spiegelt nicht die Klimaintensität des gekauften Produktes, sondern der<br />

gesamten Produktpalette des Vorleisters wider. Damit besteht für den Kunden kein Anreiz, das<br />

ökologischere Produkt zu kaufen, sondern lediglich bei dem Unternehmen – egal welches<br />

Produkt – einzukaufen, dessen Produktportfolio insgesamt relativ ökologisch ist.<br />

Die eigentliche Wirkungsrichtung der Kennzahl wird jedoch deutlich, wenn nun das Verhalten<br />

des Vorleisters mit in Spiel gebracht wird: Der Vorleister hat dann einen Wettbewerbsvorteil<br />

(vorausgesetzt, seine Kunden sind an einer positiven ökologischen Bewertung ihrer Vorprodukte<br />

überhaupt interessiert), wenn sein Produktportfolio insgesamt relativ klimaeffizient ist. Damit ist<br />

er selber daran interessiert, dass die klimaeffizienten Produkte in seinem Portfolio einen<br />

spürbaren Umsatzanteil einnehmen, denn nur dann verbessert sich seine Klimaeffizienz und<br />

verringern sich die Klimarucksäcke seiner Produkte. Dafür benötigt er Kunden, die ökologische<br />

Produkte nachfragen. Sind nun die ökologischen Produkte bei der Herstellung teurer und<br />

besteht für die Kunden kein Anreiz mehr, für das ökologische Produkt mehr zu bezahlen, wird<br />

der Vorleister ein Interesse daran haben, über eine interne Quersubventionierung der Kosten<br />

dafür sorgen, dass die Kunden für das ökologische Produkt nicht mehr bezahlen müssen als für<br />

das nicht-ökologische. Denn nur so kann er seine ökologische Gesamt-Bilanz verbessern.<br />

Die Frage ist jedoch, ob und wie stark dieser Mechanismus tatsächlich in jedem Fall funktioniert.<br />

Vor Jahren investierte Otto, ein Vorreiterunternehmen in den Bereichen Umweltschutz und<br />

Nachhaltigkeit, beispielsweise in ein Projekt, um ökologische Bekleidung anbieten zu können. 151<br />

Dazu suchte das Unternehmen in der Türkei nach Bauern, die diese ökologische Baumwolle<br />

anbauen konnten. Die Frage ist jedoch, ob Otto auch bereit gewesen wäre, dieses Projekt<br />

durchzuführen, wenn das Unternehmen seine Entscheidung im Sinne der WEMUK-Kennzahlen<br />

getroffen hätte. In diesem Fall hätte sich seine eigene Umweltbilanz dadurch nur geringfügig<br />

verbessert hätte. Denn wenn der Bauer neben der ökologischen auch konventionelle Baumwolle<br />

anbaut, verbessert sich der Rucksack der Vorleistungen (die ökologische Baumwolle), die Otto<br />

geliefert bekommt, auf Grund der wertmäßigen Allokation nur geringfügig. Denn die<br />

verbesserte Öko-Effizienz durch den Anbau der Öko-Baumwolle wird auf die gesamte<br />

Produktion des Bauers umgelegt. Zunächst würde sich für Otto diese Investition nicht mehr so<br />

lohnen wie früher, da alle weiteren Abnehmer des Bauerns von dem Engagement Ottos, die<br />

Produktpalette des Bauerns ökologischer zu gestalten, im Sinne positiver externer Effekte<br />

profitieren, während Otto die Kosten für dieses Projekt alleine trägt.<br />

Aus der Sicht Ottos bleiben nun folgende Möglichkeiten: Entweder das Unternehmen sucht sich<br />

einen Anbieter, der ausschließlich ökologische Baumwolle anbaut. Damit profitiert Otto auch in<br />

vollem Umfang von dem Projekt, denn die ökologische Bewertung der Baumwolle kommt ihm in<br />

vollem Umfang zugute. In diesem Fall würde die „Verzerrung“ auf Grund der wertmäßigen<br />

Allokation auf Grund der homogenen Produktpalette des Vorleisters aufgehoben.<br />

Eine andere Möglichkeit wäre, mit dem Bauern, der auch konventionelle Baumwolle an andere<br />

Unternehmen liefert, in Preisverhandlungen zu treten. Da die gesamte Produktpalette des<br />

Bauern durch geringere ökologische Rucksäcke von diesem Projekt profitiert, könnte der Bauer<br />

die höheren Kosten des Anbaus der Öko-Baumwolle auch auf die konventionelle Baumwolle<br />

teilweise überwälzen. Auf diese Weise hat Otto zwar nicht den gesamten ökologischen Nutzen<br />

des Projekts, denn dieser verteilt sich auf alle Abnehmer der Baumwolle dieses Bauers.<br />

Gleichzeitig kommt Otto jedoch auch nicht alleine für die Kosten des Projekts auf, auch die<br />

werden auf alle Abnehmer verteilt. Das Kennzahlensystem könnte so gut funktionieren.<br />

151<br />

Zu den ausführlicheren Schilderungen dieses Fallbeispiels siehe Schwegler (2003), S. 49ff. und<br />

Dyckhoff/Ahn/Schwegler (2003), S. 254ff.<br />

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